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Ausbildung im öffentlichen Dienst

„Pssssssssssssssst!“

Kreischende Kinder, fehlende Hausaufgaben und nervige Eltern – damit hat Olga Golikow jeden Tag zu tun. Sie arbeitet als Grundschullehrerin in Dresden und ist glücklich mit ihrem Job.

25. November 2015 - 13:23
SPIESSER-Redakteurin MissFelsenheimer.
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MissFelsenheimer Offline
Beigetreten: 04.05.2009

Draußen fallen Blätter von den Bäumen, Regentropfen prasseln an die Fensterscheiben. Genauso herbstlich ist auch die 41. Grundschule „Elbtalkinder“ geschmückt. Es ist Mittagspause und die Kinder rennen schreiend durch die Gänge. Völlig unbeeindruckt von diesem Chaos schreitet Olga Golikow ins Lehrerzimmer.

Dass die gebürtige Russlanddeutsche jemals wieder eine Schule betreten würde, war eigentlich nicht ihr Plan. „Nach dem Abitur wollte ich irgendwas studieren, was mir Spaß machen könnte. Zufällig bin ich dann auf den Grundschullehrer gekommen.“ Zurück in der Schule zu sein, „hab ich mir diesmal freiwillig ausgesucht“, strahlt sie. Olga ist glücklich in ihrem Beruf.

Das vollbringt ihr
Als Lehrer/-innen an Grund-, Haupt-, Real-, Gesamtschulen und Gymnasien erzieht und unterrichtet ihr Kinder und Jugendliche. Ihr fördert ihre geistige, soziale und emotionale Entwicklung, leitet sie zu verantwortungsbewusstem und selbstständigem Handeln an. Im Unterricht bringt ihr ihnen nicht nur Lesen und Schreiben, sondern auch Grundwissen in Deutsch, Mathe, Sachunterricht, Musik, Kunst/Textiles Werken, Ethik, Sport sowie evangelische und katholische Religion bei. Später macht ihr sie fit fürs Berufsleben und unterstützt sie, herauszufinden, wo ihre Stärken liegen. Für all das plant ihr den Unterricht, überlegt euch, wie ihr den jeweiligen Stoff am besten rüberbringt, kontrolliert Klassenarbeiten und Schülerhefte, bietet weiterführende Arbeitsgemeinschaften und Kurse an.
Nach dem Unterricht ist vor dem Unterricht

Kurz vor Sieben Uhr morgenes beginnt ihr Arbeitstag. Nachdem sie den Klassenraum ordentlich gelüftet hat, kommen schon die ersten Schüler ins Zimmer. Sechs Unterrichtsstunden später ist der Schultag für die Kleinen vorbei. An Feierabend braucht Olga dann aber noch lange nicht zu denken. Denn nach dem Unterricht ist vor dem Unterricht: „Jeden Nachmittag sitze ich noch eine Stunde im Lehrerzimmer und bereite die letzte Stunde nach und die kommende vor.“

Dabei bearbeitet sie nicht nur den Stoff für ein Fach und eine Klasse. Die 27-Jährige leitet eine dritte Klasse und unterrichtet dort Deutsch, Mathe, Sachunterricht und Werken. Ab und zu springt sie auch mal für einen Kollegen ein. „Nachmittags betreue ich noch Ganztagsangebote wie zum Beispiel Deutsch als Zweitsprache.“

Eine Herzensangelegenheit

Obwohl sie erst seit zwei Monaten als Lehrerin ihre Brötchen verdient, braucht Olga keinen Zettel mehr, um ihre Stunde zu planen. „Das Muster habe ich fest abgespeichert.“ Sieben Semester Grundstudium, zwei Staatsexamen und zwei Jahre als Referendarin liegen hinter ihr. Dabei hatte Olga Glück, dass sie nach dem Studium sofort übernommen wurde.

Ihr Klassenzimmer und der Lehrertisch sind aufgeräumt. An den Fenstern kleben Herbstblätter, an der Wand hängt eine Fotoreihe der Schüler. „Das habe ich in meiner Freizeit gebastelt“, erzählt Olga, als wäre es selbstverständlich. Solch ein Engagement erwartet Olga auch von künftigen Lehrern. „Wer diesen Beruf nicht mit Liebe und Herz ausführt, gibt irgendwann auf.“ Ihr Geheimrezept für einen guten Lehrer: Geduld mitbringen, Kritik vertragen und spüren, dass man für diesen Beruf geboren ist.

Dort werdet ihr ausgebildet
Ihr studiert in den Hörsälen und Seminarräumen eurer Hochschule, den Vorbereitungsdienst absolviert ihr direkt an Schulen, in Studien- bzw. schulpraktischen Seminaren. Einem Studienseminar bzw. einer Schule werdet ihr als Lehramtsanwärter/-innen bzw. Referendare und Referendarinnen je nach Bedarf vom Kultusministerium zugeteilt - manchmal müsst ihr dafür auch in einen anderen Ort ziehen. Neben dem Unterricht beteiligt ihr euch auch am übrigen schulischen Leben und nehmt beispielsweise an Klassenfahrten teil, organisiert Schulfeste und andere Veranstaltungen mit. Wer eine moderne Fremdsprache als Unterrichtsfach wählt, muss außerdem unter Umständen Teile der praktischen Ausbildung im Ausland absolvieren.

Trotzdem ist nicht alles „Friede, Freude, Eierkuchen“. Die junge Lehrerin würde sich wünschen, dass sie sich noch mehr auf die Qualität des Unterrichts konzentrieren könnte. Mit dem Klischee, dass Lehrer mittags nach Hause gehen, wird sie immer wieder konfrontiert. „Das ist totaler Quatsch“, meint sie genervt. Auch die außerschulische Arbeit des Lehrers sollte mehr geschätzt werden, fordert Olga.

Ihre Motivation: Kein Tag ist wie der andere, das Gleiche gilt auch für die Schüler. „Es warten immer neue Überraschungen auf mich.“ Dass ihr nicht immer alle Schüler gehorchen, stört Olga nicht. „Das macht diesen Beruf aus“, denn als Lehrer unterrichtet man nicht nur, sondern erzieht die Kinder auch. „Ich will stets mit meinem ganzen Herzen dabei sein.“ Deshalb nimmt sie ihren Job so ernst.

Falls es doch mal Stunk gibt, versucht die junge Pädagogin herauszufinden, warum es passiert, wer dafür verantwortlich ist und was man zusammen dagegen tun kann. „Es ist wichtig, dass man schnell reagiert und konsequent bleibt“, erklärt Olga. Wie bestellt, ertönt die Schulklingel und wenige Sekunden später trampeln und kreischen die Kinder wieder wild. Seelenruhig geht die junge Lehrerin auf den Gang und sorgt mit einem lauten „Pssssssssssssssst!“ für Stille.

Das verdient ihr
Was ihr als Lehrer/-in verdient, ist von der Schulform abhängig und zudem von Bundesland zu Bundesland verschieden. Während des Referendariats könnt ihr durchschnittlich mit rund 850 bis 1.000 Euro brutto im Monat rechnen. Zum Berufsstart steigt das Einkommen auf durchschnittlich ca. 2.800 Euro brutto.

Text: Victoria Gütter
Fotos: André Forner
Video: Franz Leuschner

 

 

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit dem dbb beamtenbund und tarifunion.

 

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