SPIESSER unterwegs

Idiot mit Flossen

Sie sind die Helden der Meere, braungebrannt und immer gut drauf: Surfer. Autorin Lina will auch dazugehören, doch das ist nicht so leicht. Eine Chronologie des Scheiterns.

28. October 2012 - 11:29
SPIESSER-Autorin Lina.
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Lina Offline
Beigetreten: 18.05.2009

Ausreiserin Lina testet für ein Semester das portugiesische Studentenleben.

Um mit dem Surfen zu beginnen, braucht man ein Brett und einen Strand. Portugals Küste misst über 700 Kilometer und so stehe ich zwei Wochen nach meiner Ankunft startklar am Wasser. Fürs Erste probiere ich es mit dem Bodyboard. So schwer kann es ja nicht sein, sich auf ein Brett zu legen, denke ich mir.

Heb den Entenfuß zum Gruß!

Wasser ist da, Surfen kann losgehen!

Mein Mitbewohner, selbsternannter Surflehrer, sieht das anders. Offenbar umfasst mein neues Hobby zunächst ein schweißtreibendes Aufwärm- training. Japsend laufe ich über den Strand, fühle mich wie ein Trottel – und so sehe ich auch aus. Meine Beine enden in etwas, das sie hier „Entenfüße“ nennen. Zu Deutsch: gelbe Schwimmflossen. Auch das Bodyboard überzeugt wenig. Es ist in etwa das, was der Smart unter den Autos ist: einfach zu kurz, um cool zu sein. Hochmotiviert watschele ich ins Wasser.

Zielsicher in Richtung Felsen

Keine gute Entscheidung, wie sich herausstellt. 15 Grad bleiben selbst mit Neoprenanzug 15 kalte Grad und die Brandung verwandelt meine Flossen in unkoordinierbare Ruder. So muss es sich anfühlen, wenn die Mafia dich mit Schuhen aus Beton versenkt: kein Entkommen. Die erste Welle rollt heran, dann schon die nächste. Jemand schreit „Tauchen! Paddeln! Tauchen!“ – zumindest klingt es so. Meine Ohren sind längst voll Wasser. Irgendwann schaffe ich es dann doch, das Brett zu drehen und die Welle trägt mich tatsächlich – zielsicher in Richtung Felsen. Nach einer peinlichen Rettungsaktion und einem Vortrag über Schwimmflossen, die man niemals ausziehen darf, habe ich endgültig genug vom Mitbewohner-Surflehrer-Albtraum und melde mich in einer richtigen Surfschule an.

Daumen hoch?

Grün, die Farbe der Hoffnung und der Anfänger

Mit mir am Strand stehen jetzt andere Anfänger und der Surflehrer André. Einer, wie ihn das Klischee nicht besser schaffen könnte. Sein Teint ähnelt dem eines Grillhähnchens, unserer dagegen dem einer Wasserleiche. Um Könner und Dilettanten aber auch ganz sicher zu unterscheiden, müssen wir grüne T-Shirts tragen.

Gern würde ich eine Debatte über Stigmatisierung anfangen, aber ich habe keinen Atem mehr. Mein Brett ist jetzt ein Passat Variant: lang und behäbig, beim Tragen also ziemlich schwer. Noch im Trockenen üben wir das Aufstehen. Vier Positionen sind das – fürs Wasser hätten zwei gereicht. Denn bis zum Hinstellen ist es ein langer Weg. Nach einigen Stürzen verstehe ich, warum André ständig die Daumen hochstreckt. Es ist kein Kompliment, sondern ein Wegweiser, damit wir wissen, wo oben ist. Allmählich habe ich diese Gebärdensprache aber nicht mehr nötig. Schon nach gefühlten Stunden schaffe ich es in den Stand. Was für ein Triumph! Die Welt rauscht vorbei, auf einmal gibt es nur noch die Welle und mich.

Lässig sein für Anfänger
Ihr habt auch Spannendes aus dem Ausland zu berichten? Dann schreibt doch für SPIESSER.de. Die Infos gibts bei Redakteurin Milena.

Hinterher gönne ich mir einen Blick auf meine Mitstreiter. Die meisten spucken Wasser, einer gleitet im Schritttempo Richtung Strand. Ich muss viel schneller gewesen sein. Unser Lehrer kann das allerdings nicht bestätigen: „Aber für Anfänger macht ihr das nicht schlecht." Wir seien schon fast so gut wie die Kinder aus seiner Vormittagsgruppe. Die sind elf, wir also rund zehn Jahre zu spät. Das gilt es aufzuholen: Nach der ersten Stunde sind sich alle sicher, den Kurs nicht bis November sonders bis Dezember weiterzumachen. Das Wasser ist hier schließlich immer kalt. Und obwohl die Sonne gar nicht scheint, bin ich sicher: Wir sind schon ein bisschen brauner geworden. Ein bisschen lässiger. Ein bisschen mehr wie Surfer.

 

Text: Lina Verschwele, Fotos: privat

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Kommentare

Zwei Kommentare
  • Wow klingt nach einen anstrengendem aber tollen Ausflug. Mach Lust zum Nachmachen. Ich war bis jetzt nur eine Woche an der Ostsee Windsurfen, aber anscheinend sollte ich mal in den Süden fahren. Super Artikel.

  • Tja, bei dir wars das Surfen, bei mir das skaten...

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