Herzscheiße

Meine liebste Freundin

02. July 2011 - 10:40
von SPIESSER-AutorIn anonymer Nutzer.
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Meine liebste Freundin, unsere Zeit ist vorbei. Wir beide habe es kommen sehen, aber wir wollten es verdrängen. Damals war alles endlos. Unser Spaß, unsere Tränen und unsere Liebe zueinander. Zu Grundschulzeiten verspielt im Sandkasten toben, später alles Leid miteinander teilen und wie kleine Kinder den Jungs hinterherlaufen und kichernd für sie schwärmen. Jetzt gemeinsam durch dick und dünn gehen, die gleichen Ansichten vertreten und einen Rotz auf unsere verdammte Gesellschaft geben. Mit all ihren aufgehübschten Weibern und fadenscheinigen Silhouetten. Wir können nur lachen über die „Mädchenliebe 4ever“, die scheinbar jedes zweite Püppchen gefunden hat. Und wie sie sich immer auf den Mund küssen und Händchen halten durch die Gänge laufen. Alles Fassade, alles Heuchelei. Du und ich, wir sind nie Menschen der großen Worte gewesen, die sich jeden Tag ihre Freundschaft beschworen. Und doch wussten wir eins ganz genau: Wir brauchten sowas wie die nicht, denn wir hatten uns. Und uns verbanden mehr als sechs Jahre Freundschaft mit allen erdenkbaren Höhen und Tiefen. Doch Zeiten ändern sich und Zeiten ändern Menschen. Auseinander gelebt? Nein, auseinander gerissen. Wir brauchten Abstand voneinander und suchten verzweifelt nach einem Grund, eigene Wege zu gehen. Trotzdem habe ich jeden Tag an dich gedacht. Ich hab geweint vor Sehnsucht nach deiner Zuneigung. Manchmal hab ich mich dann gefragt, ob es dir auch so geht oder ob du dir schon jemand neues gesucht hast und ob ich austauschbar bin. Vielleicht saß in diesen Momenten schon SIE neben dir auf dem Bett und hat sich mit dir an meinem Leid erfreut. Es hat mir fast den Verstand geraubt, denn du bist die einzige für mich, egal, was passiert. Nach außen war natürlich alles in Ordnung, ich hatte verschiedene Masken zu Auswahl. Die des Party-Mädchens mit unzähligen Bekannten oder die einer begehrten Freundin, die sich schon lang mit anderen Leuten als mit dir umgab. Aber in mir sah es anders aus. Meine Geheimnisse und meine Seele, das alles gehörte dir allein. Und du konntest damit tun, was du willst. Du konntest sie mir einfach entreißen und mich als leere Hülle am Boden zerschellen lassen… Ich habe von anderen Leuten gehört, wie du über mich redest und immer, wenn du leise mit IHR geflüstert hast, trafen mich eure Worte. Selbst, wenn ich sie nicht gehört habe. Dein Blick sagte alles. Musstest du meine tiefsten Empfindungen preis geben, um dich besser zu fühlen, um Rache an mir zu üben? All mein Innerstes, das niemand kennen sollte, zumindest nicht die Außenwelt, du hast es ihr erzählt! In der Schule hat es mir nicht wehgetan; nachts hat der Schmerz mich wachgehalten. Ich hab dir meine Gedanken geschickt in der Hoffnung, dass die dich quälen würden, so wie ich von dir gequält wurde. Alle Erinnerungen an unsere Zeit flammten in meinem Kopf auf und ich wollte sie töten, aber sie hatten sich einfach zu tief eingebrannt. Die Momente, in denen du mich im Arm hieltest und ich einfach weinen konnte bis der Schmerz weg war. Und dass ich immer jemanden hatte, der da war und mich verstand, obwohl er mich doch nicht verstehen konnte. Das Stechen hörte nie auf. Es kommt heute noch manchmal. Und jede Nacht ohne dich an meiner Seite ist unendlich. Geht es dir auch so? In letzter Zeit haben wir beide dann die Sanduhr erkannt, die vor unseren Augen abläuft. In sechs Jahren hatte niemand daran gedacht, wann wir das Ende erreichen würden. Es schien immer ewig weit entfernt, aber wenn man es einmal erkennt, holt man es unfreiwilllig immer schneller ein. Im Unterbewusstsein wollten wir unsere Zeit noch einmal aufleben lassen. Also holen wir jetzt unsere Freundschaft wieder hervor, ohne Gedanken an Vergangenheit oder Zukunft zu verschwenden, denn so kann es nicht wehtun. Die Musik wird laut aufgedreht, so dass sie in den Ohren dröhnt und wir tanzen in Trance. Wir wirbeln im Kreis und lassen uns von der Melodie herumschleudern. Deine Haare wehen im Wind, dein Kopf schleudert sie vor und zurück. Ich taumele neben dir uns spüre unsere Verbundenheit. Ein rotes Band vereint unsere Herzen und fesselt sie in Leidenschaft. Die Gesellschaft, die uns auseinandergetrieben hat, wird zerschlagen. Sie bleibt zurück während wir im Takt von Rock und Balladen zum Himmel fliegen. Mal schnell und rebellierend, dann einfach nur langsam gleitend in Wogen der Erinnerung. Und wieder brauchen wir niemanden, denn wir haben uns. In einer Woche aber werden wir abstürzen und unsere Liebe muss am Boden ihren Verletzungen erliegen. All das Blut, das fließen wird, lässt unsere Zeit verrinnen. Aber wir werden sie würdig begraben und in Frieden ruhen lassen. Sie bekommt ein Siegel, damit sie nie jemand anrühren kann. Unsere Magie soll im Verborgenen weiterbestehen. Ich habe immer Angst, dass wir uns dann nicht mehr kennen werden. Eine Szene, in der sich zwei Fremde gegenüberstehen würden ohne jede Verbindung. Doch eins bleibt uns beiden für immer: Die Erinnerung. Wir werden beide eines Tages mit ihr sterben und niemand wird es uns je gleich tun können. Denn uns verbindet mehr als Freundschaft. Und uns verbindet mehr als Liebe. Wir sind mehr als Schwestern oder Seelenverwandte es je sein können. Wir sind das, was die Menschen ein Wunder nennen. Meine liebste Freundin, danke.

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Kommentare

Zwei Kommentare
  • Geniale Geschichte.
    Mehr kann man dazu nicht sagen.

  • Sehr guter Artikel. Schön geschrieben. Wer kennt es nicht dieses Auseinandergerissensein, das man erst bemerkt, wenn es schon zu spät ist und leider klappt das Vergangenheitsvergessen nur in Filmen.

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