Unser Land aus der Vogelperspektive: Freddie Röckenhaus zeigt Deutschlands schönste Ecken und Kanten – von oben. Der Dokumentarfilmer im SPIESSER-Interview.
26. December 2012 - 10:19 von SPIESSER-Autor Tobinator.
Was bewegt dich dazu, einen Film wie "Deutschland von oben – Der Kinofilm" zu drehen, in dem (quasi) nur Luftbilder zu sehen sind?
Freddie Röckenhaus: Die Idee, Sachen aus der Luft zu filmen, ist bei uns nicht neu. Wir haben schon in den 90er-Jahren öfter aus der Luft gedreht. Bilder von Hubschrauberflügen haben die Suggestionskraft des selber Mitfliegens, ein bisschen zwischen Meditation und Videospiel. Man bekommt da plötzlich einen Eindruck von räumlichen Dimensionen, den man vom Boden aus niemals haben kann.
Wie hast du die Motive und Themen gesucht?
Freddie Röckenhaus: Es steckt unheimlich viel Recherche in dem Film. Am Boden kann ich zunächst mal alles vorbereiten und planen: Stellproben für die richtige Beleuchtung, Bildkomposition und so weiter. Oben im Himmel geht das alles nicht. Wir haben uns über Luftbild-Fotos erste Eindrücke verschafft, Satellitenbilder durchforstet, bei ganz vielen Forschern recherchiert. Am Ende merkt man dem fertigen Film wahrscheinlich die viele Arbeit nicht an. Man man steckt es wie Zuckerwatte in den Mund und denkt: Ja, schmeckt gut!
Ist es schwierig gewesen, zum Beispiel für den Bundestag eine Überfluggenehmigung zu bekommen?
Freddie Röckenhaus: Katastrophe! Am schwierigsten ist es übrigens – typisch Deutschland – über Naturschutzgebieten tiefer als üblich zu fliegen, nicht über dicht besiedelten Städten. Ordnungsämter neigen dazu, spätestens seit dem Desaster der Love Parade alles verbieten zu wollen. Die Stadtspitze und die PR-Fachleute der Städte wollen aber natürlich in so einem Film ihre Stadt ausgestellt sehen. Deshalb sind diese Stellen oft unsere Verbündeten im Bemühen um Sondergenehmigungen für Tiefflüge.
Im Film stellt ihr die Frage, wie unberührt wir unsere Natur lassen können, ohne dass wir den Spaß an ihr verlieren.
Freddie Röckenhaus: Wenn Touristen in einen Nationalpark gehen, dann wollen sie, dass es dort nach Natur aussieht, also irgendwie unberührt. Aber wir haben in Deutschland natürlich nur wenige tatsächlich naturbelassene Gegenden. Wir empfinden manches als Natur, wo in Wahrheit die Bäume schon x-mal im Laufe der Geschichte abgeholzt und neue geplanzt wurden. Meist nach eher wirtschaftlichen Gesichtspunkten – also welche Bäume wachsen schnell und machen schnell möglichst viel Holz.
An vielen Stellen des Films sind Zugvögel zu sehen, die sehr groß im Bild sind. Wie hat die Natur auf euren Hubschrauber reagiert?
Freddie Röckenhaus: Es gehört zu den interessantesten und emotionalsten Dingen, wenn Du neben Zugvögeln herfliegen kannst. Die Gänse oder Kraniche oder Störche nehmen dich mit deinem Helikopter natürlich wahr – aber die Frage ist: Fühlen sie sich gestört? Empfinden sie dich als Bedrohung? Unsere Erfahrung ist: Wenn Zugvögel auf ihrem Leitstrahl sind, weil sie gerade von Norden nach Süden wollen, lassen sie sich schwer davon ablenken.
Am wenigsten lassen sich wohl Störche beeindrucken, ebenso Kraniche, Gänse dagegen reagieren etwas schneller. Wenn Vögel abends zu ihren Zwischenquartieren fliegen, dann lassen sie dich sogar auf 30 Meter ran. Bei Raubvögeln, wie etwa Seeadlern oder Falken, ist es eher umgekehrt: Da mussten wir manchmal von uns aus den Abstand vergrößern, weil die Vögel so neugierig sind, dass sie sehr nah an den Heli heranfliegen.
Es gibt da eine Szene mit Wingsuitjumpern. Bist du mitgesprungen?
Freddie Röckenhaus: Wir sind mehr oder weniger im Sturzflug mit dem Hubschrauber hinterher geflogen. Das ist schon grenzwertig, wenn du keine Kampfpiloten-Ausbildung oder so etwas hinter dir hast. Bei einer anderen Geschichte sind Fallschirmspringer für unsere Dreharbeiten bei extremen Windgeschwindigkeiten aus einem zweiten Hubschrauber gesprungen.
Wir waren auf etwa 4000 Metern Höhe, über der Zugspitze. Wenn der Wind mit solchen 120 km/h in die Abgasrohre der Turbine knallt, dann bleibt das Triebwerk auch schon mal für 10, 15 Sekunden stehen. Klar, kannst du dir in solchen Momenten sagen, dass jeder Heli-Pilot dich in Autorotation dann immer noch halbwegs heil zum Boden bringt. Aber will man das wirklich ausprobieren?
Welche ist die wichtigste Botschaft des Films?
Freddie Röckenhaus: Für uns als Macher von ‚Deutschland von oben’ hat sich mit der Arbeit an den Filmen manche Einschätzung verändert. Wir leben hier in einem sehr grünen, sehr vielschichtigem Land, mit großen Landschaftsflächen, die relativ naturnah sind, mit vielen wildlebenden Tieren. Durch manche Umwelt-Maßnahmen der letzten zwei Jahrzehnte hat sich vieles schon zum Besseren verändert.
Gerade aus der Vogelperspektive bekommt man einen neuen Sinn dafür, dass es sich lohnt, sich zu engagieren dafür, dass wir uns in Zukunft vielleicht noch mehr Natur zurückholen. Es lohnt sich, hier zu sein und etwas für den Erhalt dieses hübschen kleinen Landes Deutschland zu tun.
Interview: Hendrik Richter, Tobias Rickhoff
Szenenfotos: Universum Film
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
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mxk
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