Das lässt Mephistopheles verlauten, als der Pakt mit Faust geschlossen wird. Mit einem Tröpfchen Blut soll dieser den wohl bekanntesten Vertrag der deutschsprachigen Literaturgeschichte unterzeichnen. „Was Goethe kann, können wir schon lange!“, dachten sich vermutlich die Herausgeber des österreichischen Magazins Vangardist und druckten ihre neue Ausgabe mit mit Blut versetzter Tinte. Sie dachten sich aber auch noch viel mehr dabei.
Vor kurzem fand der jährliche Life Ball in Wien statt, eine Benefizveranstaltung zu Gunsten HIV-infizierter und an AIDS erkrankter Menschen. Und auch der Eurovision Song Contest lockte die internationale Aufmerksamkeit diese Woche nach Österreich. Diese beiden Großveranstaltungen nahm das Magazin Vangardist zum Anlass, um mit einer etwas seltsamen Aktion auf die gesellschaftliche Stigmatisierung von HIV-infizierten Menschen und den Mangel an Aufklärung im Bezug auf die Krankheit hinzuweisen.
In einer versiegelten Verpackung und mit einer limitierten Ausgabe von 2.500 Exemplaren erscheint die Sonderausgabe mit dem Blut von drei HIV-infizierten Menschen: einer Frau und Mutter, einem homosexuellen und einem heterosexuellen Mann. Der Druckprozess wurde dabei nach Richtlinien der Harvard University und der Universität Innsbruck durchgeführt und es besteht kein Risiko einer Infektion. Trotzdem findet sich auf der Verpackung ein Hinweis, dass für Schäden, die im Zusammenhang mit dem Produkt entstehen, keine Haftung übernommen wird. Ich vermute mal als Teil des Marketingkonzepts nach dem altbekannten und zugegebenermaßen wirksamen Prinzip: Blut, Schock, Wuaaa!
Inhaltlich wirdʼs aber etwas ernster: Auf zwei Dinge soll das Projekt aufmerksam machen, die aber beide mit mangelnder Aufklärung zusammenhängen: Zum einen soll das Aufreißen der Schutzverpackung ein Symbol für die Überwindung einer unhinterfragten Angst vor HIV-infizierten Menschen sein. Zum anderen soll aber auch auf die Krankheit selbst hingewiesen werden, die nach wie vor weit verbreitet ist. Laut dem Vangardist stieg die Anzahl der Infizierten zwischen 2004 und 2013 um 80 Prozent in Zentralasien und Europa.
Was zunächst nach widersprüchlichen Intentionen klingt – der Kontakt zu HIV-positiven Menschen ist nicht so gefährlich und es gibt nach wie vor viele Menschen, die sich mit dem Virus infizieren – ist die Basis für beides, worauf das Magazin mit dieser im ersten Moment etwas makabren Aktion aufmerksam machen will. Es geht um HIV-positive Menschen, die aus Scham und Angst ihre Krankheit ihren Freunden und Familien verschweigen und die Panik und Angst, mit der dieses Umfeld auf die Krankheit reagiert. Aufmerksamkeitsheischende Aufmachung – selbstverständlich mit entsprechendem Hashtag – hin oder her, die Herausgeber haben recht: Durch Aufklärung über die Krankheit, Behandlungsmethoden und Ansteckungsgefahr könnte diese zweifache Angst an beiden Stellen ausgehebelt werden. Denn worüber wir zu wenig wissen, davor haben wir Angst, und wovor wir Angst haben, damit beschäftigen wir uns instinktiv möglichst wenig. Es ist ein Teufelskreis. Ein Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt. Sei es auch mit ganz besondʼrem Saft.
Aber was sagt ihr denn zu der Aktion? Sind die Herausgeber da einen Schritt zu weit gegangen? Oder sind solche Projekte genau krass genug, um wachzurütteln?
Text: Polina Boyko
Teaserbild: Flickr-User Mate Marschalko (CC BY 2.0)
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