17. Januar 2015 – Starbucks, Köln 3.127 ABONNENTEN
Heute treffe ich Nick zum ersten Mal. Er kommt gerade von einem Meet and Greet mit seinen Fans. Regelmäßig organisiert der 16-Jährige Treffen, um seinen treuen Zuschauern näher zu kommen. Trotz eisiger Kälte sind rund 20 NickInside-Abonnenten – größtenteils weibliche, gesteht Nick mir grinsend – angereist, um ihr Idol auf der Domplatte in Köln zu treffen.
Stolz präsentiert er mir Plakate, die die Mädels für ihn gebastelt haben. Rosa Herzchen und Liebesgeständnisse springen mir ins Auge. Gleich denke ich an One Direction-Schwärmereien. Doch davon ist Nick noch weit entfernt, weiß er selbst: „Auf der Straße erkennt mich eigentlich niemand.“ Wir plaudern ein bisschen über Zukunftspläne und mir wird klar, dass Nick absolut nicht von seinem ersten Erfolg geblendet ist.
Seine Ziele sind bodenständig und realistisch. Nach der Mittleren Reife will er eine Ausbildung im Bereich Medien machen – aha, die Richtung bleibt also die Gleiche. „Leben kann ich von meiner Arbeit natürlich nicht“, gesteht er, aber sein Taschengeld kann er so aufbessern. Unterstützt wird er dabei von Mediakraft Networks.
26. Januar 2015 – Nick am Telefon, 3.250 ABONNENTEN
Ich telefoniere mit Nick – er wirkt ziemlich platt, aber guter Laune. Er erzählt mir, dass er sein erstes YouTuber Lasertag-Event organisiert hat – und es war ein voller Erfolg. Das Prinzip ist einfach: Er bucht eine Halle, sucht Sponsoren, trommelt einige YouTuber-Kollegen zusammen und schon geht es los. Fast 300 Fans waren dabei, 16 YouTuber haben insgesamt acht Lasertag-Runden gespielt – und Nick war natürlich mitten drin.
Jeden zweiten Sonntag soll eine neue Folge auf seinem Kanal erscheinen. Seine Abonnentenzahl hat die Veranstaltung eher wenig beeinflusst. Doch darauf kommt es ihm nicht an, meint er: „Mir geht’s einfach darum, dass wir einen richtig geilen Tag erleben und ich zeigen kann, was ich drauf hab.“
18. März 2015 – Nick am Telefon, 3.400 ABONNENTEN
Nick erzählt mir, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass er im vergangenen Monat einen Plattenvertrag bei dem Plattenlabel Miami-Blue Records unterschrieben hat. Heute darf er das erste Mal ins Studio. Aufgeregt ist er überhaupt nicht, er freut sich riesig und kann kaum erwarten, dass es endlich losgeht. Ich bin platt! Und vor allem gespannt, wie es weiter geht.
25. April 2015 – Domplatte, Köln, 3.660 ABONNENTEN
Heute treffe ich Nick mal wieder persönlich und schaue ihm bei seiner Arbeit zu. Wir spazieren über die Domplatte und er erzählt mir, dass hier die meisten seiner Videos entstehen. Er läuft ziemlich routiniert über den Platz, das Mikro immer griff bereit, er ist in seinem Element. Sein Format heißt Wer weiß was? Was er da macht? Schaut selbst:
Ich frage den YouTuber, ob er sich an sein erstes Video erinnern kann. Er kann. 2010 hat er eine Kamera zu Weihnachten bekommen, und da fing alles an. „Mein erstes Video war ungeschnitten, wir haben einfach rumgealbert und uns vor die Kamera gestellt.“ Dass sich daraus fast so etwas wie ein Beruf entwickelt, hätte er damals nicht für möglich gehalten. Später erzählt mir Nick, dass er jetzt regelmäßig im Studio ist und sein erstes Album Give a Fuck aufnimmt. Einige seiner Songs hat das Multitalent sogar selbst komponiert. Ich bin ganz schön beeindruckt. Um bekannter zu werden, erklärt er, wird er bald einige Radio- und Fernsehauftritte haben, unter anderem bei Radio Bochum.
Der Nachwuchsstar liebt den Adrenalinkick - nicht nur auf der Bühne
27. Mai 2015 – Eisdiele Heumarkt, Köln, 3.800 ABONNENTEN
Es ist noch nicht lange her, seit Nick und ich uns das letzte Mal getroffen haben, doch es hat sich einiges verändert im Leben des YouTube-Newcomers. Bei Mediakraft hat er gekündigt, sein Vertrag läuft im August aus. Ich bemerke, dass auch hier die Zusammenarbeit schwierig war und die erhoffte Unterstützung ausblieb.
Während Nick sein Spaghettieis löffelt, berichtet er, dass er im Mai sein Album Give a Fuck released und schon im August auf Tour geht. Gemeinsam mit dem Gewinner von The Voice Kids, Lukas Rieger, reist er in die großen Städte Deutschlands und stellt seine Songs vor. Um auf der Bühne ein gutes Bild abzugeben, hat Nick sogar einen Personal-Trainer, der ihn alle zwei Tage an seine körperlichen Grenzen bringen soll, erzählt er mir und schielt dabei mit einem Anflug von schlechtem Gewissen auf seinen großen Eisbecher. Innerhalb der letzten vier Wochen wurden 4.500 CDs verkauft, sogar ein Musikvideo wurde gedreht – in Köln, erzählt er mir stolz.
Name: Nick Schwitanski
Geburtstag: 05.05.1998 (17 Jahre)
Sternzeichen: Stier
Wohnort: Bochum
Schule: Berufskolleg - Fachabitur (genaue Schule geheim) :)
Ausbildung: Veranstaltungstechniker Film & Fernsehen
Mein Traumberuf: Musiker bzw. Rapper
Meine Hobbys: Schlagzeug, Gitarre, Klavier, Singen, Rappen, Fußball
Mein Leibgericht: Spaghetti Bolognese Mein Lieblingsverein: Schalke 04
Mein Lieblingsfilm: Project X
Mein Lieblingsgame: MineCraft
Mein Lebensmotto: Selbst ein Wolkenkratzer hat mal als Keller angefangen.
8. Juni 2015 – Mailkontakt, 3.920 ABONNENTEN
Nick schreibt: Habe gerade meinen Ausbildungsvertrag zum Veranstaltungstechniker unterschrieben.
Es scheint als würde der YouTuber, obwohl es gerade so gut läuft, nicht alles auf eine Karte setzen. Er sichert sich ab. Das ist ziemlich reif und schützt sicher vor einem Höhenflug. Denn abheben, will er auf keinen Fall.
27. Juni 2015 – XXL TuberDay, Bottrop 4.200 ABONNENTEN
Ich treffe Nick im Movie Park. Schon im Zug begegnen mir junge Fans, die vor lauter Nervosität unruhig auf ihren Sitzen hin und her rutschen. Der Eingangsbereich des Parks ist brechend voll. Ich treffe Nick in der Menge, er hält einen Stapel Autogrammkarten in den Händen und hat bereits neue Kontakte geknüpft. Plötzlich werden die Tore geöffnet. Wir verlieren uns im Gedränge und als ich ihn wiederfinde, gibt er bereits das erste Interview. Um uns herum laufen bekannte und weniger bekannte YouTuber durch den Vergnügungspark, alle haben die Selfie-Kamera in der Hand und halten das Geschehen fest. Auch Nick ist technisch gut ausgestattet.
„Am meisten freue ich mich auf die Kollegen“, gesteht er. Denen laufen wir auch prompt über den Weg und die YouTuber verschwinden in der Geisterbahn. Danach geht’s weiter Richtung Achterbahn. Nick und seine Jungs genießen den Adrenalinschub und suchen schließlich auf wackligen Beinen den Ausgang. Doch Zeit zum Verschnaufen Doch Zeit zum Verschnaufen bleibt ihnen nicht. Die weiblichen Fans stürzen sich auf die YouTuber und fordern Fotos. Autogramme werden auf sämtlichen Körperteilen hinterlassen. Wahnsinn, denke ich, das erinnert mich tatsächlich etwas an die großen Stars. Aber die Newcomer scheinen sich nicht beirren zu lassen: Tiefenentspannt und ein bisschen stolz kritzeln sie die Arme der Mädels voll und steuern auf das nächste Fahrgeschäft zu.
Dann geht’s ab zur Live-Show: YouTuber, Breakdancer und Sänger stellen ihr Können unter Beweis und die Fans – wie sollte es anders sein – zücken statt Feuerzeugen Smartphones und schwenken sie sacht zur Musik hin und her. Ich bin ganz schön fasziniert – YouTuber scheinen in ihrer eigenen Welt zu leben und die ist um einiges größer, als ich erwartet hatte. Man kennt sich untereinander, und wenn nicht, lernt man sich eben kennen. Trotz der Konkurrenz ist die Stimmung zwischen ihnen herzlich und entspannt.
Auf der Tour muss Nick sechs Tage hintereinander performen
Foto: Nick Schwitanski
2. bis 7. August 2015 – Die Tour, 4.390 ABONNENTEN
Endlich startet Nicks Konzerttour. Gemeinsam mit Lukas Rieger und der Crew von Miami-Blue Records reist er durch die verschiedenen Städte und präsentiert seine Songs. Seine Erlebnisse hat er für uns festgehalten:
Tag 1, Berlin:
Die Tour hat begonnen und ich bin auf dem Weg nach Berlin. Es ist 14 Uhr und wir sind unterwegs zum Soundcheck. Wahnsinn. Vor der Tür stehen bereits 100 Fans, obwohl es erst 17 Uhr losgeht. Ich bin schon sehr aufgeregt, beim ersten Konzert fehlt wohl einfach die Routine. Als ich auf die Bühne steige, ist die Aufregung wie weggeblasen und ich performe meine fünf Songs das erste Mal live – einunbeschreibliches Gefühl.
Tag 2, Hamburg:
Die ganze Crew hat verschlafen, wir fahren ohne Pause direkt durch nach Hamburg und erscheinen 90 Minuten zu spät zum Soundcheck. Der Einlass verzögert sich. Aber die Community beschwert sich nicht. Als Entschädigung spielen wir ein paar mehr Songs als üblich. Der Auftritt ist gelungen.
Tag 3, Köln:
Köln ist einfach krass! Es ist so unglaublich laut, dass wir es auf der Bühne ohne In-Ears nicht aushalten. Die Leute zum Ausflippen zu bringen, ist das Größte. Genau so habe ich mir dieses Konzert vorgestellt.
Tag 4, Stuttgart:
Nach einer langen Nacht und einer anstrengenden Fahrt, rocken wir auch diese Stadt. Mit über 500 Zuschauern ist es das größte Konzert der Tour. Als wir die Menschenmenge erblicken, sind wir sprachlos. Danke Stuttgart!
Tag 5, Frankfurt:
Letzter Stopp: Frankfurt. Auch wenn unser Konzert um 21 Uhr schon zu Ende ist, stehen einige der knapp 400 Besucher bis 0 Uhr vor der Tür und warten auf uns. Wir entschließen uns spontan zu einer Jam-Session mit Gitarre und Freestyle Rap. Ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.
Mit seinen Kumpels und Kollegen fühlt sich Nick am wohlsten
Foto: Nick Schwitanski
Tag 6, VideoDays 2015 in Köln:
Endlich ist es soweit, das Highlight des Jahres steht vor der Tür: Die VideoDays 2015 in Köln. Ich bin unglaublich nervös. Zum ersten Mal darf ich vor 15.000 Zuschauern performen. So ist der Plan. Aber es kommt ganz anders. Ich verpenne meinen Auftritt und das im wahrsten Sinne des Wortes: Ich habe dick verschlafen. Nach gefühlt einer Millionen Telefonate schaffe ich es aber noch, einen Ausweichtermin zu bekommen. Und ich kann euch eins sagen: Es war soooooo laut! Der Abschluss hat nochmal alles getoppt! Ohne meine Community hätte ich dieses Leben, das ich jetzt führe, nie erleben können, Danke! #LoveYa
Auf der Welle des Erfolgs
Nick wird plötzlich erkannt, Fans sprechen ihn an und wollen Autogramme. Allein auf den VideoDays hat er
über 2.000 Autogrammkarten an „Nick's Army“, so nennt er seine Community, verteilt. Mittlerweile hat sein Kanal rund 4.400 Abonnenten und 40.000 Aufrufe monatlich. Der Newcomer schwebt auf Wolke sieben und sein Traum ist längst nicht zu Ende geträumt. Denn auch, wenn er eine Ausbildung beginnen wird, will er weiter Musik machen und das natürlich am liebsten erfolgreich und auf großen Bühnen. Ich bin sehr erstaunt, wie schnell Nick die Erfolgsleiter hinauf klettert, dafür hat er hart gearbeitet. Aber der Newcomer weiß auch, dass Erfolg vergänglich ist. Ich wünsche Nick, dass er so bodenständig, entspannt und entschlossen bleibt, wie ich ihn erlebt habe – frei nach dem Motto seines Songs: I don't give a fuck, was all die anderen sagen.
Text: Saskia Becker
Fotos: Jakob Kaliszewski