Schmökern

„Kein Autor muss das Rad neu erfinden“

Anne Freytag schreibt auch als Ally Taylor. SPIESSER-Autorin Anna hat Freytags neuen Roman „Mein bester letzter Sommer“ gelesen und mit ihr über ihren letzten Sommer, Stimmen im Kopf und das Autorendasein geplaudert.

17. March 2016 - 17:21
SPIESSER-Autorin annaweigelt.
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annaweigelt Offline
Beigetreten: 17.03.2015

„Mein bester letzter Sommer“ heißt dein neuer Roman. Was war dein bester letzter Sommer?

Anne Freytag: Na hoffentlich hatte ich den noch nicht! (lacht) Viele schöne Momente verbinde ich mit Italien – dieses Land spielt auch im Buch eine große Rolle. Oft bin ich aber auch einfach in München. Hauptsache, ich habe meinen Freund, meine Freunde und Haselnusseis.

Das Buch handelt von einem 17-jährigen Mädchen und ihrer ersten großen Liebe. War es eine neue Erfahrung, ein Jugendbuch zu schreiben?

Ich habe schnell gemerkt, dass „Mein bester letzter Sommer“ ein All-Age-Roman wird. Denn uns Menschen interessieren immer dieselben Dinge. Obwohl die Protagonisten bei „Sex And The City“ Mitte 30 sind, geht es um die gleichen Themen, über die auch 16-Jährige sprechen. Doch bei jungen Menschen ist alles absoluter. Die erste Liebe ist nun mal die erste Liebe. Viele Teenager glauben noch daran, dass es für immer hält. Wenn man Jugendliche und die Themen, für die sie sich interessieren ernst nimmt, kaufen sie es einem ab.

In deinem Vlog „Das Wort zum Freytag“ hast du unter anderem „The Fault in Our Stars“ von John Green rezensiert. War dieses Buch Inspiration für „Mein bester letzter Sommer“?

Die Idee zum Buch hatte ich schon ziemlich lange. Und „Fault in Our Stars“ habe ich tatsächlich geliebt. Doch nachdem ich es gelesen hatte, wollte ich mein eigenes Buch nicht mehr schreiben. Ich wollte nicht, dass man denkt: „Noch so eine, die denkt, Krebsbücher verkaufen sich gut“. Obwohl beide Bücher wenig gemeinsam haben. Trotzdem habe ich meine Idee verworfen – bis ich mir gedacht habe: Wenn ich das Buch nicht schreibe, dann wäre es so, als würde man nie wieder eine Liebesgeschichte schreiben, nur weil es schon andere Liebesgeschichten gibt. Kein Autor muss das Rad neu erfinden. Er muss nur etwas Eigenes draus machen.

Anne Freytag
Anne Freytag liebt Musik, Serien und Reisen.  Nachdem sie International Management studierte und als Grafikdesignerin gearbeitet hat, erfüllte sich die 33-Jährige ihren Lebenstraum und widmete sich vollständig dem Schreiben. Als Self-Publisherin durchgestartet, schreibt die junge Autorin unter ihrem eigenen Namen und zwei Pseudonymen.
Wie gehst du vor, wenn du ein Buch schreibst?

Ganz wichtig ist mir „Pinterest“. Stundenlang suche ich mir Material zusammen: wie die Häuser aussehen, die Gegend, die Hauptpersonen. Das ist quasi meine Hauptrecherche. Dann schreibe in mein sogenanntes Exposé über die Charaktere, ihre Eigenschaften und füge alle Bilder ein. Meine Exposés sehen dann aus wie ein seltsames Theaterstück.

Deine Bücher erscheinen nicht nur unter deinem eigenen Namen, sondern auch unter dem Pseudonym Ally Taylor. Wieso?

Das Dilemma ist, dass Verlage immer nur ein Genre pro Autor haben wollen. Ich schreibe wahnsinnig gerne realistische Geschichten. Aber eben auch klischeehafte, kitschige Schmöker. Ally Taylor darf Liebesgeschichten mit Happy End schreiben. Anne Freytag schreibt über Lebensgeschichten, mit offenem Ende oder sogar einem Tod auf der letzten Seite.

Bevor du zum Schreiben gekommen bist, hast du International Management studiert. Nun verlegst du deine Bücher unter anderem selbst. Wie bist du zum Self-Publishing gekommen?

Nach dem Studium fand ich keine Arbeit, deswegen habe ich mich zur Grafikdesignerin umschulen lassen. Nebenbei geschrieben habe ich die ganze Zeit. Meine Bücher schickte ich an Verlage, bekam jedoch immer Absagen. Irgendwann riet mir mein Bruder, es mal mit Amazon zu versuchen und meine Bücher auf eigene Faust zu verkaufen. So habe ich dann meine ersten Romane selbst herausgebracht.

Wie ist es, selbstständig zu arbeiten?

Meinen Vermieter interessiert nicht, was ich beruflich mache. Etwas verdienen muss man also. Aber ich liebe einfach meine Arbeit. Mein Beruf ist der einzige, bei dem man Stimmen hören kann – und keiner hält es für komisch.

Was ist dein nächstes Projekt?

Ich habe eine Leseprobe für ein neues Jugendbuch geschrieben. Mir ist aufgefallen, dass in letzter Zeit immer derselbe weibliche Typ im Mittelpunkt steht. Eine brünette, schüchterne Jungfrau, die nicht weiß, wie toll sie eigentlich ist. Das ist langweilig. Ich möchte über eine 16-Jährige schreiben, die mit den falschen Jungs ins Bett geht und die weiß, dass sie hübsch ist. Als ich in dem Alter war, hätte ich gern Bücher über Menschen gelesen, die Fehler machen, wissen, dass sie Fehler machen und sie trotzdem machen. Es muss nicht immer alles aalglatt sein, es kann auch mal Ecken und Kanten geben.

Wie SPIESSER-Autorin Anna das neuste Werk aus der Feder von Anne Freytag findet, lest ihr in ihrer Rezension zu „Mein bester letzter Sommer“. Hier geht's lang!

Interview: Anna Weigelt
Teaser-Foto: Claudia Wehner
Autoren-Foto: Michael Tasca | Studio Tasca

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