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Abgehört: Die Orsons – „Orsons Island“

Willkommen zum Showreel für Entwicklungspsychologie. Mit dem neuen Album „Orsons Island“ beweist das innovative HipHop-Quartett mal wieder, dass sich ihre Musik in keine Schublade stecken lässt: durchdringende Bässe und sanftes Wellenrauschen, high-pitched voices und akkustische Gitarrensoli. Gute Laune finde ich beim Hören auf jeden Fall nicht unangebracht.

15. August 2019 - 12:43
SPIESSER-AutorIn Mitdenkerin.
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Mitdenkerin Offline
Beigetreten: 27.07.2019

Die Orsons – das sind vier talentierte Musiker, die in Kombination immer wieder aufsehenerregende Werke produzieren. Tua, Bartek, Maeckes und Kaas sind schon seit über 10 Jahren als selbsternannte „Boygroup" unterwegs. Dabei stand die gemeinsame Karriere, trotz des Erfolgs des letzten Albums, kurz vor dem Aus. Nun melden sie sich nach zwei Jahren interner Konfliktbewältigung und kreativer Schöpfungsphase endlich zurück. Gestaltet als musikalisches Inselreisetagebuch mit 4 Kapiteln, nehmen uns die Jungs im neuen Album „Orsons Island“ auf eine metaphorische Suche nach dem eigenen Ich und spucken dabei erneut tiefsinnige Töne.

 

 

Das erste Kapitel kreiert mit den hitverdächtigen Singleauskopplungen „Grille“ und „Dear Mozart“ den Eindruck einer alle Zweifel verdrängenden, virtuellen Realität: Feiern, Drogen, Leben im Moment. Gefolgt wird das Ganze von den melancholischen Melodien des Postpartytages. Die Sorgen lassen sich eben nicht ertrinken, „sie schwimmen um die Wette“. Das dritte Kapitel kennzeichnet den Aufbruch: der erleichternde Aufstieg aus dem Tief, bei dem Emotionen nicht zu kurz kommen. Rapper, die von Liebe singen waren ehrlich gesagt nie so meins, aber bei denen ist's irgendwie anders. Sie erzeugen ein Gefühl der Leichtigkeit: mit dem Auto allein auf der Landstraße, Wind in den Haaren, der untergehenden Sonne entgegen.

 

 

Und wo geht’s nun hin?

Also rein kognitiv waren wir bis dahin auf einer langen Reise und sind mit dem Abschlusstrack „Dir Dir Dir“ am Ziel. Das ist „sowas wie ein exotisches Durchschnittsparadies“: Man hört Geigen, leise Gitarrenklänge und Wellenrauschen, bis der Song langsam mit Grillenzirpen ausklingt. Das Erkennen des musikalischen Trips bedurfte durchaus einiger Interpretation. Ohne die Kapitelansagen wäre ich wohl nicht am Ziel angekommen, aber vielleicht fehlt mir dafür auch der Scharfsinn von vier begabten Künstlern. Das Konzept ist nach intensivem Hören jedenfalls nachvollziehbar; ich bin aber gespannt, inwieweit es gelingt das Ganze live umsetzen.

„Und ist es noch, was es mal war oder war's immer schon so?“

Kein Plan! Zumindest raucht Bartek nicht mehr und Kaas trägt jetzt Sturmmaske, die Musik ist aber weiterhin gespickt von den orsonstypischen Vocalsamples und Ideen wie Mikroparties (= rein in den Club, 10 Minuten Party und raus), um die basslastige Beats und Meter für Meter lyrische Ebenen gebaut werden. Eine originelle Mischung aus unverfänglichen Themen und der kritischen Betrachtung gesellschaftlicher Entwicklungen. Um die orsons'sche Schöpfung voll erfassen zu können, sollte man sich auf keinen Fall die Musikvideos entgehen lassen. Sie verbinden leicht zugängliche Melodien mit einer ironisch bizarren Inszenierung zu einem Gesamtkunstwerk, das „Nische“ schreit, aber irgendwie trotzdem chartstauglich ist. Dabei nehmen sich die vier wie immer nicht allzu ernst, einfach „eine random group of people having non specific fun“. Die erwarteten Provokationen bleiben weitestgehend aus, aber wo liegt in der heutigen Welt schon die Grenze zu dem, was als provokativ gilt? Den einen oder anderen Witz mehr hätten die Tracks gut vertragen können, dafür ein paar Effekte weniger, aber Minus und Minus sind ja bekanntlich Plus oder wie war das?

 

 

Also ich bin zwar nicht Mozart, aber ich finde Rap auch perfekt, zumindest wenn er so originell und einzigartig ist, wie einige der frisch präsentierten Songs. „Orsons Island“ ist vielleicht kein überraschendes Meisterwerk, aber die Erleichterung darüber, dass sich die Musiker an ihr HipHop-Herz gefasst haben und wir um keinen Orson ärmer sind, ist deutlich spürbar.

Ohrwurm: Bessa Bessa
Hinhörer: Dir Dir Dir
Album in drei Worten: bizarr, genial, unersättlich
Passt zu: Mikro- und Makroparties
Erinnert an: Deichkind

„Orsons Island“ von Die Orsons

: 02.08.2019
Label: Chimperator Productions

Live 2019

10.10.19 | München| I Love Vinyl Open Air
12.10.19 | Wiesbaden | Schlachthof
13.10.19 | Heidelberg| Halle02

Weiter Termine findet ihr hier.

 

 

Text: Stephanie Graetz
Teaserbild: Monica Menez

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