Ellen Page in einer neuen, alten Rolle der Nell. Die in den verlassenen Wäldern Kanadas ohne Strom, ohne Zugang zur Außenwelt, nur mit ihrer Schwester gegen das Ungewisse eines Gesellschaftswandels ausharrt und ums Überleben kämpft.
23. February 2017 - 09:18 SPIESSER-Autorin cucumber.
Nell und Eva leben in nicht allzu ferner Zukunft mit ihrem Vater in den kanadischen Wäldern. Bis zur nächsten Stadt sind es viele Kilometer und die drei versuchen sich ein möglichst autonomes Leben fernab der Zivilisation aufzubauen. Während der Vater an der Solaranlage oder dem Haus bastelt, stürzen sich seine beiden Töchter in die Vorbereitungen für ihre Aufnahmetests: die ältere Tochter Eva will Tänzerin werden und die jüngere Nell büffelt medizinische Fachbegriffe.
Selbstversorgung ist angesagt.
Doch eines Tages wird die Idylle aus ihren Angeln gehoben. Der Strom, das Funknetz, schlicht jegliche Verbindung zur Außenwelt wird gekappt. Die ultramodernen Glasfernseher, Glastelefone und sogar das alte Radio bleiben tot. Und so beginnt das Ausharren der Familie, die nach und nach ahnt, dass hier eventuell mehr im Busch ist als nur eine vorübergehende Notsituation. Aus Wochen werden Monate und der Tod des Vaters bringt die beiden Schwestern an den Rand ihrer Beziehung zueinander und schweißt die beiden konträren Charaktere im Kampf ums Überleben neu zusammen.
Wer spielt mit?
Ellen Page (Nell), ist nicht zuletzt durch ihre Rollen in „Juno“, „To Rome with Love“ und „Inception“ bekannt geworden. Die Kanadierin initiierte die Dreharbeiten zu „Into the Forest“, inspiriert durch den gleichnamigen Roman von Jean Hegland.
Evan Rachel Wood (Eva), eine US-amerikanische Schauspielerin, hatte ihren Durchbruch mit „Dreizehn“ (2003) und war seitdem in verschiedenen Rollen in Kino („Happy Fish“, „Whatever Works“) und Fernsehen (Serie: „Stranger Things“) zu sehen. Durch ihre Tanzausbildung ist die Rolle der Eva wie für sie zurechtgeschneidert.
Auf einen Blick
Action: ✪ ✪ ✪
Romantik: ✪
Humor: ✪ ✪
Niveau: ✪ ✪ ✪
Bildungsfaktor: ✪ ✪ ✪
Filmischer Augenschmaus?
Eine Vielfalt an Perspektiven, Zoomschnitten und Naturaufnahmen macht den Film optisch auf jeden Fall attraktiv. Die Szenen der beiden Schwestern voller Freude, Angst oder Schmerz sind immer eindringlich und gänsehautbereitend. Kerzenschein, Sonne, Schatten, Farben und das Grau der langen Tage spiegeln die Stimmung direkt wieder, die erzeugt werden soll. Man muss nur hinschauen und hinhören und schon weiß man, was man fühlen soll.
Besonders Evan Rachel Woods Tanzeinlagen bei Kerzenlicht und im Takt des Metronoms sind Motive, die sich dauerhaft einprägen und einen nicht zu verleugnenden Zauber in sich tragen.
Gibt's was zu meckern?
Die Erwartungen, die durch Trailer und Cast geweckt wurden, konnte der Film leider nicht erfüllen. Während man sich nach dem ersten Drittel des Films an den untypischen, stillen und persönlichen Umgang mit der Es-könnte-wirklich-bald-soweit-kommen-Dystopie gewöhnt hat, bleibt die erhoffte Spannung leider aus. Die Handlung hat Sprünge, die in keiner logischen chronologischen Reihenfolge einzuordnen sind. Zum Beispiel bleibt der Winter aus, dabei spielt der Film in Kanada. Einige der Motive der Schwestern scheinen eher aus optischen als aus Gründen der passenden Entscheidung der Charaktere getroffen worden zu sein. Wer hackt schon in einem Blümchenkleid Holz oder geht in den Wald, wenn er Angst hat?
Vielleicht nicht jeder und auch nicht sehr viele. Es besteht jedoch die Chance sich von der Feinfühligkeit des Films so vereinnahmen zu lassen, dass das ein oder andere Herzchen ein paar Tränen hervorbringt.
Mit wem angucken?
Breite Mischung aus allen, die sich zufällig einfinden, um gemeinsam einen Film zu schauen. Der betagte Science-Fiction-Fan wird enttäuscht sein. Der sonst diesem Genre kritisch Gegenüberstehende, könnte durch diese nicht ganz so typisch Verfilmung eines Zukunftsschlamassels vielleicht einen neuen Zugang bekommen. Oder alleine anschauen. Hat vielleicht auch einen interessanten Effekt.
Die beiden Schwestern sind nun auf sich allein gestellt.
Was macht man danach?
Durchatmen, sich die Chance geben darüber nachzudenken, da einige der Ideen des Films es wert sind, und sich von den Klischeemotiven dabei nicht zu sehr beeinflussen zu lassen. Hat man das geschafft, geht man entweder ins Bett oder diskutiert es mit den Freunden aus. Es könnte doch das ein oder andere gute Gespräch daraus hervorgehen, egal ob man den Film gut oder schlecht fand.
In 3 Worten:
Lückenhaft. Dystopisch. Persönlich.
Große Leinwand oder kleiner Bildschirm?
Kleiner Bildschirm, eindeutig. Die gewaltigen Naturaufnahmen, die der Titel verspricht, bleiben aus. Wald und Haus sind zwar immerwährende Motive, jedoch stehen die beiden Schwestern im Vordergrund. Und mit ihnen Großaufnahmen von Schmerzen, Tränen und Schönheit. Dafür lohnt es sich nicht unbedingt die Leinwand auszurollen.
Mainstream oder Independent?
Trotz Ellen Pages Berühmtheit auf jeden Fall eher Independent. Manchmal hat man das Gefühl, dass der Film versucht eben dies nicht zu sein. Jedoch schafft er den Sprung dafür nicht vollständig.
Into the Forest
Regie: Patricia Rozema Schauspieler: Ellen Page, Evan Rachel Wood, Callum Keith Rennie, Max Minghella, Robert Michael Eklund DVD-Start: 17.02.2017 Länge: 101 Minuten Genre: Komödie/Drama FSK: 12
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