Als junge Menschen haben sie einen Traum: Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität auf der ganzen Welt. Viele Jahre später besucht die Filmemacherin Kirsi Marie Liimatainen ihre Kameraden von damals und zeigt in ihrer Doku, was aus den Aktivisten geworden ist. SPIESSER-Autorin Ragna hat sich den Film für euch angeschaut.
In den 80ern hatte die damals 20-Jährige Kirsi Marie Liimatainen als finnische Jungaktivistin in der DDR an der FDJ-Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ die Lehren von Marx und Lenin studiert. Ihre Mitstudenten kamen aus über achtzig Ländern. Lauter junge Menschen, vereint in ihrer Hoffnung auf eine bessere Welt. Kurz nach Ende des Studienjahres fiel im Herbst 1989 die Berliner Mauer und die DDR war bald Vergangenheit.
Heute, zwanzig Jahre später, sucht Kirsi nach den Kameraden von damals. „Comrade, Where Are You Today?“ heißt ihr Dokumentarfilm, für den sie um die halbe Welt gereist ist. Beginnend mit einer Suche nach Menschen, deren richtigen Namen sie gar nicht kennt – aus Sicherheitsgründen nennt damals keiner seinen richtigen Namen. Ihre echten Identitäten sind in sämtlichen Unterlagen der ehemaligen DDR geschwärzt. Nach und nach lernt der Zuschauer die ehemaligen Mitstreiter der Regisseurin kennen, wenn die Finnin ihre Kameraden fragt: Was ist vom großen Traum der Revolution übriggeblieben?
Wer spielt mit?
Die Finnin Kirsi Marie Liimatainen ist als Regisseurin selbst oft zu sehen, schließlich sind es ihre Freunde, die sie auf der ganzen Welt sucht. Darunter Lucia aus Bolivien, Esteban aus Chile, Nabil und Ghazwan aus dem Libanon und Duma aus Südafrika. Der Zuschauer erfährt oft nur ihre Vornamen, denn ihre richtigen Namen durften sie damals, aus Angst vor Verfolgung, nicht nennen.
Auf einen Blick
Action: ✪
Romantik:
Humor: ✪
Niveau: ✪ ✪ ✪ ✪
Bildungsfaktor: ✪ ✪ ✪ ✪
Filmischer Augenschmaus?
Es handelt sich um eine Dokumentation, die von der Farbgebung eher nüchtern und sachlich daher kommt. Anfangs werden viele Originalaufnahmen von Demonstrationen der Linksparteien aus der Zeit gezeigt oder einfach nur das Zusammenleben in der FDJ-Jugendhochschule. Der graue Schleier zieht sich durch die Bilder – auch die der heutigen Zeit – und wirkt so wie ein Schatten der DDR-Zeit, der noch über allem liegt. Trotzdem gelingt es der Filmemacherin immer wieder, die Emotionen ihrer ehemaligen Mitstreiter festzuhalten. Ob im politischen Streitgespräch mit der Familie oder im stillen Gedenken an bereits verstorbene Kameraden.
Gibt's was zu meckern?
Der Film hat seine Längen, viele von Liimatainens Freunden scheinen dasselbe zu sagen: Den Traum, den sie von einem linksrevolutionären Paradies hatten, haben sie in der Realität nicht umsetzen können. Und das wird, wenn auch mit anderen Worten, oft wiederholt.
Braucht man Taschentücher?
Nein, auch wenn der Film zum Ende hin eine emotionale Entwicklung nimmt, bleiben die Augen trocken.
Mit der Freundin aus dem Antifa-Zentrum und der Elterngeneration, die die Zeit aktiv als Ost- oder Westbürger miterlebt hat.
Was macht man danach?
Diskutieren! Über die Formen des Sozialismus und ob er heute eine Chance haben kann und wenn ja, wie. Vielleicht muss man auch nochmal zum Bücherregal gehen, um nochmal die Fakten aufzufrischen.
Zum Kinostart von „Comrade, Where Are You Today?“ am 18. August 2016 verlosen wir 3x2 Freikarten für den Film! Hier geht's zum Gewinnspiel!
In 3 Worten:
Revolutionär, solidarisch, melancholisch
Große Leinwand oder kleiner Bildschirm?
Eine große Leinwand, zum Beispiel im Jugendzentrum, darf es schon sein. Dann können einfach mehr Leute zuschauen und nachher gemeinsam über ihre Eindrücke diskutieren.
Mainstream oder Independent?
Ganz klar Independent! Die Doku zeigt eine Suche nach einer verloren geglaubten Politik der Gerechtigkeit. Wer actiongeladenes Hollywoodkino sucht, bei dem Stasi-Polizisten Menschen tyrannisieren und man Untergrundgruppen bei der Planung der nächsten Protestaktion begleitet, ist hier falsch.
Comrade, Where Are You Today?
Regie: Kirsi Marie Liimatainen Schauspieler: Kirsi Marie Liimatainen und ihre Freunde Kinostart: 18. August 2016 Länge: 110 Minuten Genre: Dokumentarfilm FSK: ab 0 Jahren
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