Wenn man „groß“ wird, sind Wunschlisten out. Plötzlich muss man einander in- und auswendig kennen, überraschen können und dabei möglichst als allwissender Geschenke-Guru davon kommen. Dass das nur selten klappt, brauch‘ ich keinem erzählen. Und was war nochmal so uncool an der guten alten Wunschliste?
25. December 2014 - 09:48 SPIESSER-Autorin Individuot.
Es gibt sie – diese Menschen, die das ganze Jahr über lauernd den entzückten Ausrufen wie „Oh, das ist aber schön!“ und „Wenn ich mir das bloß leisten könnte...“ sämtlicher Menschen lauschen, sich all das merken und am Ende des Jahres mit dem perfekten Weihnachtsgeschenk dastehen. Ich bin nicht so. Ich bin vergesslich, unaufmerksam und manchmal etwas schwer von Begriff bei solchen Andeutungen.
Deswegen wird mir meistens so zwei Wochen vor Weihnachten schlagartig bewusst, dass es mal wieder soweit ist. Dann halten meine Schwester und ich das alljährliche Was-schenken-wir-Mama-und-Papa-Gespräch, stöbern bei Tchibo, Strauss und anderen typische Mama-Läden und finden meist kurz vor knapp noch irgendwas, dass Gefallen finden könnte. Dieses Jahr läuft's auf ein Raclette-Gerät hinaus. Naja.
Was Freunde angeht sieht das leider nicht besser aus. Und da ich ja auch in Bezug auf meine Ersparnisse die Geburt Jesu und die damit einhergehende Schenkerei nie mit bedenke, muss ich wohl oder übel immer häufiger zum Bastelzeug greifen. Aber mit Freunden kann man's schließlich machen, oder? Schals, Stirnbänder, Pulswärmer, Pralinen, Pesto – alles wird als zutiefst „von Herzen“ vermarktet. Am besten man fügt noch ein Paar durchgearbeitete Nächte und wunde Finger hinzu, schon ist man günstig und glimpflich und mit gaaanz viel Herzblut davon gekommen. Und klar, manche freuen sich wirklich über was Selbstgemachtes, aber ganz sicher nicht alle.
Dabei ist dieser ganze Stress so mega unnötig! Ich sage: Back to the Wunschliste! Als Kinder nahmen wir uns Zeit zu überlegen, was wir uns eigentlich wünschen, hielten es sauber sortiert in Listenform fest und freuten uns drauf. Wenn man „groß“ wird, muss man sich plötzlich gut genug kennen, um einander die Weihnachtswünsche von den Augen ablesen zu können. So ein Käse! Seit wann gehört es zum guten Ton, seine Liebsten mit irgendwas zu überraschen, immer die Gefahr im Rücken, dass sie es a) schon haben, b) ein anderes Modell wollten oder c) es grundsätzlich komplett sinnlos finden?
Und wäre es nicht viel besser, wir alle würden uns mal eine halbe Stunde hinsetzen und eine Liste erstellen mit all den kleinen und großen Sachen, die wir uns wirklich wünschen? An all die Computergenies da draußen und diejenigen unter euch, die sich für analoges Blattwerk und Buntstifte zu schade sind, hier die Millionen-Dollar-App-Idee: Wie wäre es mit einer Wunschlisten-App? Eine Liste, die von Freunden abonniert werden kann, ohne dass man selber sieht, von wem genau. Die Wunschlisten-Follower können dann einzelne Geschenke markieren, sodass nichts doppelt verschenkt wird. Vielleicht gibt’s noch eine Chat-Funktion, mit der man sich absprechen und gemeinsam schenken kann. Und all diejenigen, die die Finanzen ihrer Pappenheimer gut genug kennen, setzen halt auch „was Selbstgemachtes“ auf die Liste, nur so für alle Fälle.
Text: Polina Boyko
Teaser: Diana Stuck
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