Sehen, Fühlen, Riechen, aus erster Hand lernen und das Gelernte weitergeben – diese Erfahrung durften 20 Geografie Studenten der Universität zu Köln machen. Dazu haben sie mit Martin Gottsacker von MISEREOR im September dieses Jahres Südafrika bereist. SPIESSER-Autorin Franzi hat mit Martin Gottsacker und Student Niklas Dewey gesprochen.
14. November 2016 - 10:19 SPIESSER-Autorin Gradl mim Radl.
Herr Gottsacker, was war die Motivation für diese Exkursion?
Martin Gottsacker: Aufhänger für die Reise war die Studie „Wenn nur die Kohle zählt“, die MISEREOR im April 2016 veröffentlicht hat. In dieser Studie wird offengelegt, welche menschenrechtlichen Folgen der Kohleabbau in Südafrika mit sich bringt und welche Verantwortung deutsche Unternehmen und der deutsche Staat daran tragen. Die Energiegewinnung durch Kohle ist in Südafrika weit verbreitet – 90 Prozent wird aus Kohle gewonnen. Und immerhin 19 deutsche Unternehmen sind an dem Bau zweier Kohlekraftwerke beteiligt und die staatliche KFW IPEX-Bank hat Kredite gewährt.
„Wenn nur die Kohle zählt“
Alles über die Kohle-Studie von MISEREOR und die Auswirkungen des Kohleabbaus auf die Umwelt Südafrikas und die Gesundheit der Menschen dort, erfahrt ihr hier.
Wer war an der Exkursion beteiligt?
Es waren insgesamt 20 Studierende zwischen 22 und 26 Jahren und eine Begleitperson der Universität Köln, Frau Dr. Dorothea Wiktorin, dabei. Zudem haben wir vor Ort verschiedenste MISEREOR-Partnerorganisationen und Ansprechpartner besucht, die uns viel erklärt haben und uns verschiedene Orte, wie zum Beispiel eine verlassene Mine, gezeigt haben. Das wäre ohne ortskundige Leute nicht möglich gewesen.
Eine informelle Siedlung in Johannesburg. Foto: Gottsacker/MISEREOR
Für die Studierenden waren es tiefgreifende Erfahrungen, die sie gemacht haben. Gerade in der ersten Woche, als sie das erste Mal wirklich gesehen haben, wie ausgeprägt Elend und Armut wirklich sind. Klar, wurden die Studierenden auf die Reise vorbereitet und sie kennen die Lage in Südafrika, aber wenn man das Ganze dann „live“ sieht, ist es doch nochmal intensiver. Man spricht mit den Leuten, man sieht alles, man riecht alles. Es waren auf jeden Fall intensive Eindrücke – sowohl positiv als auch negativ, die die Studierenden mit nach Hause genommen haben.
Was waren die zentralen Themen der Exkursion?
Die vier Themenschwerpunkte waren Stadtgeographie/ städtische Armut, Ressourcen, Naturraum und Tourismus, sowie die Landwirtschaft. Ein Hauptmerkmal lag natürlich auf dem Thema Kohleabbau. Dafür fuhren wir in die Kohleregion rund um eMalahleni in Mpumalanga, um uns vor Ort ein Bild der Situation zu machen. Dank der MISEREOR-Partner vor Ort konnten wir den Studierenden ermöglichen, mit Arbeitern vor Ort zu sprechen, Minen zu besichtigen und mit betroffenen Bürgern zu reden.
Zudem hatten die angehenden Lehrerinnen und Lehrer in der Gruppe die Möglichkeit, in Schulen zu gehen, dort den Unterricht zu verfolgen und auch selbst zu halten. Außerdem waren wir in der Region Msinga, tief im Zulu Land, wo wir typische afrikanische Farmen besichtigen konnten. Dort haben wir bei afrikanischen Gastfamilien übernachtet. Und ein paar Tage waren wir im Hluhluwe-Nationalpark, um uns die Natur, die Landschaft und die Tierwelt von Südafrika näher anzuschauen.
Südafrikanische Pick Up-Fahrt. Foto: Carina Meier
Niklas, wie habt ihr Studenten euch auf die Reise vorbereitet?
Niklas Dewey: Wir haben uns einmal im Monat mit der Exkursionsgruppe in der Uni getroffen und haben uns verschiedene Filme über Südafrika angeschaut, die dann Themen wie Apartheid behandelt haben. Dann haben wir Expertengruppen zu verschiedenen Themen gebildet: Gruppe Kohle, Gruppe Landwirtschaft, Gruppe geografische Naturräume in Südafrika. Anschließend wurden in einer zweitägigen Blockveranstaltung Vorträge zu diesen Themen gehalten. Außerdem haben wir uns natürlich mit der Kohlestudie von MISEREOR beschäftigt.
Während der Reise schrieben die Studenten an einem Blog. Ihre Erfahrungen könnt ihr hier nachlesen.
Was hat dich überrascht? Sowohl positiv als auch negativ?
Ehrlich gesagt bin ich noch am verarbeiten. Was ich am bemerkenswertesten fand, sind die gewaltigen Unterschiede in Südafrika. Man sagt ja oft, das sei das Land der Gegensätze. Das klingt immer so ein bisschen romantisch, aber die Gegensätze, die wir da gesehen haben, waren wirklich eine Katastrophe. Auf der einen Seite die super Reichen, eingeschlossen mit ihren teuren Autos, und auf der anderen Seite informelle Siedlungen, wo die Leute weder sauberes Trinkwasser noch saubere Luft zum Atmen haben.
Die Gruppe im Austausch mit Menschen vor Ort. Foto: Gottsacker/MISEREOR
Positiv beeindruckt hat mich hingegen, wie die Menschen, die gar nichts haben, mit ihrer Situation umgehen. Wir waren überwältigt, wie herzlich wir aufgenommen wurden. Zudem finde ich es toll, dass es weiterhin Umweltorganisationen gibt, die gegen den Kohleabbau dort kämpfen und sich nicht unterkriegen lassen. Und natürlich ist auch die Landschaft atemberaubend und einzigartig.
Und inwiefern hat es dir etwas für dein Studium gebracht?
Auf Grundlage der Daten, werden wir Unterrichtsmaterial erstellen zu verschiedenen Aspekten – vor allem zum Kohleabbau und zu den sozialen und ökologischen Folgen. Einige meiner Kommilitonen wollen ihre Masterarbeit in Bezug auf diese Südafrikareise schreiben.
Die Exkursionsgruppe rund um Herrn Gottsacker und Frau Dr. Wiktorin. Foto: Gottsacker/MISEREOR
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Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Misereor e.V.
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