Mit 18 Jahren gilt man in Deutschland offiziell als erwachsen. Doch was heißt dieses erwachsen eigentlich? Man darf selbst Auto fahren, man darf Horrorfilme gucken und Schnaps kaufen. Doch viel bedeutsamer sind die Dinge, die man tun muss: Behördengänge erledigen, sein Geld selbst einteilen und Verträge abschließen.
All dies sind Vorgänge und Verpflichtungen, denen ich mich als selbstbestimmter, verantwortungsbewusster junger Erwachsener gewachsen fühle. Sie sind neu für mich, aber ich verstehe ihre Notwendigkeit und sie können mir helfen ein tatsächlich Erwachsener zu werden.
Selbstzweifel
Doch dann kommt immer wieder diese eine Frage. Sie lautet: „Weißt du schon, was du in deiner Zukunft machen willst?“ Sie kommt von den Eltern, sie kommt von den Freunden, von Bekannten und Verwandten. Und natürlich kommt sie pausenlos von Innen. Sie kommt aus dem Dunkeln und zielt auf das Ungewisse ab. Sie kam in Zeiten der Pubertät auf und enttarnte sich später als Zentrum meiner Zukunftsängste und Selbstzweifel.
„Meine Kinder können alles und nichts!“ Das war ein Ausspruch meines Vaters, den ich akzeptieren musste und der seitdem ein geflügelter Satz in den Tiefen meines Stammhirns herumgeistert. Zur Erklärung: Ich bin in einigen Dingen sicherlich überdurchschnittlich begabt (obwohl ich denke das trifft auf fast jeden Menschen zu). Ich war schon immer sportlich, musisch und politisch interessiert. Das Zeugnis passte und die Schulnoten waren im oberen Drittel. Doch ich konnte mich noch nie entscheiden. Ich konnte nie eine Sache schleifen lassen, um mich voll auf eine andere zu konzentrieren. Ich war nie der Beste, der Begabteste, der Leidenschaftlichste, das klassische „Wunderkind“ in einem Gebiet.
First-World-Problems?
Doch ich wollte es sein. Schon immer. Ehrgeiz gepaart mit wiederkehrenden Selbstzweifeln bestimmten meinen Alltag. Wissenschaftler würden wohl sagen, ich gehöre zu der „Generation Y“, die alles hinterfragt und die pausenlos unter sogenannten „first world problems“ leidet. Man wird erschlagen von der Fülle an Möglichkeiten, die auf einen Jugendlichen zukommen und man fühlt sich der Hürde vielleicht nicht gewachsen mit 18 Jahren seinen Zukunftsweg zu bestimmen. Man will heutzutage, in Zeiten des Individualismus, als Abiturient nicht mehr einer von vielen sein. Man will keinen Job wie jeder haben. Man will seine Träume verwirklichen und keinen Beruf, sondern seine Berufung finden.
Utopische Entscheidung
Auf einmal ist man fertig mit der Schule, die Gedanken noch beim Abi oder beim kommenden Urlaub, und plötzlich kommt sie wieder. Diese eine, ekelhafte, alles bestimmende Frage. Von irgendwo. Irgendwann. Ich soll mich mit gerade mal 18 Jahren entscheiden, was ich die nächsten wahrscheinlich 50 Jahre machen will? Ich soll jetzt die Richtung einschlagen, die ich mein ganzes weiteres Leben verfolgen soll? Bedenke: Ich kann alles und nichts. Super. Gratulation. Kann man das studieren, Papa? Natürlich kann man das nicht studieren, obwohl man wahrscheinlich in 80 Prozent der über 10.000 Studiengänge in Deutschland genau das macht. Man kann alles ein bisschen lernen, aber (fast) nichts mehr richtig. Ich verstehe bei manchen Studiengängen noch nicht einmal, worum es dabei gehen soll, beziehungsweise zweifle ihre Existenzberechtigung an.
Mein Vater hat mir dann im Zuge des elterlichen Stereotyps den Rat gegeben etwas „Anständiges“ zu studieren. Etwas mit Hand und Fuß. Hardskills, keine Softskills. Etwas mit dem ein potenzieller Arbeitgeber etwas anfangen kann und das aussagt, dass ich von einer Sache echtes, umfassendes Wissen habe. Ich habe mir die von ihm genannten Studiengänge dann einmal angeschaut und gemerkt, dass ich in keinem von ihnen meine Berufung sehe.
Gibt es eine Berufung?
Doch kann man eine Berufung überhaupt voraussehen? Kommt sie nicht einfach irgendwann auf mich zu? Soll ich auf sie warten oder sie suchen gehen? Und wenn ja, wo? Auf den Websites der über 400 Unis, die es in Deutschland gibt? Oder auf der Seite des Arbeitsamtes, das mir endlose Listen mit den unverständlichsten Bachelorstudiengängen ausspuckt?
Der einzig plausible Weg schien für mich eine Auszeit. Weit weg von zu Hause. In mich selbst reinhören, nach meinem inneren Willen suchen und die Entscheidung vertagen. Australien war mein Ziel, wie es das von knapp 16.000 Deutschen jährlich ist, die sich ihrer Sache unsicher sind. Dieses Vorhaben scheiterte dann in letzter Sekunde aus familiären Gründen und machte mir die Entscheidung damit nicht leichter.
Es scheint als müsste ich mir meinen Weg selbst bahnen. Durch Praktika und Volontariate den Beruf auswählen, der am besten zu mir passt und die dafür nötigen akademischen Schritte machen, um ihn verfolgen zu können. Diese Lebensentscheidung kann mir wohl kein Mensch abnehmen, sondern ich kann mich nur beraten lassen, wie ich mich und meinen Willen in mir finden kann. Ob es etwas „Anständiges“ wird weiß ich noch nicht. Das wird die Zeit zeigen.
Und die Moral?
Und was ist jetzt die Moral von der Geschicht? Das Fazit? Die Schlussfolgerung? Ich weiß es nicht. Wenn ich diese Frage beantworten könnte, hätte dieser Text wahrscheinlich seinen Sinn verloren. Ich kann den steinigen Weg auf der Suche nach der Berufung weiter gehen und alle Hürden nehmen bis ich mich endlich gefunden habe und am Ziel angekommen bin.
Text: Maximilian Sepp
Teaser-Foto: Uli Stoll Outdoor-Fotografie info@parknplay.de/pixelio.de
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
Viel Spaß
mxk
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