Wie alles begann
Luise (ein ausgedachter Name) hatte Magersucht. Oder hat sie es immer noch? Als ich mich mir ihr getroffen habe, merkt man es ihr an – es ist ihr unangenehm. Ständig, versucht sie vom Thema abzulenken. Sehr mühsam fängt sie an, mir zu vertrauen.
16. October 2013 - 10:53 von SPIESSER-Autorin SoRiNa.
Luise (ein ausgedachter Name) hatte Magersucht. Oder hat sie es immer noch? Als ich mich mir ihr getroffen habe, merkt man es ihr an – es ist ihr unangenehm. Ständig, versucht sie vom Thema abzulenken. Sehr mühsam fängt sie an, mir zu vertrauen.
Vor ungefähr 1,5 Jahren fing alles an. Auf ihren IPod schrieb sie immer Tagebuch, speicherte ihr tägliches Gewicht und BMI ab. Am Anfang wog sie 37 kg und war 1,43 groß. Mit 12 Jahren total normal. Sie hat auch versucht, nach dem Essen zu brechen. Aber sie fand es eklig und es hat auch nicht geklappt. Damit erledigte es sich schnell für sie.
Sie fing einfach mit weniger Essen an. Dann suchte sie im Internet nach sogenannten Crash-Diäten. Die meisten waren für sie zu aufwendig. Ihre Eltern hätten es sonst noch gemerkt. Ahnungslos waren sie noch am Anfang, denn sie ahnten nicht, was mit ihrer Tochter los ist. Sie hat angefangen, auf Kalorien zu achten. Wollte nur noch Magerquark essen und so Sachen, die nur wenige Kalorien haben.
Jeden Tag wog sie sich 5-6-mal. Vor dem Essen, nach dem Essen, zwischendurch, wenn Luise langweilig war, wenn sie einfach ihr Gewicht wissen wollte.
In den Ferien hat sie die verschiedensten Diäten ausprobiert. Manchmal hatte sie 5 Tage lang nichts außer Brot gegessen. Wenn ihre Eltern mal nicht das waren, konnte sie auch mal gar nichts essen. Ihre Mutter merkte zwar, dass sie abnahm, doch nie im Leben hätte sie an Magersucht gedacht.
Nach einer Weile wusste sie die Kalorienangaben auswendig. Doch nicht von einem Mars oder so, dass aß sie ja nicht. Ihr Ziel war es, die Minuskalorien zu erreichen. Sie aß 200 Kalorien an einem Tag und verbrannte ca.600 durch Sport. Nach einer Zeit war sie geschwächt, also musste sie Kaffee trinken, damit sie sich wachhalten konnte. Sogar das merkten ihre Eltern wegen der Arbeit nicht.
Mehrfach biete ich ihr Essen an, die einzige Antwort, die ich bekomme, ist: „Man versucht schon zu sparen, wo man nur kann, aber mit so Eltern die mich nur noch Kontrollieren ist das schwierig.“ Obwohl sie nicht dick ist, sie findet es. Selber gefällt sie sich einfach nicht.
An manchen Tagen hat sie Riesenhunger und ist auch alles, was sie grad möchte. Ihre Therapeutin lobt sie dann, und obwohl sie ganz nett ist – es ist einfach ihre Therapeutin. Für Luise ist diese Therapeutin eine Person, die ihr vorschreibt was sie essen soll und das ist doch irgendwo mit Negativem verknüpft.
Ich habe sie gefragt, ob sie das Ganze bereut? Darauf konnte sie mir nur mit einem Nein antworten. Sie bereut es nicht. Vielleicht noch nicht. Ihrer Meinung nach, war das auch kein extremer Fall von Magersucht, aber da täuscht sie sich gewaltig.
Persönlich findet Luise ja, dass die Leute in der Klinik sie total falsch eingeschätzt haben. Irgendwelche Medikamente zur Beruhigung hat sie bekommen.
Morgens wurde sie so um 7:00 Uhr geweckt. Dann durften die Leute, die eine Essstörung hatten, aufs Klo gehen. Dabei war die Tür noch ein bisschen offen, denn ein Betreuer musste immer hören und auf die Uhr gucken, dass sie nicht zu viel Zeit im Bad verbringt. Man könnte nämlich Wasser aus dem Wasserhahn trinken, damit man beim morgendlichen Wiegen einfach mehr auf die Waage bringt. Luise musste sich alles erarbeiten. Sie musste zunehmen, damit sie an den täglichen Ausflügen teilnehmen darf. Sie musste zunehmen damit sie 2 Stunden lang in die Klinikschule durfte. Einfach alles musste sie sich erarbeiten.
Ihr Ziel, war es aber einfach aus der Klinik rauszukommen. Denn da drin, konntest du einfach nicht abnehmen. Sie konnten dich sogar zum Essen „zwingen“. Am Anfang hat jeder Essgestörte eine vorgefertigte Essensportion, die langsam aufgebaut wird, bekommen. Erst ist es eine halbe Portion, mit der Zeit wird es dann zu einer ganzen. Meistens gab es auch ein paar Zwischenmalzeiten, z.B. ein Joghurt. Das ganze Essen wird dann mit den Zimmerkameraden in der Cafeteria gegessen. Natürlich sitzt da wieder ein Betreuer mit am Tisch, damit man auch alles isst. Aber manchmal geht er auch kurz weg und du kannst, dass wegschmeißen, was du nicht essen willst, meint Luise.
In einem Zimmer waren sie 4 Mädels. Abends durfte man mit allen Leuten aus der Station auch mal Wahrheit oder Pflicht spielen oder ein bisschen Fernseher gucken. Dadurch haben sich die 16 Jugendlichen aus der Station angefreundet. Mit manchen hat Luise auch noch Kontakt. Doch nicht nur Essgestörte waren in der Station verteilt. Es gab auch Leute mit Persönlichkeitsstörungen, Depressionen, Selbstmordgedanken und Weiteres. In den ersten Tagen waren alle noch schüchtern. Doch mit der Zeit wuchs das Vertrauen. Sie haben sich erzählt, was sie hatten. Sie wurden Freunde.
Die Klinikschule war ein paar Minuten von der Klinik selbst entfernt. Zuerst musste Luise noch mit einem Betreuer dahin laufen und nach einer Zeit durfte sie das auch alleine. Diese Zeit dort beschrieb Luise als ganz lustig. Die Lehrerin dort war ganz cool. Sie erlaubte ihnen, was für die Schule zu üben oder ins Internet zu gehen. Eigentlich verboten. Sie war jedoch nicht eine richtige Lehrerin, sie war wie eine Freundin.
Nachdem Mittagessen wurde, der Nachmittagsausflug geplant. Es gab immer einen Stationssprecher, der vorher gewählt worden ist. Zusammen entschieden sie was sie machen wollen.
Am Anfang durfte Luise noch an keine Ausflüge teilnehmen. Als sie dann nur aufs Klinikgelände durfte, wählten alle aus der Station einen Ausflug, der nur da stattfinden kann, wo Luise auch hindurfte. Alle hielten zusammen. Irgendwann wurde Luise auch Stationssprecherin.
Das Hier und Jetzt
Frisch wieder raus aus dem Klinikum und direkt auf Klassenfahrt. Also eigentlich indirekt. Luise ging ihrer Klasse nach. Dort wurde sie mit Fragen ausgelöchert. Alle wussten Bescheid. Doch woher?
Für Luise haben ihre Eltern andere Arbeitszeiten vereinbart. Jetzt ist immer jemand zu Hause, sodass sie nie alleine ist. Luise war trotzdem ein bisschen sauer auf ihre Eltern, denn sie wollte nicht in die Klinik. Obwohl sie jetzt auch zugibt, dass sie Magersucht hatte, jedoch nur ein bisschen, wäre sie lieber zu Hause geblieben.
Jetzt hat sie zwar alles schon sozusagen unter Kontrolle. Fast. Aber die Krankheit ist noch nicht ganz durch. Sie hängt noch ein bisschen in der Schule nach. Aber sie wird es schaffen. So ein starkes Mädchen wie Luise wird es schaffen. Sie muss einfach nur dran glauben und sich selbst akzeptieren, denn Magersucht fängt im Kopf an und dort endet es auch.
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
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mxk
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