Fehlentscheidungen gehören zum Leben wie die Wurst aufs Brot. Auch SPIESSER-Autoren liegen mal daneben. Das verarbeitet man dann am besten mit einem Brief. Diesmal schreibt sich Nicole ihren Frust von der Seele.
29. August 2014 - 16:18 SPIESSER-Autorin JillTaylor.
eigentlich hast du diese Anrede nicht verdient. Du hast mir drei Jahre meines Lebens gestohlen. Ohne dich hätte ich mein Bachelor-Studium bereits beendet – oder zumindest das meiste davon geschafft.
Wir trafen uns zum ersten Mal, als ich in der 13. Klasse war. Ich wusste nicht, ob ich wirklich studieren sollte. Für die coolen Fächer hätte ich einen besseren Schnitt gebraucht, außerdem ist so ein Studium teuer. Da hast du meinen Weg gekreuzt – in Form eines Werbeplakates einer Berufsfachschule. „Übersetzerin in drei Jahren“, stand drauf. In Fremdsprachen war ich gut, also warum nicht? Ich meldete mich an – und bin in deine Falle getappt.
Die folgenden drei Jahre habe ich mich deinetwegen gequält. Das Schulgebäude war mehr oder weniger baufällig, die Lehrer waren schlecht gelaunt und die PCs funktionierten nie. Eigentlich wollte ich dich rückgängig machen, aber irgendwie habe ich trotzdem die volle Zeit durchgehalten. Wo hätte ich sonst hingehen sollen? Als sich die Ausbildung dem Ende zuneigte, habe ich mich auf die Suche nach einer Arbeitsstelle gemacht. Obwohl ich nichts gefunden habe, hast du mich dieses Mal nicht gekriegt. Ich habe auf meine innere Stimme gehört, die mir gesagt hat, dass ich mich auf einen Studienplatz bewerben soll.
Es klang unvernünftig, trotzdem musste ich es einfach tun. Die Ausbildung hat meinen Schnitt zwar so verbessert, dass ich gleich genommen wurde, dennoch werde ich mit dir nicht warm. Wenn ich 2009 etwas mutiger gewesen wäre, hätte ich mein Studium schneller durchziehen können. Ich habe Angst, dass du mir mein Leben wieder so zur Hölle machst. Aber ich gehe mit Adleraugen durch die Welt, damit du das nicht nochmal schaffst.
Auf Nimmerwiedersehen.
Deine Nicole
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