Stell dir eine Welt vor, in der dein Lehrer von dir verlangt, als Elf oder Goblin durch Onlinewelten zu wandern, Quests zu lösen, Equipment zu sammeln und deinen Char zu leveln damit du deine Note verbessern kannst. "Gamification" nennt sich das Prinzip - SPIESSER-Autor Henk hat es sich für euch angesehen.
05. March 2014 - 15:18 SPIESSER-Autor Henk Marzipan.
"Die Legende von Zyrien". Die steht seit dem Sommersemester 2013 auf dem Lehrplan im Studiengang „Informationswissenschaft und Sprachtechnologie“ an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Die Studenten können zwischen typischen Fantasierassen wie Elf, Goblin, Ork oder (für die Fantasielosen) Mensch wählen, und die Wälder des Landes Zyriens erkunden. Nebenbei lernen sie für das Fach „Wissensrepräsentation.“
Verkleidungen sind optional
Das Spiel geht so weit, dass sich die Spieler in World-of-Warcraft-Manier in sogenannten „Gilden“ zusammenschließen und Aufgaben gemeinsam lösen. So kann man sich mit anderen Gilden vergleichen und gleichzeitig sehen, wo die anderen Spieler stehen. Das erzeugt Gruppenzwang treibt zum schnelleren Leveln an. Mit kommerziellen Spielen hat das Spiel jedoch wenig zu tun. Statt offenen 3D-Welten ist das Spiel nur textbasiert.
„Gamification“ nennt sich dieses Lernprinzip, bei dem Online-Rollenspiele dazu genutzt werden, Schüler oder Studenten auch bei trockenem Stoff am Ball zu halten. In den USA existiert es schon länger. Hier wird sogar das in Schweden entwickelte und inzwischen weltweit bekannte Onlinespiel Minecraft in den Lernprozess eingeschlossen. Schon Schulkindern sollen so grundlegende Kenntnisse im Umgang mit Computern vermittelt werden: wie man Aufgaben löst, oder im Fall Minecraft auch Welten erschafft. Außerdem können die Kinder, anders als in den Lernspielen der Neunzigern (Wer erinnert sich noch an „Addy“?), miteinander interagieren und so den sozialen Umgang im Netz lernen. Sogar die NASA (nicht zu verwechseln mit NSA) mischt bei der Gamification mit. Bei Moonbase Alpha müssen sich Schüler mit echter Wissenschaft auseinandersetzen, um den Trabanten virtuell zu bevölkern. Auch in Chile analysieren Studenten der Ökologie anhand von Onlinerollenspielen die Entstehung der Arten oder die Verbreitung von Seuchen. In Deutschland ist die Universität Düsseldorf derzeit Vorreiter.
Tests bleiben analog. Wie langweilig...
Das Konzept scheint aufzugehen: Die zuständigen Professoren sagen, dass ihre Studenten wesentlich motivierter und vorbereiteter in den Seminaren erscheinen. Einen ultimativen Abschlussgegner, der die Abschlussprüfung im Modul ersetzt gibt es leider nicht. Die muss noch ganz analog bestanden werden. Immerhin kann sich mit dem Onlinespiel ein Notenbonus von 0,3 bis zu einer ganzen Note erspielt werden.
Bleibt für mich eigentlich nur eine Frage offen: Haben Studenten das richtige Fach gewählt, wenn sie per Onlinerollenspiel motiviert werden müssen?
Text: Henric Abraham Fotos: Flickr-User Sobcontrollers (CC BY 2.0), Raoul van Wijk (CC BY-SA 2.0), Bill Selak (CC BY-ND 2.0)
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