Wilfried Porth ist 53 und Vorstandsmitglied der DAIMLER AG. Warum es den perfekten Lebenslauf nicht gibt, das hat er SPIESSER Autorin Julia in seiner Mittagspause beim Tipp-Kick erzählt
13. April 2012 - 12:19 SPIESSER-Autorin okapiposter.
Herr Porth, das Wichtigste zuerst: Wie mache ich Ihnen den Job streitig?
Puh, gute Frage. Für den Job als Vorstandsmitglied gibt es keine feste Laufbahn. Ich habe Maschinenbau studiert, schon in der Produktion, im Vertrieb und in der Entwicklung gearbeitet und war mehrere Jahre im Ausland. Der Aufsichtsrat hat mich dann gefragt, ob ich den Job als Personalvorstand machen möchte – klar wollte ich!
Welche Anforderungen stellen Sie an den DAIMLER-Nachwuchs?
Wir suchen verantwortungsvolle, engagierte Leute, die auch international einsatzfähig sind und sich für Automobile begeistern. Das Wichtigste ist aber die Motivation – unsere Bewerber müssen den Job auch wollen.
All das erfüllt, aber eine Fünf in Mathe – wie viel zählen die MINT-Fächer?
Mit einer Fünf in Mathe hat man bei einer technischen Ausbildung sicher kein Glück. Auf der anderen Seite nehmen wir aber nicht nur Einserschüler.
Wie wichtig ist also der perfekte Lebenslauf?
Uns ist zum Beispiel wichtig, ob jemand schon einmal im Ausland war oder sich sozial engagiert. Wir wollen wissen, welche Persönlichkeit vor uns sitzt. Den perfekten Lebenslauf gibt es in meinen Augen übrigens nicht. Erst durch Rückschläge wird jemand interessant – wenn er etwa in der Schule sitzen geblieben ist.
Sind Sie sitzen geblieben?
Ja, ich bin in der 10. Klasse sitzen geblieben. Wegen einer Fünf in Französisch. Na und?
Sie haben danach trotzdem in Südafrika, Japan und Brasilien gearbeitet.
Ja, so habe ich mein Französisch-Trauma überwunden. Sprachen lernt man am besten, wenn man weiß, wofür man sie braucht. In Brasilien hatte ich vier Wochen lang einen Sprachkurs, danach habe ich schon mit der Arbeit begonnen – auf Portugiesisch. Natürlich nicht perfekt, aber man findet einen Weg, sich zu verständigen.
Bei DAIMLER spielt die Technik eine große Rolle – haben Frauen da die gleichen Berufschancen wie Männer?
Selbstverständlich! Seit einigen Jahren fördern wir Frauen mit Mentoringprogrammen, damit sie ihre Interessen verwirklichen und sich in einem männergeprägten Unternehmen noch besser einbringen können.
Halten Sie eine Frauenquote für gerecht?
Ich halte Zielvorgaben für notwendig. Allerdings nur, wenn sie jedes Unternehmen selbst bestimmen kann. Wir haben das Ziel, 20 Prozent unserer leitenden Führungspositionen bis 2020 mit Frauen zu besetzen. Das ist realistisch, weil in technischen Berufen viel weniger Frauen einen Abschluss machen. Eine allgemeine, politisch diktierte Frauenquote halte ich schlicht für nicht praktikabel.
Sie sind Ingenieur - welche Erfindung fehlt Ihnen?
Konkret fällt mir da nichts ein. Technik ist mir sehr wichtig. Wir sollten aber aufpassen, dass wir nicht zu sehr in Fakten und Zahlen untergehen. Bei technischen Neuerungen wie den sozialen Netzwerken fehlt mir die Zwischenmenschlichkeit. Meine Freunde treffe ich lieber persönlich.
Bevor ich es vergesse: Sie waren mal CEO – was heißt das eigentlich?
Chief Executive Officer – mit anderen Worten Vorstandschef. Das war bei einer Tochterfirma der DAIMLER AG. Heute bin ich Vorstandsmitglied.
Warum gibt es dafür keine coole Abkürzung?
Stimmt – das ist eine Erfindung, die mir noch fehlt!
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