Schmökern

Katja Stenzel:
„Für die Familie“

„Für die Familie“ lautet der Debütroman von SPIESSER-Autorin Katja Stenzel. Es handelt sich um eine Liebes- und Familiengeschichte, deren Hauptfigur die rebellische und gewitzte 18-jährige Kim ist. Ihr Leben ist geprägt von kaputten Beziehungen sowie versteckten Ängsten, die sie eine Fassade haben aufbauen lassen. Nach außen cool und frech, innerlich enttäuscht und hin- und hergerissen. Katja Stenzel beweist mit ihrem Werk deutlich, dass sie literarisches Talent besitzt. Es kann nur im Sinne der Leser sein, dass es nicht bei diesem einen Roman bleibt.

16. September 2020 - 12:12
SPIESSER-AutorIn Thomas Alb.
Deine Bewertung bewertet mit 5 5 basierend auf 2 Bewertungen
Thomas Alb Offline
Beigetreten: 23.06.2019

Worum geht’s?

Kim scheint auf dem ersten Blick eine normale junge Frau. Sie geht gerne Feiern, testet ihre Grenzen aus und hat Stress mit den Eltern – also ihrem Vater Sebastian. Und damit fängt es auch schon an: Ihre Mutter ist frühzeitig verstorben und das Verhältnis zu ihrem Vater ist mehr als nur pubertätsbedingt angespannt, es ist regelrecht zerrüttet. Außerdem trauert sie ihrer Mutter hinterher, die bei einem Verkehrsunfall verstarb, kurz nachdem sie sich dazu entschlossen hatte, sich von ihrem Vater zu trennen. Aber nicht nur ihre Mutter hat Kim „im Stich gelassen“, sondern auch ihre beste Freundin Becca, die sich ihr junges Leben selbst genommen hat. Auch Elias, der Ex-Freund ihrer Schwester Annabelle, der wie ein großer Bruder für sie war, ist aus ihrem Leben verschwunden. Zwar ist er nicht tot, jedoch weg und unerreichbar, nachdem ihre Schwester Schluss gemacht hat. Somit scheint Kim ziemlich auf sich allein gestellt zu sein. Sie sucht ihr Glück in den Armen wechselnder Kerle und in Clubs, in denen sie als Musikerin auftritt. Die Musik ist ihre große Leidenschaft – und ein Grund dafür, dass das Verhältnis zu ihrem Vater so schlecht ist. Nachdem sie ihren ganzen Mut zusammengenommen hatte, um ihm von ihrem Berufswunsch zu erzählen, reagierte dieser nur mit Spott.

Der Graben zwischen Tochter und Vater scheint unüberwindbar, auch als der Opa von Kim, der der Vater von Sebastian ist, im Sterben liegt. Gedrängt von ihrem Vater, kommt Kim ans Sterbebett ihres Opas, aber nur um sich schnell wieder aufzumachen. Sie vergisst ihr Handy und als sie wiederkommt, um es zu holen, trifft sie auf ihre Oma Maria. Die Frauen beginnen sich regelmäßig wiederzusehen, was Kim und ihre Familie nachhaltig verändern soll.

„Für die Familie“

Autorin: Katja Stenzel
Veröffentlichung: 15. Juli 2020, BoD – Books on Demand
Seitenzahl: 228

Wer steckt dahinter?

Laut Lovelybooks wurde Katja Stenzel 1998 in Görlitz geboren. Sie studiert Kommunikations- und Politikwissenschaften und schreibt Artikel für verschiedene Medien, unter anderem dem SPIESSER. Die Autorin betreibt einen Instagramkanal namens „artgenossin_“, auf dem sie vor allem über ihr Erstlingswerk informiert.

Kurz und knapp oder dicker Schinken?

„Für die Familie“ ist ein klassischer Kurzroman mit etwas mehr als 200 Seiten. Durch Zeitsprünge und emotionale Wendungen, liest sich das Buch schnell und lässt keine Langatmigkeit aufkommen. So kann es gut und gerne in ein oder zwei Tagen bewältigt werden.

Für die Bahn, den Sessel oder den Pausenhof?

Für den Sessel oder das Bett. Beispielsweise zu Hause nach einer partyreichen Nacht. Vielleicht erkennt man sich ja dann an der einen oder der anderen Stelle wieder.

Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie schwer ist es, das Buch wegzulegen?

Hat man erstmal angefangen ein paar Seiten zu lesen, kann man schon schnell am Lesestoff hängen bleiben. Das liegt schlicht an der Vielschichtigkeit des Hauptcharakters. Kim provoziert und sorgt für Momente, in der man sie für respektlos und ungezogen hält. Doch schon im nächsten Moment sieht man in ihr das durch Scheidung und den Tod ihrer Mutter verletzte Kind, das nach Ablenkung sucht.  Die Beziehungen im Roman „Für die Familie“ sind nicht statisch. Stattdessen unterliegen sie einer Dynamik, in der sich die verhärteten Fronten mit der Zeit auflösen und das Gegenüber verständlicher wird. Ablehnung weicht Liebe, Angst dem Mut, die Fassade dem wahren unperfekten Selbst. Deswegen gibt’s von mir eine 9.

Wem borgt man es nach dem Lesen als erstes?

Allen Leuten, die Beziehungsstorys lieben, die in jedem Kaputtsein auch die Chance auf Heil sehen und die gern auch mal die Konventionen brechen.

Selbst ein Buch schreiben - wie läuft das eigentlich ab?

SPIESSER-Autorin und Autorin des Romans "Für die Familie" Katja hat es für euch zusammengefasst. Ihre ganze Autoren-Story lest ihr hier.

 

Lieblingszitat:

„Eigentlich bin ich der coole Typ.
Der textsichere Typ.
Typ Alles sitzt.
Typ Improvisationskünstler, falls doch etwas schiefläuft.
Aber heute Nacht ist es anders.“

In drei Worten:

Familie. Beziehungen, Überwindung.

 

Text: Thomas Alb
Cover: Katja Stenzel
Teaserbild: Photo by Elice Moore on Unsplash

Dir gefällt dieser Artikel?

Kommentare

Jetzt bist du dran!
Mehr zum Thema „Schmökern
  • teaserette
    Schmökern

    Jennette McCurdy „I'm Glad My Mom Died“

    „I’m glad my Mom died” ist nicht irgendeine Biografie aus Hollywood. Klar, hier geht es um das harte Leben im Scheinwerferlicht (Alkoholprobleme inklusive). Und ja, es geht auch um schlimme Verluste. Aber vor Jennette McCurdy hat noch niemand gewagt, so öffentlich über seine

  • Kathi99
    Schmökern

    Rätseln im Sherlock Holmes Universum

    Du suchst nach einem Zeitvertreib in den anstehenden Sommer- oder Semesterferien? Oder hast Langeweile auf der Zugfahrt zum Ferienziel? Dann begleite doch Sherlock Holmes Assistenten Dr. Watson in zehn kniffligen Escape Room-Rätseln. SPIESSER-Autorin Katharina hat für dich schonmal ein bisschen

  • Kathi99
    Schmökern

    Wir sind doch mehr gleich als verschieden

    Was für viele Menschen eine klare Entscheidung zwischen zwei Boxen ist, kann für einige ein undefinierbares Spektrum sein, in dem es sich nur schwer festzulegen gilt. Und das muss man auch nicht - das macht Louie Läuger in „Gender-Kram“ deutlich. Mit viel Einfühlungsvermögen

  • piapan
    Schmökern

    Wann, wenn
    nicht „Jetzt“?!?

    SPIESSER-Autorin Patricia hat sich das ominöse Buch "Jetzt" von Annalena Baerbock zu Gemüte geführt und war ungeachtet aller Vorwürfe spontan hellauf begeistert. Warum? Das verrät sie euch in ihrer Rezension.

  • PhilippSch
    Schmökern

    Linus Giese:
    „Ich bin Linus“

    „Ich bin Linus“ – ein Satz, der eigentlich total normal klingt. Für den Buchhändler und Blogger Linus Giese ist es aber ein Satz, der sein Leben fundamental verändert hat und ihn zu dem machen konnte, was er schon immer war und ist: Ein Mann. In seinem autobiographischen

  • Em
    Schmökern

    Ursula Poznanski: „Cryptos“

    Was ist, wenn Umweltkatastrophen unsere Welt zerstören? Die Realität draußen so schrecklich ist, dass sie nicht mehr auszuhalten ist? Dann entwickeln die Menschen Technologien, um dem zu entkommen. Geräte, die es einem erlauben virtuell in programmierten Welten zu leben. Doch währenddessen

  • JasminWe
    Schmökern

    Emilie Turgeon: „Nur mit dir“

    Dass wir unsere Außenwelt hören können, scheint uns allen selbstverständlich. Doch was, wenn du von einem Tag auf den anderen taub wirst? Gefangen in deiner eigenen kleinen Welt, ohne jegliches Geräusch? Als Teenagerin in einer kanadischen Kleinstadt erlebt Roxanne genau dieses

  • Kalendermensch
    Schmökern

    Bushra Al-Maktari: „Was hast du hinter dir gelassen?“

    Seit fünf Jahren herrscht in Jemen ein gewaltiger Krieg. Die Journalistin Bushra Al-Maktari möchte den Hinterbliebenen eine Stimme geben und hat in „Was hast du hinter dir gelassen?“ die Schicksale der Menschen aus ihrem eigenen Land aufgeschrieben. SPIESSER-Autor Vincent verschlägt

  • Sophie Schoen
    Schmökern

    Maja Göpel: „Unsere Welt neu denken“

    Um für eine lebenswerte Zukunft zu sorgen, sollten wir unsere Wirtschaftsweise überdenken. In ihrem neuen Buch lädt Maja Göpel dazu ein, über unsere Welt nachzudenken und bietet Alternativen zum nachhaltigen Wirtschaften an. SPIESSER-Autorin Sophie hat reingelesen.

  • Little Miss Wonder
    Schmökern

    Jo Schück: Nackt im Hotel – Wie Freundschaft der Liebe den Rang abläuft

    Frauen und Männer, Liebe, Familie und Freundschaft, F+ oder Beziehung: In seinem neuen Buch „Nackt im Hotel“ analysiert der Journalist Jo Schück unser gesellschaftliches Zusammenleben. SPIESSER-Autorin Annika hat mehr über die unterschiedlichen Formen zwischenmenschlicher Beziehungen

  • Sarah
    Schmökern

    Christian Linker: „Influence – Fehler im System“

    Stell dir vor, das Internet ist weg. Dann könntest du nicht nur diesen Text hier gerade nicht lesen … Was noch alles passieren könnte, steht in Christian Linkers neuem Thriller „Influence – Fehler im System“, den SPIESSER-Autorin Sarah für euch gelesen hat.

  • PhilippSch
    Schmökern

    Kübra Gümüşay: „Sprache und Sein“

    „Wie können wir frei sprechen?“, fragt die Aktivistin Kübra Gümüşay. In ihrem frisch erschienenen Buch beschäftigt sie sich genau mit dieser Frage – und vielen weiteren zu Sprache und Gesellschaft. SPIESSER-Autor Philipp hat reingelesen.

  • Blütenblatt
    Schmökern

    Margarete Stokowski: „Die letzten Tage des Patriarchats“

    Margarete Stokowski gilt spätestens seit ihrem Buch „Untenrum frei“ als eine wichtige Vertreterin des modernen Feminismus. Nun ist ihr zweites Werk „Die letzten Tage des Patriarchats“ auch als Taschenbuch erhältlich. Aus diesem Anlass hat SPIESSER-Autorin Naomi das Buch

  • Kristel.94
    Schmökern

    Ian McEwan: “Die Kakerlake”

    Drei Jahre beherrschte das Thema Brexit die britische Politik. Für viele wirkte der geplante Austritt aus der EU schlichtweg absurd – so auch für Autor Ian McEwan, der seinen Ärger darüber in eine polemische Dystopie einfließen ließ.

  • teaserette
    Schmökern

    Melanie Bayer: „Affen in meinem Kopf“

    Mit „Affen in meinem Kopf“ veröffentlichte Autorin Melanie Bayer im Grunde ihre Biografie. Es geht zwar um Charly Fuchs, eine junge Frau mit mehr Downs als Ups in ihrem Leben. Das Mobbing in der Schule als Lesbe und später im Beruf im medizinischen Bereich kommt allerdings direkt

  • PhilippSch
    Schmökern

    Luisa Neubauer: „Vom Ende der Klimakrise“

    Wie sieht das Ende der Klimakrise aus? Wer trägt die Verantwortung für die Zukunft aller Menschen, gerade derer, die mit Fridays For Future auf die Straße gehen? Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat mit Soziologe und Politökonom Alexander Repenning das Buch „Vom Ende der

  • nicohaji
    Schmökern

    Arkady Martine: Im Herzen des Imperiums

    Nach dem Tod ihres Vorgängers wird Mahit Dzmaew die nächste Botschafterin der Lsel-Raumstation im texicalaanischen Imperium. Dort bemerkt die Botschafterin Ungereimtheiten in dem offiziellen Bericht über den Tod des Diplomaten.

  • tom.schmidtgen
    Schmökern

    Lukas Rietzschel: „Mit der Faust in die Welt schlagen“

    Wie sieht ein Aufwachsen im ländlichen Sachsen aus? Lukas Rietzschel zeichnet ein düsteres Bild zweier Brüder, die auf der Suche nach Halt in einen rechtsextremen Freundeskreis abdriften.

  • Blütenblatt
    Schmökern

    „Durchbruch – Der Weinsteinskandal, Trump und die Folgen“

    Lange war die systematische Kultur der sexuellen Belästigung und Einschüchterung in Hollywood ein offenes Geheimnis. Trotzdem traute sich niemand dagegen vorzugehen. Bis der Journalist Ronan Farrow die unzähligen Fälle von sexueller Belästigung und Missbrauch an die Öffentlichkeit

  • VanessaJason
    Schmökern

    Julia Engelmann: „Keine Ahnung, ob das richtig ist“

    Julia Engelmann bedient mit ihrem neuen Werk eine vielfältige Palette an Themen, die jedermann beschäftigen, vor allem junge Erwachsene: Liebe, Erwachsenwerden, Ängste und Hoffnungen, Neuanfang. Ihre bekannte Stimme hat sich so in das Gedächtnis eingebrannt, dass man sie beim Lesen

  • Mitdenkerin
    Schmökern

    Sophie Passmann: „Frank Ocean“

    Jeder hat diesen einen Song, der es irgendwie schafft, einen auf eine ganz besondere, persönliche Weise zu berühren, der im richtigen Moment da ist und einem das Gefühl gibt, als sei er nur für einen selbst geschrieben worden. Sophie Passmann weiß was ich meine. In ihrem neuen

  • Kevin Groth
    Schmökern

    Artur Dziuk: „Das Ting“

    In „Das Ting“ geht es um ein Start-Up-Projekt von vier sehr unterschiedlich motivierten Personen. Sie entwickeln eine App, die alles überwacht und den Anwender zum perfekten Menschen formen will. Es ist die erschreckend realistische Schöpfung eines digitalen Beobachters zwischen

  • nicohaji
    Schmökern

    Karina Sainz Borgo: „Nacht in Caracas“

    Es ist „Nacht in Caracas“, ein Roman, der den Leser auf eine Reise in ein Land nimmt, das politisch jüngst Schlagzeilen machte. Hoffnung auf ein besseres Leben in Caracas haben die Menschen nicht mehr. Stattdessen herrschen Hunger und Gewalt. Der Roman über Venezuela, die alte Heimat

  • strumpfmitloch
    Schmökern

    Robert Prosser: „Gemma Habibi“

    Lorenz, Z und Elena sind drei junge Menschen, die darum kämpfen, ihren eigenen Weg gehen zu können. Robert Prosser beschreibt in seinem Roman „Gemma Habibi“ eine Freundschaft, die über Kontinente besteht und sich auf das Bedürfnis stützt, die Welt verstehen zu wollen.

  • Em
    Schmökern

    Aris Fioretos: „Mary“

    Was ist, wenn unsere Friedenszeit vorbei ist? Wenn ein Willkürregime Menschen in eine Maschinerie einschleust, die Gewalt legitimiert? Mary, eine Studentin in den 70er Jahren, findet sich dort wieder. Und zeigt dabei auf, wie aktuell das Thema ist. Denn diese Geschichte kann überall stattfinden, jederzeit.

  • Cherilia
    Schmökern

    Ulrike Herwig: „Das Leben ist manchmal woanders“

    Der fünfzehnjährige Gregor, der auch im Sommer stolz seine Pelzmütze trägt, wird für seine Eigenarten belächelt, am meisten von seiner Tante und ihrem Mann. Ein Unfall bringt die drei jedoch näher zusammen und lässt sie ihre Vorstellung davon, was „normal“

  • nana_nessaja
    Schmökern

    Pauliina Susi: „Die Kollision“

    Ein Kreuzfahrtschiff aus Plastik, an dessen Bord die Italo-Diskoschlager und die aufgesetzte Heiterkeit schlimmere Kopfschmerzen verursachen als ein Nachmittag bei IKEA. Die Schwestern Leia und Ripsa mittendrin – umgeben von undurchsichtigen Gestalten. Anderswo auf dem Mittelmeer eine Familie im

  • Sarah
    Schmökern

    Jussi Adler-Olsen: „Selfies“

    Was an dir bist du selbst? Und was an dir ist das Produkt des Einflusses der Gesellschaft und deiner Umgebung? Nachdem SPIESSER-Autorin Sarah den Thriller „Selfies“ von Jussi Adler Olsen gelesen hat, beschäftigt sie sich mit der Frage noch mehr als vorher.

  • Marlene Vol
    Schmökern

    Carolin Wahl: „Staat X“

    „Staat X“ ist wie ein Traumbild, das mit der Zeit immer weiter eskaliert. Es geht um Liebe, Freundschaft, aber auch Intrigen und letztendlich Gewalt. Im Buch lernt man die handelnden Personen mit ihren Problemen kennen und erfährt die Handlung durch ihre Brille.

  • Little Miss Wonder
    Schmökern

    Richard Wright: „Sohn dieses Landes“

    Ein Leben voller Hass und Vorurteile – damit muss Bigger Thomas jeden Tag umgehen. Im Amerika der 1920er Jahre ist die afro-amerikanische Bevölkerung unterdrückt und lebt in einer Spirale der Gewalt. Hauptprotagonist Bigger lässt euch an seinem Leben teilhaben – und an einem