Herzscheiße

Einerseits Liebe...

Inga und Kai waren gute Freunde. Dann hat er sich in sie verliebt. Und jetzt ist alles anders. Beide schildern ihre ganz eigene Sicht auf eine einseitige Liebe.

15. January 2013 - 14:29
SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
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Onlineredaktion Offline
Beigetreten: 25.04.2009

Kai: Das hier ist mir peinlich. Und zwar weil die Situation bescheuert ist, nicht weil mir das Ganze zu privat ist. Hereinspaziert! Willkommen in meinem Kopf zum großen Gefühlszirkus! Ich bin Teil der Generation Datenkrakenfutter: Was wollt ihr wissen? Ich bin 23, wohnhaft in Dresden, Maschinenbaustudent und ein mittelmäßiger Poetryslammer. Ich mag Bier, Kitesurfen, Dinge in Teigfladen gewikkelt und bin todtraurig verliebt.

Es ist ein seltsames Gefühl zu wissen, dass Inga gerade an ihrem Laptop sitzt und etwas über mich schreibt. Es ist außerdem seltsam, dass mein Magen jedes mal krampft, wenn ich das Wort Inga schreibe. Inga. Aua.

Irgendwann ganz am Anfang hatte ich die Wahl. Flight or Fight: laufen  oder kämpfen. Ich wusste, worauf ich mich einließ. Inga machte deutlich, dass sie keine Beziehung wollte, mochte mich aber. Ich genoss ihre Nähe und sie meine. Ich wollte für sie, um sie, zur Not sogar gegen sie kämpfen. Einen Rückzug hätte ich mir damals nie verziehen. Ich wollte für sie Troja belagern, Drachen erwürgen und böse Zauberer vertreiben. Stattdessen ging ich mit der Zeit: schrieb ihr nette Nachrichten, backte ihr einen Schokokuchen und ging nach der Arbeit verbissen joggen.

Als sie mir sagte, dass sie keine Gefühle mehr für mich habe, wäre das ein guter Zeitpunkt gewesen, das Handtuch zu werfen. Aber da war es schon zu spät. Der Gedanke an Inga war inzwischen eine billige Art geworden, Glückshormone in meinem Hirn ausschütten zu lassen. Inga war über die letzten Monate von einer Person zu einem Gefühl mutiert. Inga war das Letzte, woran ich vor dem Einschlafen dachte. Inga war, was mich nicht wieder einschlafen ließ, wenn ich mitten in der Nacht aufwachte. Inga ließ mich direkt morgens wieder zum Smartphone greifen und das Spiel von letzter Nacht wiederholen. Ich fühlte mich Inga.

Dann kam eines Tages die erhoffte Nachricht – allerdings mit dem Satz, vor dem sich Männer am meisten fürchten: „Du Kai, müssen uns mal unterhalten.“ Warum folgt auf so einen Satz nicht einmal „Ich habe mich unsterblich in dich verliebt.“ oder „Das mit dem Schlussmachen habe ich gar nicht so gemeint!“. Aber nein. Zum verabredeten Zeitpunkt erschien beim Videochat ein Gesicht, darin ein kleiner Mund. Und heraus purzelte: „Ich hab jetzt einen Freund.“ Die Lippen drückten sich leicht aufeinander. Ingas Augen schlossen sich in Zeitlupe, dann waren sie wieder da. Ich starrte hinein und konnte mir dann auf dem zweiten Webcambild des Chatprogramms dabei zusehen, wie ich zerfiel.

Jetzt hänge ich an der Zeit von früher, muss die Gegenwart ertragen und  betrauere eine Zukunft, die Inga und ich nie haben werden. Ich will sie nicht sehen, weil mein Herz rast, wenn wir in einem Raum sind. Weil ich mich andauernd frage, was ich jetzt noch tun könnte, damit es zwischen uns doch klappt. Ein Szenario, das mir dabei immer wieder vorschwebt, ist die Zombieapokalypse. Ihre Gefühle würden sich bestimmt ändern, wenn ich – auf einer Harley, eine abgesägte Schrotflinte in der Hand – Inga vor ihrem achsotollen Freund rette, der ihr Gehirn fressen will.

Aber irgendwo zwischen all diesem Wahnsinn dämmert es so langsam: Es ist vorbei. Troja steht noch, die Drachen leben und sind glücklich. Joggen hingegen ist nie eine schlechte Idee und manche Kämpfe müssen gekämpft werden, auch wenn man sie nicht gewinnen kann. Und jetzt raus aus meinem Kopf, nehmt Inga mit. Die Show ist vorbei und sie war gut. Vorhang, Applaus.

Text: Inga Schörmann
         Kai Rieger
Fotos: Frank Grätz

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Kommentare

Sechs Kommentare
  • Ich war/bin seit einem Jahr in einer ähnlichen Situation wie Kai, deswegen kann ich seinen Text sehr gut nachvollziehen. Ja, es ist sehr schmerzhaft, aber ich bin trotzdem froh zu meinen Gefühlen zu stehen, auch wenn sie nicht geteilt werden. Die Frage ist letztlich wie geht man damit um? Dem anderen und sich selbst gegenüber. Man kann Gefühle nicht erzwingen und man kann sich auch nicht aussuchen was man fühlt, aber man kann selbst entscheiden wie man sich verhält.

  • Der Text ist genial... keine Worte

  • danke dass ich das lesen durfte!!
    richtig gute (traurige) Texte :)

  • Richtig gut geschrieben, sowas muss man sich erst mal trauen! :)
    Echt klasse Text!

  • Endlich mal etwas ehrliches, diese ganzen Liebesschnulzen mit einem ultraschönen Happyend kotzen doch an, da wo es am Ende heißt "Und sie lebten glücklich miteinander bla bla bla" das hier ist etwas ehrliches, herzhaftes und doch schreckliches, was aber passiert und man erkennt endlich mal, dass es nicht immer ein Happyend gibt, es auch mal richtig scheiße laufen kann. Ich hoffe trotzdem sehr für Kai dass er dadurch eine neue Chance sieht und sich auch jemanden sucht und dass Inga mit ihrem Freund glücklich wird - Absolut guter Text.

  • Super Text,genial geschrieben...heul...

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