"Ich bin ein Beuteltier - Fotoaktion von Stomaträgern"
„Ich bin Sabrina, 22 Jahre jung und habe einen Beutel am Bauch! Das Stoma hat mir mein Leben gerettet, denn ich leide an Morbus Crohn. Vor 2 Jahren bekam ich einen sehr heftigen Schub und musste nach 2-wöchigem Krankenhausaufenthalt notoperiert werden. Damals war mein erster Gedanke: Nein, dann kann ich nicht mehr tanzen und all die schönen Dinge im Leben unternehmen die Spaß machen. Ich bin dann nicht mehr liebenswert und weniger attraktiv, denn wer möchte eine Freundin mit so einem komischen Beutel am Bauch?
18. June 2014 - 21:57 von SPIESSER-Autorin SunnyGirl.
Doch es kam anders, ich habe meine neue Situation recht schnell akzeptiert und einfach weitergelebt und wieder angefangen zu tanzen! Das bedeutet mir sehr viel und war ein Ziel um nicht aufzugeben und weiter zu kämpfen. Auch meine Ausbildung konnte ich erfolgreich abschließen, dank verständnisvollen und hilfsbereiten Vorgesetzten und Kollegen. An dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön an die Tanzwiesel, meine Familie, meine Freunde und Arbeitskollegen, die mich in jeder Situation immer unterstützt haben! Das ich heute so offen damit umgehen kann habe ich unteranderem euch zu verdanken. Viel Mut haben mir auch die „Beuteltiere“, eine Selbsthilfegruppe auf Facebook, gemacht. Sie stehen immer mit Tipps und Rat zur Seite. Es ist ein gutes Gefühl damit nicht alleine zu sein!
An alle Betroffenen, gebt nie auf und versucht all das zu machen was auch immer euch glücklich macht.“
„Den Beutel an meinem Bauch kann ich durchaus auch mal zeigen“ - diese Meinung teilen immer mehr Stomaträger. Sie leben mit einem künstlichen Darmausgang und zeigen sich bei der Aktion "100 Tage - 100 Momente" so, wie sie sonst nicht zu sehen sind. Auf den selbst erstellten Aufnahmen wird der Beutel in ganz alltäglichen Situationen plötzlich sichtbar, bei der Arbeit, beim Sport, in einem Lieblings-Outfit oder an einem Lieblingsplatz. Seit dem 1. Mai zeigt die Foto-Aktion jeden Tag eine weitere Momentaufnahme und verzichtet dabei ganz bewusst auf ergänzende Kommentare oder persönliche Angaben. Eine gemeinsame Aktion gegen eigentlich längst überholte Vorurteile.
Natürlich binde ich im Alltag nicht jedem auf die Nase, dass ich einen Beutel am Bauch trage, der meine Körperausscheidungen auffängt. Warum auch? Er verschwindet ja unter der Kleidung und wird für andere unsichtbar. Ganz diskret, darauf legen Stomaträger Wert. Trotzdem könnte manches einfacher sein, wenn mehr über das Leben mit einem Stoma bekannt wäre.
Ein Stoma ist eine kleine Öffnung am Bauch, die mit dem Darm oder den Harnleitern verbunden ist. Sie wird von Chirurgen bewusst herbei geführt um schwerwiegende Folgen von Erkrankungen wie Morbus Crohn, Blasen- oder Darmkrebs zu verhindern und um Leben zu retten, z.B. nach einem Unfall mit Bauchverletzungen. Allein in Deutschland leben rund 160.000 Stomaträger, wie sich die Betroffenen selbst nennen. Ohne das man es ihnen ansieht.
Einige gehen selbstbewusst mit ihrem Handicap um, was anderen eher schwer fällt. Sie meiden bestimmte Situationen in der Öffentlichkeit und verzichten dann auf einen Badeurlaub, einen Kinobesuch oder auf das wöchentliche Kicken in ihrer Hobby-Mannschaft. Aus Angst, jemand könnte den Beutel sehen oder peinliche Geräusche bemerken und dann mit Ablehnung reagieren. Viele sind jedoch sogar froh, dass sie jetzt ein Stoma tragen: Lange Zeit konnten sie wegen einer chronischen Darmerkrankung nicht wirklich am Leben teilnehmen, ihr Alltag war bestimmt von Bauchschmerzen und ständigem Durchfall. Erst das Stoma hat ihnen neue Lebensqualität gegeben.
Das Stoma ist immer noch ein Tabu, wie vieles, was mit Körperausscheidungen zu tun hat. Zu Unrecht, denn seit rund 60 Jahren gibt es den hygienischen Stoma-Versorgungs-Beutel, wie ihn die Betroffenen heute am Bauch tragen. Er fängt die Ausscheidungen aus dem Stoma auf. Da riecht nichts, da dringt nichts nach außen.
Trotz der hohen Lebensqualität halten sich Vorurteile über den „künstlichen Darmausgang“ hartnäckig. Und verunsichern so stark, dass im schlimmsten Fall ein Patient diese für ihn lebensrettende Operation ablehnt. Aus einer Angst vor dem Leben danach, die größtenteils unbegründet ist. Ein Teufelskreis, den engagierte Stomaträger mit ihrer Foto-Aktion ein Stück weit aufbrechen möchten.
„Natürlich war die erste Zeit nicht einfach, aber der Beutel am Bauch wurde schnell zur Nebensache und er gehört seitdem einfach zu mir. Wir wollen gemeinsam zeigen, dass wir ein Leben führen wie jeder andere.“
Mut machen, Ängste nehmen und Vorurteile abbauen, das ist das Ziel der Stomaträger, die bereits ein Foto für diese Aktion eingesendet haben. Und immer mehr Betroffene beteiligen sich an der Aktion und tragen so zum Umdenken bei. Foto für Foto, 100 Tage lang.
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
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mxk
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