Die Franzosen müssen sich in insgesamt zwei Wahlgängen für ein neues Staatsoberhaupt entscheiden. Wenn nach dem ersten Wahlgang einer der Kandidaten bereits die absolute Mehrheit, das heißt 50 Prozent plus eine Stimme, erreichen würde, wäre die Wahl damit entschieden. Das ist aber sehr unwahrscheinlich und kommt praktisch nie vor. Deshalb wird bereits im Voraus eine Stichwahl festgesetzt. In diesem Jahr findet sie am 7. Mai statt. Dann treten die beiden Bewerber gegeneinander an, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben.
Und wer darf das wichtigste Amt im Staat wählen?
Passiv wahlberechtigt, also wählbar, für das Amt des Staatspräsidenten sind in Frankreich alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Sie müssen außerdem mindestens 500 Unterstützungsunterschriften vorweisen können. Aktiv wahlberechtigt, also zugelassen zur Wahlurne, ist jeder französische Staatsbürger, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und im Wählerverzeichnis eingetragen ist. In diesem Jahr sind das knapp 47 Millionen Menschen. Eine Briefwahl wie bei uns in Deutschland gibt es in Frankreich nicht. Dafür ist die Wahl per Vollmacht möglich. Ist ein Wähler am Wahltag verhindert, kann er jemanden beauftragen, ein Kreuz für ihn zu machen. Der Bevollmächtigte muss in derselben Gemeinde zur Wahl registriert sein und darf maximal für eine andere Person wählen.
Das Staatsoberhaupt wird in Frankreich, anders als in Deutschland, alle fünf Jahre direkt vom Volk gewählt. Danach kann es nur einmal wiedergewählt werden. Im Gegensatz zum deutschen Bundespräsidenten verfügt der französische Staatspräsident außerdem über sehr viel politische Macht. Beispielsweise ernennt er den Premierminister und die Regierung und ist gleichzeitig Oberbefehlshaber des französischen Militärs.
Zwei völlig unterschiedliche Linien
Marine Le Pen und Emmanuel Macron. Foto: thierryleclercq,
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Emmanuel Macron werden im zweiten Wahlgang bessere Chancen zugesagt als Marine Le Pen. Sollte sich der ehemalige Wirtschaftsminister tatsächlich gegen seine Konkurrentin durchsetzen, würde er die Liberalisierung der französischen Wirtschaft vorantreiben und den sozialen Ausgleich fördern. Vor allem aber würde er das Sozialversicherungssystem seines Landes, also die Altersrente, Invaliditäts-, Kranken- und Berufsunfallversicherung, neu organisieren. Er will sie vereinfachen, flexibler und durchschaubarer machen. Darüber hinaus zeigt er sich pro-europäisch. Er will ein Budget, ein Parlament und einen Minister für die Finanzen der Eurozone schaffen.
Marine Le Pen dagegen setzt auf nationalistische Maßnahmen. Sie möchte die Immigration reduzieren. Außerdem sollen Unternehmen eine Steuer zahlen müssen, wenn sie Arbeitsplätze an Ausländer statt an Franzosen vergeben. Sie will auch aus der Europäischen Union (EU) austreten und möglicherweise andere Bündnisse und Verpflichtungen, wie etwa die Mitgliedschaft im Nordatlantischen Bündnis (NATO), kündigen. Sollte das geschehen, könnten Frankreich schwierige Zeiten bevor stehen. Das Land ist sehr hoch verschuldet und kämpft gegen die Arbeitslosigkeit vor allem der jungen Bevölkerung. Ein Austritt aus der EU würde die Wirtschaft zusätzlich belasten.
Die beiden Kandidaten stehen für zwei völlig unterschiedliche Zukunftspläne Frankreichs. Gewinnt Macron, würde die französisch-deutsche Beziehung wohl gestärkt und Europa könnte weiterhin auf eine stabile Führung setzen. Gewinnt Le Pen, könnte das das Ende der Europäischen Union, wie wir sie heute kennen, bedeuten.
Text: Martina Gamer
Teaserbild: seblinux78, flickr.com, (CC BY-SA 2.0)