Katja macht einen Freiwilligendienst an einer Schule in Valjevo.
Es war einmal ein herrlicher Tag. Die Sonne schien warm und freundlich und ich beschloss, die Weltherrschaft an mich zu reißen. Okay, erstmal hab ich mein Ränzlein geschnürt und das Haus verlassen. In der Tasche das Sozialwesen-Diplom, denn nach vier Jahren Studium wollte ich nochmal raus, bevor mich die sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten an sich reißen.
Vor fast einem Jahr bewarb ich mich für "kulturweit" den Freiwilligendienst der Deutschen UNESCO Kommission e.V. und des Auswärtigen Amtes. Eine ganze Weile und zwei Telefoninterviews später stand ich vor der Wahl: sechs Monate an einer Schule in Serbien unterrichten oder Arbeit suchen in Deutschland. Zu aller erst musste ich zusammenkramen, was ich überhaupt über Serbien noch auf dem Schirm hatte: Balkanland, kyrillische Schrift, viele Konsonanten Kosovokonflikt, Schnaps, schwerer Rotwein, viel Fleisch, Gastfreundschaft, Balkanbeats, Einkäufe tragende Machomänner, aufgedonnerte Frauen, und günstige Preise… mehr war nicht zu machen. Aber allein das hat mir die Entscheidung schon erleicht.
Nix wie hin!
An alle da draußen: Erzählt uns eure Auslandserfahrungen. Infos gibt's bei Redakteurin Alexandra.
Und damit ging's los: Ärztliche Bescheinigung einholen, Versicherungskram klären, Reise planen – eine Menge zu tun. Ganz nebenbei mussten auch noch ein paar mehr Infos über Serbien her. Der Reiseführer titelt von verborgenen Klöstern und Kunstschätzen. In der Tat war hier mindestens seit dem Fall des römischen Reiches `ne Menge los. Byzantiner, Türken, Hunnen, Habsburger und garantiert noch ein Haufen anderer haben versucht, sich hier nieder zu lassen. Ganz zu schweigen von der jüngeren Geschichte. So richtig verständlich ist die mir immer noch nicht. So viel sei gesagt: Jugoslawien ist zerfallen und ganz klar ist nach wie vor nicht, wie sich die einzelnen Erben gegenüber stehen. Am präsentesten ist der Kosovo-Konflikt. Der ist allerdings so brisant wie schwer einschätzbar und ein Thema für sich.
Ich für meinen Teil bin in Valjevo eingesetzt, eine Kleinstadt südwestlich von Belgrad. Ich soll hier an einer Schule den Deutschunterricht bereichern und weiter ausbauen. Neben der Nachhilfe in Deutsch, halte ich einzelne Stunden zum Thema Landes- und Kulturkunde und kann sogar mein eigenes Projekt gestalten.
Turbo-Folk ist unbeliebt
Geschichten aus aller Welt lest ihr hier. Was euch nächste Woche erwartet? Hundegeschnetzeltes auf Salat.
Mein Fazit nach einigen Wochen im Herzen des Balkans ist: Geschrieben wird sowohl lateinisch als auch kyrillisch. Straßenschilder und andere wichtige Dinge sind in der Amtsschrift kyrillisch abgedruckt. Ohne geht also gar nichts. Und ja! Die Sprache ist kompliziert, vor allem ohne Vorkenntnis anderer slawischer Sprachen. Über den Kosovo wird nicht viel gesprochen. Viel Schnaps wurde mir auch noch nicht angeboten, dafür viel Bier! Das Essen benötigt einen eigenen Beitrag. Freundlich sind die Serben, die ich persönlich kennengelernt habe alle. Allerdings trifft man auch auf etwas, dass ich ‚russische Ruppigkeit‘ nenne – besonders bei Menschen die hinter Schaltern arbeiten. Balkanbeats nach der Art von Shantel oder Gogol Bordello habe ich hier auch noch nicht groß gehört. In der Tat ist „Turbo-Folk“, was auch immer das genau ist, sehr unbeliebt und als dumm verschrien. In den Bars hört man die US-Charts oder auch lustige 80er- und 90er-Musik. Bei den Jugendlichen ist serbischer Rap sehr beliebt, Lady Gaga und Avril Lavigne aber genauso. Meine Einkäufe wurden mir noch nicht getragen und das liegt nicht am Mangel an Gelegenheiten! So preiswert ist es hier auch nicht – viele Sachen kommen durchaus an das gewohnte deutsche Preisniveau heran. Hier wird viel geraucht, gehupt und telefoniert. Die Schule läuft im Schichtsystem, lange aufbleiben ist kein Problem. Es gibt unglaublich viele kleine und große Bars und Pubs. Das Weggehen mit netten Leuten ist hier wirklich ein großer Spaß!
Serbien ist gar nicht so viel anders als Deutschland. Es gibt keine großen Unterschiede, nur viele kleine. Die Menschen hier könnten (fast) genauso gut irgendwo anders auf der Welt über die Straße laufen, zu Schule gehen oder arbeiten. Serbien am Schlafittchen zu packen bleibt spannend!
So long, folks! Zdravo! Salut! Ciao! Adiós! Xiàcijiàn! Zbogom! Und wie man sonst noch so sagen kann.
Fotos: privat
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