Schwerpunkt

Biobecher für das Erdöl-Karma

Theo möchte einen Tag lang ohne Produkte auskommen, die mit Erdöl hergestellt werden. Hört sich einfach an? Ist es leider gar nicht.

14. November 2013 - 13:53
von SPIESSER-AutorIn anonymer Nutzer.
Noch keine Bewertungen
anonymer Nutzer Offline
Beigetreten: -

7 Uhr: Was, schon so spät? Heute ist mein erster erdölfreier Tag und damit auch ein plastikweckerfreier Tag. Natürlich habe ich prompt verschlafen. Jetzt aber raus aus den Federn und ab ins Bad – erstmal Zähne putzen. Denkste: Selbst zur Herstellung von Zahnpasta braucht man Erdöl und das Paraffin, das man daraus herstellt. Sonst flutscht das Zeugs nicht aus der Tube, mit Seife und Shampoo habe ich das gleiche Problem. Was für ein großartiger Start in den Tag.

Ihr wollt euren Erdölverbrauch auch runterschrauben? Hier bekommt ihr ein paar nützliche Tipps und Hintergrundinformationen:

Video: BMELV


Aus diesem Granulat kann durch Weiterverar-
beitung jeder mögliche Plastikgegenstand werden.

Foto: CC BMELV/familie redlich

7.15 Uhr: Immerhin gibt es heute Frühstück. Unglücklicherweise darf ich den Käse nicht aus der Verpackung nehmen, den Toaster nicht anrühren, den Kaffee nicht trinken (Kaffeeveredelung funktioniert nicht ohne Erdöl) und die Margarine muss auch bleiben, wo sie ist. Als ich dann auch noch ohne Zeitung auskommen soll, würde ich am liebsten schnurstracks zurück ins Bett gehen. Denn Druckerschwärze ist natürlich auch tabu!

8 Uhr: Bleibt die überaus spannende Frage, mit welchem Transportmittel ich mich heute in die Uni begeben kann. Der Bus fällt weg, denn das viele Benzin würde mein Erdöl-Karma für heute ins Bodenlose stürzen lassen. Dann eben das gute alte Fahrrad, selbst wenn für dessen Produktion auch einiges an Erdöl verbraucht wurde.

Was ist eigentlich Bioökonomie?

Bei der Bioökonomie geht es natürlich nicht nur um biobasierte Wegwerfbecher oder Bio-Plastiktüten. Vielmehr geht es dabei um das große Ganze. Der gesamte Wirtschaftskreislauf, der aktuell fast ausschließlich mit fossilen Rohstoffen funktioniert, soll zukünftig biobasiert sein. Dabei bilden nachwachsende Rohstoffe (Holz, Flachs, Raps, Mais etc.) die Grundlage unseres Wirtschaftens. Biobasierten Ressourcen können an vielen Stellen Erdöl und Co. ersetzen. Ihre Nutzung ist besonders umweltschonend, wenn sie recycelt oder weiterverwertet werden. Da es bis zur vollständigen Umstellung auf biobasierte Wirtschaft noch ein weiter Weg ist, muss ausreichend in Forschung und Entwicklung investiert werden.
Mehr Infos dazu findet ihr auch auf
www.aus-natur-gemacht.de!

8.15 Uhr: Unterwegs an der frischen Luft überlege ich mir, warum ich mir dieses Experiment eigentlich antue. Mir ist klar: Ohne die fossilen Rohstoffe Erdöl, Erdgas oder Kohle würde die derzeitige Weltwirtschaft zusammenbrechen. Würde kein Erdöl auch bedeuten, dass wir kein Plastik, keine Farben, keine Computer und keine Filzstifte haben? Im Moment leider ja, denn die meisten Plastikprodukte enthalten Erdöl. Höchste Zeit also, sich weniger abhängig von dem Zeugs aus dem Erdboden zu machen. Denn im Moment verbraucht jeder von uns jedes Jahr über 1.800 Liter Erdöl. Und eines Tages sind die Reserven garantiert alle.

13 Uhr: Zeit für eine Kaffeepause in der Uni-Mensa. Eigentlich würde ich jetzt den Plastikbecher nehmen, aber an meinem erdölfreien Tag muss ich mich wohl mit dem guten Mensa-Porzellan anfreunden. Wobei: muss ich gar nicht! Meine ökologisch stets an vorderster Front kämpfende Mensa hat sich schon biobasierte Wegwerfbecher besorgt. Die sind auch aus Plastik, aber aus ganz besonderem: Die in Pflanzen gespeicherte Stärke wird im Labor zu Bio-Plastikgranulat umgewandelt. Daraus kann man dann zum Beispiel die Becher oder stylishe Bio-Plastiktüten herstellen.


Ganz viel Plastikmüll, ganz viel unsichtbares Erdöl.
Foto: CC Wikipedia/Nino Barbieri

16 Uhr: Der Kaffee ist längst ausgetrunken, aber den Becher habe ich immer noch in der Tasche. Damit all der Aufwand nicht umsonst war, müsste ich ihn jetzt eigentlich in einem Labor in neues Plastik umwandeln lassen. So aber siegt die Bequemlichkeit und der inzwischen ziemlich lädierte Kaffeepott wandert in den Mülleimer neben der Mensa. Von dort aus befördert ihn die Stadtreinigung in die Müllverbrennungsanlage, wo man seine Energie immerhin noch als Fernwärme nutzen kann, um Oma Gertruds muckelige Filzpantoffeln auf Betriebstemperatur zu bringen.

19 Uhr: Schluss, aus, Ende - ich erkläre mein Experiment für gescheitert und beschließe den Tag mit etwas Trash-TV aus der Plastikglotze. Für deren Herstellung wurden vermutlich ganze Ölfässer geopfert. Und wenn schon: Ich sehe ohnehin nur noch Plastik. Im Fernsehen laufen Werbespots für Plastikwindeln, Plastikchipstüten und Plastiksmartphones.

23 Uhr: Frustriert steige ich in mein Plastikbettchen und gestehe mir ein: Im Moment kann ich der guten, alten Welt mit Erdöl, Erdgas und Kohle noch nicht entkommen. Aber für unsere Zukunft wäre es enorm wichtig, aus der komplett auf Öl und Gas eingestellten Wirtschaft endlich eine biobasierte Wirtschaft zu machen.

 

Text: Theo Müller
Teaserbild: Martin Ibert, flickr, CC-Lizenz

 

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Dir gefällt dieser Artikel?

Kommentare

Jetzt bist du dran!
Mehr zum Thema „BMELV
  • Anzeige
    grünerTee
    Schwerpunkt

    Bio kann was: Testet euer Wissen!

    Wusstet ihr, dass Forscher einen Weg gefunden haben, Kunstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen? – Für euch nix Neues? Dann testet euer Wissen in Sachen biobasierte Wirtschaft!