Was verbindet Vogelgezwitscher, Blockflöte und Miley Cyrus? Sie alle sind auf dem neuen Album „This Is All Yours“ von Alt-J vertreten. SPIESSER-Autorin Louisa hat für euch geprüft, ob dieses musikalische Rezept schmeckt.
Auf den ersten Blick sind Alt-J die perfekte Hipster-Band: Ihr Bandname ergibt als Tastenkombination bei Mac Computern ein Dreieck. Die Bandmitglieder haben sich während ihres Studiums an der Leeds University im Norden von England kennengelernt. Nachdem Bassist Gwil Sainsbury Anfang 2014 die Band verlassen hat, musizieren Sänger und Gitarrist Joe Newman, Keyboarder Gus Unger-Hamilton und Schlagzeuger Thom Green als Trio.
Seitdem sie 2012 mit dem renommierten Mercury Prize für das beste britische Album ausgezeichnet worden sind, reißt der Hype um die Band nicht ab. Auch wenn die Briten über eine Million Exemplare des Debütalbums „An Awesome Wave“ verkauft haben, sind sie auf dem Teppich geblieben. „Wir machen interessante Musik machen und das ist für mich wichtiger, als wenn wir durchschnittliche Musik machen würden und das mit Peinlichkeiten kompensieren müssten. Meine Lieblingsbands sind Portishead und Radiohead, die komplett normal sind“, erklärt Schlagzeuger Thom im Interview gegenüber The Guardian.
Die komplette Band distanziert sich von wilden Rockstar-Exzessen und kommt ohne verwüstete Hotelzimmer, Alkohol und Drogen aus. Deshalb ist die Kollaboration mit Miley Cyrus nicht nur in musikalischer Weise konträr. Eigentlich hatte die Band der Sängerin nur einen Remix angeboten, herausgekommen ist ein Sample mit dem Songtext „I’m a female rebel“ auf der Single „Hunger Of The Pine“. Keine schlechte Idee, um das neue Album „This All Yours“ zu vermarkten.
Das Album „This Is All Yours“ knüpft direkt an das Debütalbum der Band Alt-J an. Genau wie auf „An Awesome Wave“ gibt es Songs namens „Intro“ oder „Interlude“. Doch bereits im ersten Track „Intro“ legt die Band den Schwerpunkt auf Vokalmusik und orientalische Melodien. Beeindruckend ist auch, wie die Band hinter mit jedem Songnamen Geschichten kreiert. Der Song „Nara“ ist zwar nach einer japanischen Stadt benannt, wo im Stadtpark Wild frei herumläuft. In Wirklichkeit thematisiert der Song Homosexualität und die Freiheit des Individuums.
„In dem Song geht es darum, dass Menschen Andere so leben lassen sollen, wie sie möchten und keine Vorschriften machen sollen. Auf eine gewisse Art ist das Leben eines Rehs in Nara ideal, weil sie frei sind keiner ihnen sagt, was sie tun sollen.“, erklärt Keyboarder Gus Unger-Hamilton. Da kommt der Song „Every Other Freckle“ textlich schon eindeutiger her: „I want to bed into you like a cat bends into a beanbag, turn you inside out and lick you like crisp packet“. Auf „This Is All Yours“ bedienen Alt-J verschiedenste Genres. Das Merkwürdigste ist mit Abstand das Blockflötenlied „Garden Of England“. Der Song passt überhaupt nicht zu dem sonst von Synthesizern dominierten Folk-Elektro-Stil der Briten.
Die Verknüpfung zu ihrem Debutalbum schafft die Band auch mit dem Song „Bloodflood pt. II“, ein sphärischer Nachfolger mit Bläser-Begleitung des Songs „Bloodflood“ vom ersten Album.
Das sich Alt-J mit der vermeintlichen Freiheit der Stadt Nara künstlerisch identifizieren können, zeigen sie allein daran, dass drei Songs auf dem Album den Namen der Stadt enthalten: „Arriving in Nara“, „Nara“ und „Leaving Nara“. Vielleicht sollte jemand den Jungs mal eine Reise nach Japan buchen. Das letzte, zeremonielle Lied „Leaving Nara“ lässt das Album mit einer ein minütigen Pause enden. Auch das ist künstlerische Freiheit.
Ohrwurm: Every Other Freckle
Hinhörer: Hunger Of The Pine, Nara, Warm Foothills
Album in drei Worten: zeremoniell, sphärisch, individuell
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