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Der Bewerbungsflüsterer

Julian ist 22 Jahre alt und Deutschlands jüngster Karriere-Berater. SPIESSER erklärt er, wieso er Altersgenossen bei den Bewerbungsunterlagen hilft und welches Bewerbungsgespräch er total vermasselt hat.

20. February 2012 - 10:14
SPIESSER-Autor Julian.
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Julian Offline
Beigetreten: 11.07.2009

Wie bist du auf die Idee gekommen Altersgenossen bei ihrer Karriere zu helfen?

Im Herbst habe ich ein Master-Studium an der London School of Economics aufgenommen. Ein Jahr schlägt mit 19.260 britischen Pfund (22.528 Euro) zu Buche. Das Geld muss ich jetzt irgendwie eintreiben. Und meine Stipendien bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und beim Deutschen Akademischen Austauschdienst decken leider nicht alle Kosten.

Wie sollte die Schulzeit genutzt werden, um uns auf Bewerbungen vorzubereiten?

Klingt hart, ist aber so: Während der Schulzeit werden schon entscheidende Weichen für das spätere Berufsleben gestellt. Und wer sich nicht reinhängt, kann sich schon in jungen Jahren viel verbauen. Leider kommunizieren das viele Lehrer nicht klar genug. Denn sie sind meistens von der Universität direkt zurück an die Schule gewechselt und haben z. B. nie die knallharten Auswahlverfahren von Unternehmen durchlaufen. Schüler profitieren enorm, wenn Personal- oder Karriereberater in die Schulen kommen und über Anforderungen an Absolventen aus erster Hand berichten.

„Deutschland bewirbt sich“

Die Bewerbungsexperten DURABLE und PAGNA initiierten die bundesweite Aktion „Deutschland bewirbt sich“. Die Website www.bewerbertage.com informiert euch ausführlich über Fragestellungen zu Bewerbung, Stellenanzeigen, Bewerbungsmappe, Anschreiben, Ausbildung und Vorstellungsgespräch.

Wie finde ich meinen Traumjob?

Ob ihr in eurem Job glücklich werdet, hängt von zwei Faktoren ab: Euren Fähigkeiten und euren Interessen. Um ein besseres Bild von euren Fähigkeiten zu bekommen, können wissenschaftliche Eignungstests wie Borakel einen guten ersten Eindruck vermitteln. Aber eure Entscheidungen können sie euch nicht abnehmen. Da hilft nur viel auszuprobieren. ...mehr

Was sind die häufigsten Fehler bei der Jobsuche?

Der größte Fehler vieler unserer Kunden: Sie haben sich zwar ein Ziel gesetzt, aber sich keine Gedanken über den Weg dorthin gemacht. Einer unserer Klienten hatte sich zum Beispiel in den Kopf gesetzt, dass er ein Stipendium bekommen wollte. Ein guter Start, aber er kannte nicht einmal die Studienstiftung des Deutschen Volkes, das größte, älteste und renommierteste deutsche Begabtenförderungswerk.

Klar ist: Für ein Stipendium, einen Studiengang oder ein Praktikum kann ich mich nur bewerben, wenn ich einen echten Überblick zu allen Möglichkeiten habe. Gründliche Recherche ist zentral. Internet, Freunde, Familie oder auch eine gute Karriereberatung sind Ressourcen, die unbedingt genutzt werden sollten.

Wie wichtig sind Praktika für den Traumjob?

Praktika sind überlebenswichtig. Jedes Unternehmen erwartet heute, dass ein Absolvent sich vor seinem ersten Job auch in der Arbeitswelt und außerhalb des Hörsaals behaupten konnte. Eine Faustregel ist, dass gute Praktika bei Studiengängen ohne konkretes Berufsbild oder mit vielen Absolventen ein wichtiger Differenzierungsfaktor sind. Aber auch den auf dem Arbeitsmarkt ohnehin begehrten Naturwissenschaftlern schadet ein Ausflug in die Praxis nicht. Außerdem: Praktika sind eine großartige Chance, sich unverbindlich auszuprobieren, unterschiedliche Branchen kennenzulernen und die eigenen Interessen und Fähigkeiten kritisch zu hinterfragen.

Was schreib ich alles in meinen Lebenslauf?

Ein guter Lebenslauf ist genau auf die Stelle zugeschnitten, auf die ihr euch bewerbt und nie länger als zwei Seiten. Zu jeder Station in eurem Lebenslauf solltet ihr kurz schreiben, was ihr dort gemacht habt, was eure größten Erfolge waren und wie eure Erfahrungen dort bei eurer Arbeit im angepeilten Job helfen würden. Eure Grundschulzeit gehört wohl eher nicht dazu: Lieber weglassen. Maßgeschneidert und auf den Punkt ist das, was jeder Arbeitgeber von euch erwartet. …mehr

Wie muss eine Bewerbungsmappe aussehen?

Die Bewerbungsmappe ist die erste Arbeitsprobe, die ihr eurem potentiellen neuen Boss liefert. Deshalb ist Vorsicht geboten. Keine Kaffeeflecken, keine Eselsohren und nicht zu flippig. Das kann schnell ins Auge gehen. Dezente Farbtöne kommen meistens besser an. Rein in die Mappe müssen das Anschreiben, der Lebenslauf und die Kopien der wichtigsten Abschluss- und Arbeitszeugnisse. Auf ein Deckblatt kann im Regelfall verzichtet werden. ...mehr

Was muss ich alles beim Bewerbungsgespräch beachten?

Die meisten Pluspunkte könnt ihr beim Bewerbungsgespräch sammeln, wenn ihr zeigt, dass ihr euch wirklich mit dem Unternehmen und der Stelle auseinander gesetzt habt. Erklärt ganz genau, was euch an dem Job fasziniert und was ihr dort lernen wollt und einbringen könnt. Nur das zeigt, dass ihr motiviert seid und für die Aufgabe brennt.

Mein bestes Beispiel zu einem echt gelungenen Bewerbungsgespräch: Als ich bei der UNO vorgesprochen habe, musste ich mich in der letzten Runde gegen einen Doktoranden aus Oxford durchsetzen. Ich dachte, ich hätte keine Chance. Aber am Ende habe ich das Praktikum bekommen und nicht der Doktorand. Warum? Meine Chefin meinte, bei mir habe sie das Gefühl gehabt, dass ich wirklich motiviert sei und mich genau über die ausgeschriebene Stelle informiert habe. Das fand sie überzeugend. …mehr

Was willst du mal werden?

Ich habe nicht einen konkreten Job vor Augen, sondern eine Reihe von Jobmerkmalen: Meine Arbeit soll abwechslungsreich, international und fordernd sein und mir große Handlungsspielräume bieten um eigene Ideen umzusetzen. Diese Merkmale sehe ich zum Beispiel in Unternehmensberatungen, internationalen Organisationen, aber auch in der Wissenschaft erfüllt.

Wie sieht dein Fahrplan zum Traumjob aus?

Nach meinem Master-Studium würde ich gerne zwei Jahre als Unternehmensberater arbeiten und anschließend promovieren. Was ich dann machen werde, verrate ich jetzt noch nicht.

Was war dein größter Fehler bei einer Bewerbung?

Mein größter Style-Reinfall: Bei einem Recruiting-Workshop einer großen Unternehmensberatung war als Dresscode ‚smart casual‘ (gepflegte Freizeitkleidung) sowie ‚Businesskleidung‘ ausgegeben. Zur Einführung tauchte ich in gepflegter Freizeitkleidung auf, alle anderen Teilnehmer in Anzügen. War etwas peinlich. Immerhin hatte sich die Human-Resource-Abteilung deshalb sofort meinen Namen gemerkt.

 

Julian berät bei der Karriereberatung Courageous Concepts Studenten.

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit „Deutschland bewirbt sich“.

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Kommentare

Zwölf Kommentare
  • Das macht es tatsächlich verständlicher. Danke! :-)

  • Hallo TheoMueller,

    danke für Deinen Kommentar. Ich glaube, wir haben bei der Antwort, die Du zitierst, unsere Idee nicht wirklich deutlich gemacht. Sorry! Hier ein etwas ausführlicherer Versuch:

    Bei uns beraten Studenten Studenten. Unser Team stammt aus ganz verschiedenen Branchen. Wir haben etwa einen Musiker aus Oxford, einen ehemaligen Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young oder einen Elektroingenieur, der Praktika bei Porsche und EnBW gemacht hat. D. h.: Unsere Berater haben aktuellste eigene Erfahrungen aus erster Hand, die sie weitergeben können.

    Lehrer haben auf jeden Fall einen knallharten Job (meine Eltern sind beide Lehrer!), aber haben mit Bewerbungen (und Laufbahnen außerhalb der schulischen Laufbahn) eben meistens direkt ziemlich wenig am Hut. Egal, ob Du Dich nun nach dem Abitur für Entwicklungszusammenarbeit, Journalismus oder Unternehmensberatung interessierst - Deine Lehrer können Dir nur angelesene Tipps dazu geben, welcher Studiengang passt, welches Stipendium oder welches erste Praktikum (super Studie zur Generation Praktikum: http://bit.ly/yrtZjF) für Dich in Frage kommt. Wir können natürlich auch nicht alles abdecken, aber: Unser Team ist schon relativ breit aufgestellt und kann direkte Erfahrungen weitergeben. Darauf bauen wir.

    Und noch ein wichtiger Punkt: Unter Karriere verstehen wir zunächst einmal nur den individuellen beruflichen Werdegang. Unser Ziel ist, jedem, den wir beraten, Möglichkeiten aufzuzeigen, sein Potential auf dem Weg in seinen Traumberuf zu entfalten. Und das kann natürlich auch beinhalten, sich über die Bedeutung von Familie, Freunden und Hobbies klar zu werden. Wir wollen keine Lebensentwürfe vorschreiben und auch nicht einfach ganz viele 'straight-forward-Karrieren' produzieren!

    Viele Grüße!
    Julian

  • Hallo Senfgruen,

    danke für Deinen Kommentar!

    Falls Du (irgendwann) noch mehr Infos zu Stipendien suchst: Hier findest Du mehr Informationen zu den zwölf großen Begabtenförderungswerken in Deutschland, zu denen auch die Studienstiftung des Deutschen Volkes gehört: http://www.stipendiumplus.de/ ... Und falls Dir keines der Werke zusagt, dann schau Dir mal diese Stipendiendatenbank an: http://bit.ly/AeABGu ... Da kannst Du Dich durch über 700 Stipendien wühlen!

    Schön auch, dass Dir Borakel von der Universität Bochum gefallen hat. Nicht schlecht finde ich außerdem diesen Test zur Studienorientierung von der Universität Hohenheim: http://www.was-studiere-ich.de/

    Alles Gute,
    Julian

  • Ich finde die Bewerbung auch etwas gewagt für einen Ausbildungsplatz als Tourismus-Kauffrau. Im Marketing kann das schon besser ankommen. Eine wirklich coole Guerilla-Bewerbung ist die hier, finde ich: http://bit.ly/ptZoPk

  • ... ich hab das auch nicht so aufgefasst, dass es nur um die Schulnoten geht. Es geht ja darum, dass man bereits während der Schulzeit seine Fühler ausstrecken kann, sich informiert, was die Voraussetzungen sind für den Traumjob, vielleicht auch mal die Ferien für ein Praktikum opfert.

    ...und naja, vielleicht sagt die Deutschnote nicht viel aus über eine Person aus, aber die Tatsache, dass man ein Buch geschrieben hat doch auch nicht. Ist ja nicht so, dass nur gute Bücher geschrieben werden und in Zeiten von Books on demand kann schließlich jeder sein Buch auf den Markt bringen. Daher hab ich schon etwas Verständnis dafür, dass der Bewerbungshelfer nicht zutiefst beeindruckt war.

    Ich fand das Interview jedenfalls nicht nur blabla. ;) Dass es sowas gibt wie die "Studienstiftung des Deutschen Volkes" wusste ich bisher auch nicht, und der erwähnte Eignungstest hat mir bisher auch nichts gesagt, hab ihn mir aber mal angeschaut und find ihn sehr cool.

    Klar, klingt das alles spiessig: Unternehmensberater! Wahrscheinlich gibt's noch Krawattenpflicht und als Frau darf man nur Klarlack auf den Fingern tragen, Dreadlocks gehn bestimmt auch nicht, und das Piercing muss auch raus. Jo, auch nicht mein Traumberuf. So gar nicht! :)
    Ich hab dennoch Respekt davor, wenn jemand schon früh weiß, was er kann und was er erreichen will, und wenn man sein Ziel dann so kontinuierlich verfolgt.
    Und es ist außerdem mal ein Kontrast zu den ganzen Träumern und Teilzeitweltverbesserern, die die Welt ebenso braucht. ;)

  • Naja, "straight-forward" sieht anders aus, wenn man auf die Frage, was man denn mal werden will, mit "Ich habe nicht einen konkreten Job vor Augen, sondern eine Reihe von Jobmerkmalen" antwortet.
    Dieses Gehüpfe kann man sich unter normalen Umständen – und das ist ja eigentlich gerade das, was er unsereinem weismachen will – definitiv nicht leisten kann.

    Manche Menschen bewegen sich nunmal fernab jeder Realität, außer der eigenen, auf Hochglanz polierten Parallelwelt, die für ein Gros der Bewerber schlichtweg unmöglich zu erreichen ist. Oder vielleicht auch ganz einfach nicht erstrebenswert, weil es einem stinklangweilig werden würde.
    Die hier verfassten Tipps sind jedenfalls beliebig und nicht weniger lohnend, als das, was ein jeder in den Broschüren findet, die bei der Arbeitsagentur ausliegen.
    Soll es aber auch nicht, der geneigte Leser findet ja dankenswerterweise einen Link zur Seite, wo man dann die Geldbörse zu zücken hat. Der Artikel ist also mehr als eine Art, nunja, Werbemaßnahme zu betrachten.

  • "oder auch eine gute Karriereberatung" - Aha, so läuft der Hase also. Im Übrigen kann ich HyateRedet und TheoMueller nur zustimmen.