Kassenschlager wie „Anno 2070“, „Die Siedler“ oder „Beyond two Souls“ gehen allesamt auf das Konto von Christopher Schmitz. Der Gamedesginer ist Produktionsleiter des Studios Quantic Dream in Paris. Wie er dahin kam und was er selbst am liebsten zockt? Darüber hat ihn SPIESSER-Praktikant Semjon ausgequetscht.
26. September 2015 - 14:07 SPIESSER-AutorIn Semjon Novikov.
Herr Schmitz, Sie verdienen mit dem Entwickeln von Spielen Ihr Geld. Hand aufs Herz: Spielen Sie selbst auch oder reicht Ihnen der tägliche Umgang damit?
Ich glaube, jeder in unserem Studio spielt Spiele, allein um sich anzusehen, was die Konkurrenz macht. Die meisten Leute, die hier arbeiten, kommen aus Bereichen, wo sie schon mal gespielt haben, bevor sie in die Gamesbranche eingestiegen sind. Und alle sind auch mit dem Herzen dabei, was die Games angeht.
Back to the roots: Wie hat es Sie in die Computerspielbranche verschlagen?
Seit 23 Jahren ist Christopher Schmitz in
der Gamingszene aktiv. Mittlerweile hat
er 200 Mitarbeiter unter sich.
Ich bin jetzt seit 23 Jahren in der Spielbranche. Ich habe damals in einer Gruppe angefangen, wo wir Demos programmiert haben. Angefangen habe ich also als Programmierer und habe dann auf dem PC, dem Gameboy und anderen Konsolen wie der PlayStation selber Spiele entwickelt. Irgendwann bin ich ins Internetspielen eingestiegen.
Erzählen Sie uns mehr über Ihren Beruf. Was machen Sie genau und wie sieht ein Arbeitstag bei Ihnen aus?
Mein Titel heißt Director of Production und das bedeutet, dass ich der Chef des Studios Quantic Dream bin. Ich habe 200 Mitarbeiter unter mir und leite als Studioleiter die Entwicklung unserer Spiele, die wir gerade produzieren. Es ist ein Management-Job, ich muss also Strukturen aufbauen, Personen einstellen, auf die richtige Position setzen und schauen, dass sie den richtigen Job machen.
Würden Sie sagen, dass Sie sich mit Ihrem Beruf einen Lebenstraum erfüllt haben?
Ja. Für „Spielerleute“ ist die Spielentwicklung ein Traumjob. Es ist sehr abwechslungsreich. Als ich eingestiegen bin, gab es nicht viele Leute in der Gamesbranche, mittlerweile ist es mehr verbreitet. Heutzutage gibt es Ausbildungen, Studiengänge und alles Mögliche.
Sie haben beispielsweise die Games „ANNO“ und „Die Siedler“ mitentwickelt. Wie läuft der Prozess einer Spielentwicklung ab? Was passiert alles von der Idee bis das Game beim User landet und gespielt wird? Und wo liegen dabei Ihre Aufgaben?
Da könnte ich drei Stunden darüber reden. Aber meine Aufgabe bei „ANNO“ und „Die Siedler“ war, dass ich der Producer war. Das heißt, ich war der Chef dieser Entwicklung. Ich hab das Team geleitet und habe mit ihnen das Projekt durchgeführt. So musste ich entscheiden, was wird im Spiel drin sein, was nicht und wann das Spiel herauskommen soll. Außerdem habe ich das Budget verwaltet und sichergestellt, dass das Spiel kreativ in die richtige Richtung geht. Dass beispielsweise „ANNO 2070“ erstmals in der Zukunft spielt, war meine Entscheidung. Ich wollte der Serie „ANNO“ einen neuen Kick geben, denn ich bin auch für die Marke „ANNO“ verantwortlich. Bei „ANNO“ und „Die Siedler“ hatte ich die gesamte Markenverantwortung.
(lacht) Das ist schwer zu sagen, denn ich schau mir sehr viele Spiele an. Ich hab nicht das große Lieblingsspiel. Ich mag gern Spiele mit Spannung, wo man relativ schnell rein- und wieder rauskommt.
Heutzutage kommt es Zockern neben dem Plot, vor allem auf eine bestechende Grafik an. Was ist Ihrer Meinung nach das Spiel mit der besten Grafik? Was macht gute Grafik überhaupt aus?
Also ich würde sagen, das stimmt nicht. Die Grafik ist Mittel zum Zweck. Es gibt jede Menge Spiele auf Tablets und Smartphones, wo die Grafik relativ schlecht ist, die aber trotzdem noch Milliarden Umsätze machen.
Wir bei Quantic Dream machen Spiele, die Richtung Hollywood-Film gehen. Da braucht man sehr hohe grafische Qualität, um Glaubwürdigkeit beim Spieler zu erzeugen. Dass das Ganze immer besser wird, liegt an der neuen Hardware-Generation, an neuen Konsolen und eben auch mehr Geld. Mittlerweile sind die Budgets von ganz großen Spielen auf über 100 Millionen geklettert, dann über 200 Millionen Euro. Da fließt sehr viel Geld, damit die Grafik wunderbar aussieht. Und gerade die großen Spiele brauchen das, um mithalten zu können.
Worauf legen sie mehr Wert? Multiplayer oder Story?
Das kann ich nicht sagen, weil es hat beides seinen Reiz. Die Spiele, die ich bei Ubisoft gemacht habe, da spielt die Story keine Rolle. Bei den Spielen, die wir hier bei Quantic machen, geht ohne die Story nichts. Das ist eine ganz andere Herausforderung für den Entwickler. Diese Spiele sind durch das Game-System dahinter riskanter zu entwickeln, weil man viel mehr Zeit braucht, um das Spiel an sich zu finden, damit es auch so richtig Spaß macht. Und es gibt ja nicht dauernd neue Spiele. Die meisten nehmen etwas, was schon da ist und entwickeln es einfach weiter.
Wenn Sie mehr über ein Spiel erfahren wollen, schauen Sie da Let´sPlays auf YouTube? Oder wo holen Sie Ihre Informationen her?
Ich kauf mir die Spiele, schaue mir aber auch Let´sPlay-Videos auf YouTube an. Es ist eine tolle Sache, wenn man sich ein Spiel angucken will, geht man kurz auf ihre YouTube-Chanels und dann kann man sich alles angucken. Ich kenne einige Lets-Player ganz gut. PietSmith zum Beispiel habe ich schon ein paar Mal getroffen, er kommt mich bestimmt auch mal in Paris besuchen.
Sie sind in Ihrem Geschäft sehr erfolgreich. Was raten Sie jungen Menschen, die Ihnen nacheifern wollen? Was sollten sie mitbringen?
Es ist extrem wichtig, eine hochwertige Ausbildung mitzubringen. Macht ein gutes Abitur und studiert. Die Branche wird sehr professionalisiert. Unsere Programmierer haben allesamt einen Informatikabschluss und bringen langjährige Erfahrung mit. Die Grafiker haben fast alle Grafik-Art-Design studiert, auch das Management-Personal hier hat Master-Abschlüsse oder ist einfach seit 25 Jahren dabei. Ich selber unterrichte sogar Projekt-Management an verschiedenen Hochschulen in Deutschland, aber nur so nebenher.
Christopher Schmitz ist einer der 200 Gäste, die vom 07. bis 11. Oktober 2015 zur B3 Biennale des bewegten Bildes nach Frankfurt kommen. Das ist Deutschlands größtes Kreativfestival in der Rhein-Main-Region. Neben zahlreichen Veranstaltungen wird es auch ein spannendes und abwechslungsreiches Schüler- und Jugendprogramm geben. Alle Informationen zur B3 findet ihr hier.
Interview: Semjon Novikov
Bilder: Christopher Schmitz
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