Aktuell flüchten viele Schutzbedürftige nach Europa. Der Xenophobie gefällt das gar nicht. SPIESSER-Autorin Anne, die bisher keinen Kontakt zu der blöden Phobie hatte, platzt der Kragen: Sie schreibt ihr einen Brief.
28. October 2015 - 16:45 SPIESSER-AutorIn AnneEutin.
oder sollte ich dich doch lieber direkt Fremdenfeindlichkeit nennen? Direkt mit einem Fremdwort meinen Brief an dich zu beginnen, ist sicher kein guter Start. Wobei wir hoffentlich auch nie Freunde werden – wenn es nach mir geht, bleiben wir uns einfach fremd.
Es ist kompliziert mit dir: Wer dein Angstobjekt ist, variiert von Land zu Land und von verwirrter Seele zu verwirrter Seele. Du bist eben ein rein gesellschaftliches Konstrukt. Als klinische Phobie, wie etwa vor Spinnen oder Schlangen, kommst du gar nicht vor. Und dennoch geisterst du momentan durch viele deutsche Köpfe wie eine schlecht vertonte Nationalhymne. Ja, du bist quasi eine Trend-Phobie: „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“ ist somit auch im fortgeschrittenen Alter wieder en vogue. Dass inzwischen so viele Menschen deine Nähe suchen, hängt vor allem damit zusammen, dass momentan viele Schutzbedürftige aus anderen Ländern nach Deutschland flüchten. Der perfekte Nährboden für dich.
Schade, dass man dich nicht behandeln kann. Vielleicht sollte man es mit dir genauso machen wie mit klinischen Phobien. Sehr wirkungsvoll soll da ja die Konfrontationstherapie sein. Dabei setzt man Arachnophobikern beispielsweise eine Vogelspinne auf die Schulter – und schwups – haben sie ihre Angst überwunden. Wie wäre es, wenn man das einfach mal mit dir ausprobieren würde und den Menschen, die in der Nähe von Flüchtlingsheimen mit dem Feuer spielen, einen Syrer auf die Schulter setzte. Wenn ich so darüber nachdenke, könnte das tatsächlich funktionieren. Denn das Wundersame an dir ist ja, dass du unglaublich schnell verschwindest, wenn du mit dem vermeintlich Fremden erst einmal Bekanntschaft gemacht hast. Ich glaube, ich habe soeben ein Heilmittel für dich entdeckt!
Also dann: Auf Nimmerwiedersehen
deine Anne
Text: Anne-Katrin Eutin
Foto: Anja Nier
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