Liebe Lehrer,
bitte mal herhören: Hiermit beginne ich die Einleitung. Ich werde nun kurz auf das Thema hinführen, das ich im Folgenden erörtern werde.
Oh, sorry, hab's gerade gesehen: Mir ist da leider ein „ich“ unterlaufen. Tut mir Leid. Ich weiß, Distanz und Sachlichkeit sind das Ein und Alles.
Aber was war das? Ein „Sorry“? Jugendsprache? Das geht ja nun wirklich nicht! Wo kämen wir denn da hin? Also zückt ihr den Rotstift und streicht fleißig alles an, was einen Text lesenswert macht. Wörter und Sätze, wie wir sie benutzen – abgelehnt. Das aufschreiben, was einem gerade in den Sinn kommt – weg damit. „In der 11. Klasse geht das nicht mehr, Leute!“
Jaa, ich weiß. In der 11. Klasse sollen wir Texte schreiben, die so spannend wie Börsenberichte sind. Individualität? Fehlanzeige. Sachlichkeit ist gefragt: „Ihr müsst distanziert schreiben“.
Ihr wollt Standardformulierungen, so abartig sie auch klingen mögen. Man kann euch mit Wendungen wie „Des Weiteren gibt es anzumerken ...", „Daraus kann man schließen ..“ oder „Die vorhergehenden Beispiele zeigen deutlich...“ tatsächlich ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.
Ich weiß, eigentlich ist das ja auch gar nicht so schwer: Wir müssen uns einfach an das Grundgerüst halten, einfach die einzelnen Punkte abarbeiten, einfach immer die selben Worte benutzen. Einfach stinknormal sein – einfach einfach eben.
Aber wenn ich dann so vor meinem Heft sitze, den Füller in der Hand, und mich wieder einmal zusammenreißen muss, um alles Leben außen vor zu lassen – dann macht mich das manchmal ganz schön fertig. Dann frage ich mich, was das alles eigentlich soll. Wozu lernen wir denn, so zu schreiben? Was bringt es uns, wenn wir uns genauso anhören, wie jeder andere Schüler in der Klasse auch? Was bringt es uns, wenn vor lauter Standard die Musterlösung mit unserer übereinstimmt?
Jaa, natürlich: Uns bringts gute Noten. Ihr seid zufrieden. Die Abschlussprüfung wird gut. Das ist mir ja auch alles klar. Aber was ist mit später? Ich bezweifle stark, dass ich die Texte, die ich im Alltag lese, nach Aufbau und Struktur beurteilen werde, oder dass ich später mal wissen muss, welche Formulierungen das Kultusministerium wünscht und welche nicht.
Im Gegenteil: Manchmal habe ich Angst, dass mir diese ganze – Entschuldigung – diese ganze Scheiße meine Sprache versaut. Die Sprache, die ich benutze, wenn ich WIRKLICH schreibe! Die Sprache, die ich für Artikel wie diesen hier brauche, für Leserbriefe, die tatsächlich abgedruckt werden, für aufrüttelnde und überzeugende Texte. Denn die Leserbriefe, die ihr Lehrer gut findet – in einer Zeitungsredaktion würden die doch nur ein müdes Lächeln auslösen.
Liebes Kultusministerium, liebe Lehrer dieser Welt: Bitte lasst uns doch ein wenig von dem, wie wir selbst sind. Lasst uns doch so schreiben, wie es heute in jeder Zeitschrift erwünscht ist, lasst uns doch bitte so schreiben, wie wir denken!
Gebt uns wenigstens eine Chance. Lasst uns ausprobieren, wie wir auf diese Weise schreiben können, untergrabt nicht alles, was uns selbst einfällt. Lasst uns ein wenig Freiraum für Kreativität, ein wenig Freiraum für Individualität. Denkt doch noch mal genau nach: Was wollt ihr später haben? Menschen, die mit der Masse gehen? Einfältigkeit, Frustration, „Standardmenschen“? Oder wollt ihr eine vielfältige Gesellschaft, wollt ihr Individuen, wollt ihr eine eigenständige, kritische und lebensfreudige Generation erziehen?
Gebt euch einen Ruck und lasst uns ein wenig so sein, wie wir gerne sein möchten.
Mit „freundlichem “ Gruß,
Eure Laura
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also ich benutze auch nur ungern diese langweiligen Stadardformulierungen und sehe das Resultat dann in meinen Arbeiten, egal welches Fach, überall das gleiche.
Meine Mutter ist etwas ähnliches in ihrer Schulzeit passiert, jetzt ist sie selbst Deutschlehrerin in einer Grundschule.
Also macht euch keine Sorgen, wenn ihr so shreibt wie ihr schreibt, solange ihr eure Texte mögt und euch nicht langweilig findet, wird es auch anderen gefallen.
Da gibt's das Phänomen durchaus auch. Wir hatten in der siebten(?) Klasse mal die Aufgabe, die Länge der Diagonale eines Rechtecks herauszufinden, Seitenlängen gegeben. Musterlösung war: Zeichnen, abmessen. Ich habe das ganze damals mit a^2+b^2=c^2 gerechnet - mein Lehrer hat mir daraufhin erklärt, dass das in einer Klassenarbeit Abzug gegeben hätte: Man ist in der siebten quasi nicht berechtigt, den Satz des Pythagoras zu kennen=)
Ich finds super, dass du dich so mitteilst, ich kenn das, auch wenn ich es nicht so extrem sagen würde.
Aber auch was Schneewibchen gesagt hat, finde ich verständlich: in meinem Deutschkurs gibt es auch einige Schüler, die sich an solchen Standardformulierungen gerne "festhalten" und denen es schwerfällt, immer selbstständig Texte mit eigenen Worten zu schreiben.
Trotzdem: Der Aufruf zur Individualität, zur Gegenströmung höre ich immer gerne. Also: gute Arbeit!
hatte ich auch das Gefühl. Nicht so konkrete Formulierungen, aber was Textaufbau angeht. Schön vor allem bei Erörtungen eines Textes über Jugendliche. Eigene Beispiele anbringen, was man bei eBay gelernt hat? Nicht doch!
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Hey,
also ich benutze auch nur ungern diese langweiligen Stadardformulierungen und sehe das Resultat dann in meinen Arbeiten, egal welches Fach, überall das gleiche.
Meine Mutter ist etwas ähnliches in ihrer Schulzeit passiert, jetzt ist sie selbst Deutschlehrerin in einer Grundschule.
Also macht euch keine Sorgen, wenn ihr so shreibt wie ihr schreibt, solange ihr eure Texte mögt und euch nicht langweilig findet, wird es auch anderen gefallen.
Da gibt's das Phänomen durchaus auch. Wir hatten in der siebten(?) Klasse mal die Aufgabe, die Länge der Diagonale eines Rechtecks herauszufinden, Seitenlängen gegeben. Musterlösung war: Zeichnen, abmessen. Ich habe das ganze damals mit a^2+b^2=c^2 gerechnet - mein Lehrer hat mir daraufhin erklärt, dass das in einer Klassenarbeit Abzug gegeben hätte: Man ist in der siebten quasi nicht berechtigt, den Satz des Pythagoras zu kennen=)
es gibt verschiedenste lösungswege.
und beweismöglichkeiten.
stimmt natürlich. Wobei man bei Mathe ja auch bei der Standardlösung bleiben sollte, zumindest meistens.
Kannst ja schlecht sagen: "Nein, das hier ist eine individuelle Lösung!" =P
bzw geschichte.
solch problem habich nur in den sprachen + geschichte, bei den naturwissenschaften vermiss ich sie nicht.
Ich finds super, dass du dich so mitteilst, ich kenn das, auch wenn ich es nicht so extrem sagen würde.
Aber auch was Schneewibchen gesagt hat, finde ich verständlich: in meinem Deutschkurs gibt es auch einige Schüler, die sich an solchen Standardformulierungen gerne "festhalten" und denen es schwerfällt, immer selbstständig Texte mit eigenen Worten zu schreiben.
Trotzdem: Der Aufruf zur Individualität, zur Gegenströmung höre ich immer gerne. Also: gute Arbeit!
hatte ich auch das Gefühl. Nicht so konkrete Formulierungen, aber was Textaufbau angeht. Schön vor allem bei Erörtungen eines Textes über Jugendliche. Eigene Beispiele anbringen, was man bei eBay gelernt hat? Nicht doch!