Lena, 20, kommt eigentlich aus einer Akademikerfamilie. Nach dem Abitur entscheidet sie sich für ein Germanistikstudium, doch schnell merkt sie, dass das nichts für sie ist. Sie weiß nicht genau, welchen Beruf sie machen will und probiert alles Mögliche aus, wie Arbeiten im Buchladen und einer Bibliothek. Dann folgt eine Schnupperwoche in der Neugeborenenstation. Das ist es! Die Arbeit mit den Kleinen begeistert sie so sehr, dass sie sich um eine Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenschwester bewirbt.
Die Ausbildung
Heute ist Lena im zweiten Lehrjahr. Gemeinsam mit drei anderen Pflegekräften betreut sie 30 Kinder. Zur morgendlichen Routine gehören Kontrollrundgänge, ein kleines Frühstück und regelmäßige Untersuchungen. Blutdruck, Atmung und Temperatur werden überprüft. Nach der Tour muss Lena alle ihre Arbeitsschritte aufschreiben, damit die Kinder strukturiert behandelt werden können. Verschnaufpausen fallen bei so vielen Patienten meist kurz aus.
Fasziniert ist Lena vor allem von der Vielseitigkeit der Ausbildung. Zu den pflegerischen und medizinischen Fächern kommen methodische Beratung, Einblicke in die Bereiche soziale Kompetenzen und Verwaltung. „Ich weiß theoretisch mehr, als ich praktisch umsetzen kann“, sagt sie. Während der letzten anderthalb Jahre hospitierte Lena auch in einer Lungenfachstation, einem Senioren- heim, einer Behindertenwerkstatt und einer psychiatrischen Einrichtung. Mehrere Wochen am Stück besuchen die Schüler außerdem eine Berufsschule. „Die Schule vermittelt Kompetenzen für ganz unterschiedliche Bereiche der Pflegebranche.“ Lena sieht das als großen Vorteil, denn „falls ich später keine passende Stelle in der Kinderkrankenpflege bekomme, wäre die Seniorenbetreuung durchaus eine Alternative“.
Professionelle Distanz
„Man darf nicht die Krankheit behandeln. Es ist der Mensch mit dem wir arbeiten!“, lautet das Credo der Pflegekräfte. Empathie und die Fähigkeit professionelle Distanz zu wahren, sind für Lena wichtige Voraussetzungen – sogar wichtiger als die Begeisterung für die kleinen Patienten. Pflegerische Tätigkeiten haben viel mit körperlicher Nähe zu tun, so dass die Schüler schrittweise lernen müssen, solche Aufgaben als nüchternen Teil ihrer Arbeit zu sehen und gleichzeitig das Schamgefühl ihres Gegenübers zu respektieren. Auch den Umgang mit der Familie des kleinen Patienten und mit harten Schicksalen lernt Lena in der Ausbildung. „Aber genau diese Herausforderungen sind es, die den Beruf so spannend machen – vor allem, wenn man merkt, dass man eine Situation gut gemeistert hat!“
Teamwork
Die Arbeit mit dem Nachwuchs bringt Verantwortung mit sich, was nicht immer leicht ist. „Da ist es wichtig, im Team Rückhalt zu haben und sich austauschen zu können“, betont Lena und meint „in meiner Ausbildung hier klappt das super“. Zum „Team“ gehören auch die Eltern, mit denen eng zusammen gearbeitet wird und die für alle Beteiligten, vor allem aber für die Kinder, ganz wichtig sind. „Wir brauchen die Mutter nicht zur Blutabnahme, aber ganz dringend danach!“
Beruf oder Berufung?
Warum wird Lena Gesundheits- und Kinderkrankenschwester? Sie meint „die Arbeit mit den Kindern ist jeden Tag ein Erfolgserlebnis! Es ist ein schönes Gefühl, gebraucht zu werden und einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Ich weiß, dass ich etwas Sinnvolles tue und ich mag die Verantwortung, die ich habe. Es gefällt mir, dass mir hier, im Vergleich zur Schule, etwas zugetraut wird und ich zeigen kann, dass ich dem gewachsen bin. Die Arbeit mit den Kindern macht mir Spaß. Auch wenn es nicht immer einfach ist – das ist mein Traumberuf.“ Ganz klar: Lena hat mit ihrer Berufswahl ihre Berufung gefunden.
In der Kinderkrankenpflege herrscht derzeit großer Fachkräftebedarf. Das hat vielleicht nicht nur damit zu tun, dass es insgesamt mehr Pflegebedürftige gibt, sondern auch damit, dass viele Jugendliche nicht auf die Idee kommen, einen Pflegeberuf zu ergreifen, obwohl die Ausbildungsvergütung überdurchschnittlich gut bezahlt wird.
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit dem
Norddeutschen Zentrum zur Weiterentwicklung der Pflege.
Text: Katharina Habler
Fotos: Maxine Hargrove, Rainer Sturm/pixelio.de, Helene Souza/pixelio.de