1096 Tage lang ist Florian, 25, unterwegs, bis er sich wieder seinem Heimatort nähern darf – er ist Wandergeselle. Mit der Entscheidung, auf die „Walz“ zu gehen, lässt er sich auf bestimmte Regeln buchstäblich festnageln
Um ihn herum war es ganz still geworden, der Geselle holte schon mit dem Hammer zum Schlag aus. Florian kniete auf dem Boden, den Kopf gegen eine Tischplatte gepresst, sodass das Ohrläppchen auflag. Zuvor hatten die anderen Gesellen Florians Ohr mit etwas Schnaps aus der Flasche desinfiziert, den Rest hatte er dann ausgetrunken – zur Vorbeugung gegen den Schmerz, der gleich kommen würde. Mit einem Nagel fixierte sein „Altreisender“ das Ohrläppchen – und schlug zu. Florian war an die Tischplatte genagelt, er blutete stark. In das frische Ohrloch kam nun ein Ohrring, Kennzeichen eines jeden „ehrbar reisenden“ Handwerkers oder auch Wandergesellen.
„Es sieht schlimm aus, tut aber gar nicht so weh“, erzählt Florian heute. Anderthalb Jahre ist das Ritual nun her, seitdem ist er auf „Tippelei“. Drei Jahre und einen Tag sind Wandergesellen unterwegs – 1096 Tage, in denen Florian seinem Heimatort Kreuztal in
Nordrhein-Westfalen nicht näher als 50 Kilometer kommen darf.
In der Wanderschaft sah Florian die beste Möglichkeit, sich nach seiner Tischlerlehre fortzubilden und dabei ganz unterschiedliche Betriebe und Arbeitsmethoden kennenzulernen. „Ich suche vor allem nach traditionellem Bootsbau, der nur noch in sehr wenigen Betrieben angeboten wird. Dabei bin ich schon jetzt an so vielen Orten gewesen und habe so viele Menschen getroffen, die ich sonst nie kennengelernt hätte!“
Am Tag seines Abschieds vergrub Florian der Tradition gemäß eine Schnapsflasche vor dem Ortsschild seines Heimatdorfs – damit er in drei Jahren nicht durstig heimkehrt –, kletterte auf das Schild und sagte von dort oben Lebewohl. Raphael, ein „Altreisender“, der bereits seit einem Jahr auf Wanderschaft war, begleitete ihn in den ersten zwei Monaten. Keiner muss alleine los!
An Knöpfen erkennbar
Wandergesellen sind in Vereinigungen organisiert, sogenannten Schächten. Florian ist bei den „Freien Vogtländern Deutschland“. Jedes Mitglied erhält als Erkennungszeichen drei Perlmuttknöpfe je Hosenschlag und zwei für das Jackettrevers. Außerdem steckt im eingeschlagenen Hemdkragen eine „goldene Ehrbarkeit“, eine besondere Handwerksnadel. Sie setzt sich aus Elementen unterschiedlicher Handwerkswappen zusammen, und zwar von allen Berufen, die bei den „Freien Vogtländern“ auf Wanderschaft gehen dürfen.
Als Handwerker, der mit Holz arbeitet, ist Florians „Kluft“ schwarz: Die Hose mit weitem Schlag, Jacke, Weste und Hut sind schwarz, dazu trägt er ein langes weißes Hemd. Eine zweite Arbeitsgarnitur und seine Habseligkeiten hat Florian in einem großen Leinentuch, dem Charlottenburger, dabei. Wandergesellen müssen auf Vieles verzichten – nicht nur auf Mamas Küche. Handys sind ebenso verboten wie Facebook. Immerhin dürfen sie E-Mails schreiben. „Am meisten fehlt mir mein eigenes Bett“, sagt Florian. Insbesondere dann, wenn er mal wieder im Freien übernachten muss. „Jeder Reisende freut sich, wenn ihm jemand einen Schlafplatz für eine Nacht anbietet oder ihn ein Stück mitnimmt.“ Denn für Übernachtungen oder Verkehrsmittel darf er kein Geld ausgeben.
Anfangs war Florian in Deutschland unterwegs, dann in Norwegen und in der Schweiz. Seit Januar restaurierte er auf einem Gehöft in Ostfriesland mit zwei anderen Wandergesellen eine 100 Jahre alte Hochzeitskutsche.
Diese Arbeit ist nun abgeschlossen und Florian zieht weiter nach Hamburg, wo er bei einem Segelschiff Hand anlegen wird. „Wir müssen während der Wanderschaft schon auf Vieles verzichten. Aber diese unfassbare Freiheit, einfach zu sagen, heute hierhin, morgen dorthin – das wiegt alles auf!“
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Ich bin mehrmals aus Fenstern im 7. Stock gesprungen,
woraus ein Musikvideo zu meinem Song LIMITS entstanden ist:
https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
Bei meinem letzten Sturz fiel ich in Kunst hinein:
[Bild:1]
Viel Spaß
mxk
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