Simon Ewers, 28, ist studierter Biologe und wurde von einem Marburger Planungsbüro für eine Expedition eingesetzt, die viel Durchhaltevermögen verlangt: Die halbe Nacht marschiert er durchs Gelände und sucht dabei mit einem Ultraschallgerät nach Fledermäusen. SPIESSER-Autorin Leonie hat ihn auf seiner Tour begleitet.
Die Arbeit für das Planungsbüro führt
Simonraus in die Natur, meistens nachts.
In einem weißen Geländewagen holpert Simon Richtung Wald. Rechts und links Felder, deren Ränder in der Dämmerung verblassen. „Ich bin viel zu spät“, stellt Simon fest. Normalerweise muss der Biologe seine Ausrüstung vor Sonnenuntergang aufbauen, denn die Tiere, die er sucht, sind nachtaktiv.
Er hält auf einer kleinen Waldlichtung. Neben Holzstämmen legt der 28-Jährige eine schwarze Kiste in der Größe eines Schuhkartons ab. „Da drin ist ein Ultraschallmikrofon, das Fledermausrufe aufnimmt und sie auf einem Diktiergerät speichert“, erklärt Simon diese „Horchkiste“.
20:45 Bürokratie im Wald
Möglichkeiten im Biostudium
Die Spezialisierung auf Naturschutz ist nur eine Option im Biologiestudium.
Andere Schwerpunkte sind Mikrobiologie, Genetik, Ökologie, Botanik oder Tierphysiologie.
Auf den umliegenden Feldern sind Windkraftanlagen geplant. Mithilfe der Horchkiste prüft Simon für ein Marburger Umweltplanungsbüro, ob es hier viele seltene Fledermausarten gibt. Mit seinen Daten erstellt er Gutachten, die anschließend an die Kommune oder einen Energiekonzern gehen. Von seinen Gutachten hängt ab, ob die Windräder gebaut werden dürfen.
Simon observiert er die Umwelt mit
Ultraschallgeräten.
„23.04.2013, 21 Uhr, Horchkistenstandort drei, Horchkistennummer acht“, spricht Simon auf das Diktiergerät, bevor er die Box zuklappt und wieder ins Auto steigt.
22:00 Lektion über den Tod
Hier und da setzt Simon weitere Kästen ab. Dann gehts zu Fuß durch die Nacht. Zwei Routen muss der Biologe ablaufen, um auch die Umgebung auf Fledermäuse zu kontrollieren. Wildschweine werden heute Nacht auch gejagt. „Aber wir werden schon nicht erschossen.“ Er schiebt ein „hoffentlich“ hinterher. Plötzlich knackt das Ultraschallgerät in Simons Hand. Ein Geräusch, das nach flatternden Flügeln klingt, ist zu hören.
Zu sehen ist in der Dunkelheit nichts. „GPS Punkt 13. Zwergfledermaus im Dauerjagdflug“, spricht Simon auf sein Diktiergerät, nachdem er die 1,7 Sekunden Geräusch gespeichert hat. „Das war kein Flügelschlagen“, erklärt er, „sondern Ultraschall, den die Fledermäuse abgeben, wir aber nicht hören können.“
Das ist ein Umweltplanungsbüro
Bevor z.B. Windkraftanlagen
gebaut werden, prüfen Mitarbeiter
eines Planungsbüros, ob Tier- und
Pflanzenarten gefährdet
sind. Sie erstellen Umwelt- und
Naturschutzgutachten und betreiben
Landschaftsplanung und -pflege.
Fledermäuse sehen sozusagen über ihre Ohren: Ihr Schall prallt auf Bäume, Beute oder andere Gegenstände und schallt zurück. So schätzen die Flugtiere die Objekte ein und Entfernungen ab. „Übrigens denkt man ja, die Tollwut sei in Deutschland ausgerottet“, erwähnt Simon ganz nebenbei. „Stimmt aber nicht. Ziemlich viele Fledermausarten übertragen sie. Wenn du gebissen wirst und dich nicht impfen lässt, ist das tödlich“, sagt der Fachmann. „Sollte aber nicht passieren.“
24:00 Die Füße schmerzen
Zwischendurch gönnt sich der Biologe
kurze Verschnaufpausen im Auto.
Nach einiger Trödelei gehts zurück ins warme Auto. „Wir haben jetzt etwa ein Viertel geschafft.“ Simon zeigt die zurückgelegte Strecke auf einer Karte. Dann deutet er auf eine dreimal so lange Route. „Heute ist es kühl. Kann gut sein, dass wir gar keine Maus mehr hören“, vermutet er.
Die Route muss er trotzdem ablaufen. Inzwischen leuchtet der fast vollrunde Mond über den schwarzen Tannen. Ein Windrad und leichter Nebel bieten ein malerisches Bild. Aber es ist kalt, der Weg noch weit und die Füße schmerzen.
2:00 Ein warmes Bett, bitte!
Nur eine weitere, jämmerliche Zwergfledermaus lärmt auf der Tour. Auch sie ist nicht zu sehen. Dafür ein Waldkauz. Irgendwo kläfft ein Hund als Simon über einen Stacheldrahtzaun klettert. Zwei Stunden später kehrt er mit enttäuschend wenig Material auf dem Diktiergerät zum Auto zurück. „Jetzt nur noch auf den Sonnenaufgang warten“, sagt der Biologe und macht es sich auf dem Beifahrersitz „bequem“. „Dann kann ich die Horchkisten einsammeln.“ Der kalte, ungemütliche Teil der Nacht liegt nicht hinter, sondern vor ihm.
Bitte lächeln, aber jetzt mal seriös!
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
Viel Spaß
mxk
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