Lachen ist gesund, verbreitet Freude und ist ein Reflex – egal, ob auf Fotos oder im realen Leben. In der Türkei wird nun tatsächlich darüber diskutiert, ob Frauen in der Öffentlichkeit ihre Fröhlichkeit überhaupt zeigen dürfen. Spiesser-Praktikantin Annika hat sich diese Diskussion mal etwas genauer angeschaut.
01. August 2014 - 12:48 SPIESSER-Autorin Little Miss Wonder.
Wann breitet sich ein riesiges Grinsen auf euren Gesichtern aus? Zum Geburtstag, einer Eins in Mathe oder doch eher, wenn ihr eure Freunde seht? Jeden Tag werden wir durch Werbeslogans, Kalendersprüche und Smiley-Aufdrucke auf T-Shirts darauf hingewiesen, bloß nicht das Lachen zu vergessen. Die gelben Kreise mit den zwei Augen und dem fröhlichen Mund gibt es mittlerweile schon in den verschiedensten Versionen und sind für die Kommunikation über's Handy kaum noch wegzudenken. Ein Leben ohne Lachen? – Unvorstellbar!
Möglicher Sittenverlust beängstigt Politiker
Lachen in der Türkei als No-Go für Frauen?
Doch genau diese dem Menschen angeborene, natürliche Reaktion auf freudige oder komische Situationen möchte der türkische Vizeminister-präsident Bülent Arinc nun der weiblichen Bevölkerung verbieten. Frauen sollen ihre Fröhlichkeit nicht mehr öffentlich zur Schau stellen dürfen, denn diese steht seiner Meinung nach in Verbindung mit ihrer Attraktivität und soll den Männern nicht den Kopf verdrehen. Pünktlich zur Präsidentenwahl im August beklagt der Politiker nun den Sittenverfall in der Türkei.
Lachen verboten?!
Dabei verurteilt Arinc jedoch nicht nur den weiblichen Teil der Bevölkerung. Immer mehr junge Menschen würden so wichtige türkische Traditionen und Werte aus dem Blick verlieren. Die Schuldigen sind für den Vizeministerpräsident schnell gefunden: Serien, die „sexsüchtig“ machen. Also muss eine Lösung für das Problem her: der Koran. Seine Vorstellungen: Telefonieren verboten, lachen verboten, Serien verboten.
Auf diese Vorschläge reagiert die türkische Bevölkerung mit Humor. Während die einen Fotos mit einem breiten Lächeln auf den Lippen in sozialen Netzwerken posten, versuchen andere, „Lach-Demos“ ins Leben zu rufen.
Lachen ist gesund – das weiß doch jeder. Mittlerweile hat sich in der Medizin dazu sogar ein eigenes Fachgebiet namens „Gelotologie“ entwickelt. Über hundert Muskeln helfen dabei, unsere Mundwinkel voller Freude nach oben zu ziehen. Wenn wir dann noch sprichwörtlich auf dem Boden liegen vor Lachen, werden unsere Körperzellen mit mehr Sauerstoff versorgt, die Bronchien durchlüftet, Muskeln entspannt und der Kreislauf angeregt. Außerdem schüttet unser Körper eine große Mengen des Glückshormons Serotin aus. Weitere Informationen über die positiven Folgen des Lachens findet ihr hier.
Die Türkei stellt sich nicht zum ersten Mal dem Problem des Sittenverfalls. Bereits im vergangenen Jahr kritisierte Ministerpräsident Erdogan, dass es zu wenig Studentenwohnheime gibt. Das Resultat: Studenten schließen sich zu Wohngemeinschaften zusammen und halten dabei keine strikte Trennung mehr zwischen Männchen und Weibchen ein. Die Kritik des Politikers kommt bei der Opposition und Kritikern nicht gut an. Sie befürchten eine zunehmenden Islamisierung durch Erdogan. Dies scheint ihn jedoch nicht zu stören, denn folgenden Ratschlag zum Thema Hochzeit gab er Schülerinnen aus Istanbul mit auf den Weg: „Wenn das Schicksal euch zuwinkt, dann entscheidet euch. Seid nicht allzu wählerisch." Wenn Frauen dabei das Lachen nicht vergeht, dann weiß man wohl auch nicht mehr weiter.
Text: Annika Stuke
Illustration: Christian Pfeifer
Fotos: Flickr-User Tom & Katrien (CC BY-SA 2.0)
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