Es gibt Leute, die können nicht ohne Aldi leben. Morgens, mittags, abends bildet das Lädchen mit dem großen, blauen A deren Existenzoase, deren Lebensgrundlage, ja die Liebe geht sogar so weit, dass alles Hab und Gut in einer schicken, mit dem eingängigen Logo tätowierten Polyestertüte verpackt durch die Weltgeschichte reisen darf. Richtige Minimalisten eben.
16. November 2010 - 16:50 von SPIESSER-Autorin dingue.soce.
Gesagt. Getan. Meine Reise soll ins Vereinigte Königreich gehen, nur besteht meine Tüte nicht aus glänzendem Supermarktkunststoff, sondern aus 100% Baumwolle. Kofferpacken ist angesagt...
Ich packe meinen Koffer und packe meine Lieblingskuscheldecke mit Katzenbayprint ein, damit ich auf der Fährfahrt vom französischen Festland zur englischen Insel im Kinderparadies bei Tom & Jerry schlummern kann.
Ich packe meinen Koffer und packe meine Lieblingskuscheldecke mit Katzenbabyprint und extrastarke Ohropax ein, um während des – ungelogen – fünfzigminütigen, durch die Buslautsprecher dröhnenden Vortrages unseres Literaturlehrers über William Shakespeare den nächtlich versäumten Schlaf nachzuholen. So passen dann auch die Worte Prinz Hamlets und der Rest ist tatsächlich Schweigen.
Ich packe meinen Koffer und packe meine Lieblingskuscheldecke mit Katzenbabyprint, extrastarke Ohropax und den obligatorischen Regenschirm ein. Denn, Klischee hin oder her, - wer trockenen Hauptes über die Insel schreiten möchte, sollte den Allwetterschutz immer dabei haben. Der kann notfalls auch als Sonnenschirm fungieren.
Ich packe meinen Koffer und packe meine Lieblingskuscheldecke mit Katzenbabyprint, extrastarke Ohropax, den obligatorischen Regenschirm und eine konstant lächelnde Fotomaske ein. Unter den tausenden, mich als typische Touristin entlarvenden Aufnahmen vor Big Ben, Tower Bridge und London Eye dürfte sogar ein für Omis Bilderrahmen geeignetes Prachtexemplar dabei sein.
Ich packe meinen Koffer und packe meine Lieblingskuscheldecke mit Katzenbabyprint, extrastarke Ohropax, den obligatorischen Regenschirm, eine konstant lächelnde Fotomaske und einen außergewöhnlich großzügigen Toleranzbereich der Magenverträglichkeit ein. Denn Dauertoastbrote unter darauf schwimmenden Essigseen und mit Leber und Speck gefüllte Pasteten sind nichts für kornverwöhnte deutsche Gesundmägen. Scheinbar um so mehr für englische Entenschnäbel... Und – Gastmamis Kochkünste in allen Ehren – bei der Verwendung von garlic (Ja, das heißt Knoblauch!) gilt immer noch der Grundsatz: Weniger ist manchmal mehr.
Ich packe meinen Koffer und packe meine Lieblingskuscheldecke mit Katzenbabyprint, extrastarke Ohropax, den obligatorischen Regenschirm, eine konstant lächelnde Fotomaske, einen außergewöhnlich großzügigen Toleranzbereich der Magenverträglichkeit und eine doppelte Portion Verständnis ein. Verständnis dafür, dass sich England als unberührbare Insel, als ehemalige Kolonialmacht eines Reiches, in dem die Sonne nie unter ging, als Wiegenzimmerer des Fußballs, als Geburtsstätte der unsterblichen Beatles und wegen einiger anderer möglicher Argumente dazu auserkoren sieht, eine Ausnahme zu sein und zu bleiben. Dafür müssen die Engländer im Gegenzug Verständnis zeigen für Menschen wie mich, die an Straßenübergängen konsequent und eingeübt zuerst nach links schauen und die im Geldbeutel grabend die Supermarktschlange anstauen lassen, weil die eurotrainierten Augen noch nicht mit den fremden Münzen zurechtkommen.
Ich packe meinen Koffer und packe meine Lieblingskuscheldecke mit Katzenbabyprint, extrastarke Ohropax, den obligatorischen Regenschirm, eine konstant lächelnde Fotomaske, einen außergewöhnlich großzügigen Toleranzbereich der Magenverträglichkeit, eine doppelte Portion Verständnis und ausreichend Speicherplatz auf der internen psychischen Festplatte ein, um Bilder festzuhalten, die keine Kamera bewahren kann. Jahrhunderte alte, efeubewachsene Mauern Oxforder Colleges,
schafsförmige Wollknäuel auf endlos grünen Wiesen, die sich in der Themse spiegelnde Metropolenlebendigkeit, der südenglische Versuch, den Indian Summer zu kopieren, von einem ewigen Nebelschleier gedämpfte Farben.
Nach sieben Tagen packe ich meinen Koffer wieder aus, etwas wehmütig. Zugegeben. So ein Minimalistenleben hat durchaus seine Vorteile...
Teaserbild: www.abendblatt.de
Artikelbild: Alisa Müller, Clara Edler
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woraus ein Musikvideo zu meinem Song LIMITS entstanden ist:
https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
Bei meinem letzten Sturz fiel ich in Kunst hinein:
[Bild:1]
Viel Spaß
mxk
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