Pubertät

Raus aus der Familie
– rein in die Welt

Warum ist die Pubertät eigentlich so eine aufregende aber auch schwierige Zeit für uns? Und ist Erwachsenwerden heutzutage anders als früher? Der Kinder- und Jugendpsychologe Dr. Prof. Gunther Moll befasst sich schon jahrelang mit diesen Themen und hat uns die wichtigsten Fragen zum Thema Pubertät beantwortet.

24. March 2017 - 09:30
SPIESSER-Autorin Gradl mim Radl.
Noch keine Bewertungen
Gradl mim Radl Offline
Beigetreten: 23.08.2016

Welche Gefühle haben Sie, wenn Sie an ihre eigene Pubertät zurückdenken?

Sehr gute. Es war für mich eine wahnsinnig aufregende, gute Zeit. Mädchen, Liebe und Sex waren ein unglaublich spannendes neues Thema und ich lernte meinen eigenen Weg zu gehen.

Pubertät bedeutet Erwachsen werden. Aber woran macht man eigentlich aus, dass man in der Pubertät steckt?

Neben den körperlichen Veränderungen, merkt man es vor allem an den Gefühlen und Emotionen, die oft aus dem Ruder laufen. Zudem wird das eigene Danken und das Denken der anderen immer mehr in Frage gestellt und man versteht sich und die Welt häufig nicht mehr.

Welche Veränderungen passieren während der Pubertät? Was passiert im Gehirn?

Das lässt sich meiner Meinung nach nicht sagen. Denn die Untersuchungen werden aus Erwachsenen-Sicht durchgenommen und dabei wird immer angenommen, dass das Gehirn in der Pubertät noch nicht ausgewachsen ist. Das ist aber grundsätzlich falsch. Das Gehirn ist während der Pubertät genau richtig für diese Zeit. Das heißt Pubertierende sind schon vollständige Menschen mit einem richtigen Gehirn.

Gunther Moll
Gunther Moll ist Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Leiter der Kinder- und Jugendabteilung für Psychische Gesundheit am Universitätsklinikum Erlangen. Zusammen mit seinem Sohn Benjamin Moll hat er das Buch „Der Umbruch: Wie Kinder, Eltern und Großeltern unser Land veränderten“ veröffentlicht.
Wenn Sie ihre Pubertätszeit mit denen Ihrer Kinder vergleichen. Ist Erwachsenwerden heutzutage anders als früher? Inwiefern?

Ja. Es gab zu meiner Zeit viel mehr Freizeit und weniger Vorgaben. Wenn ich in der Schule gute Leistungen gebracht habe, hatte ich die Nachmittage und Wochenenden frei. Heute ist die Schulzeit zu einer Arbeitszeit geworden und bei Ganztagsunterricht haben Jugendliche oft mehr Stunden als erwachsene Arbeitskräfte. Für mich ist also klar die verfügbare freie Zeit der Unterschied.

Die Erziehung ist in den meisten Fällen heutzutage lockerer als noch vor 40 Jahren. Haben es Teenager damit besser als früher?

Die Erziehung ist meiner Meinung nach nicht lockerer geworden – sie wird nur als lockerer verkauft und kommt mit einer Art „Deckmäntelchen“ daher. Von klein auf werden die Kinder heutzutage umsorgt: Kindergrippe, Kindergarten, Ganztagsschule. Einordnung und Formierung in die Leistungs- und Arbeitswelt ist das heutige Motto und spricht nicht für eine lockerere Erziehung, sondern einfach für eine andere Art der Strenge.

Während der Pubertät werden die Freunde immer wichtiger. Bedeuten Freundschaften, die man in der Zeit führt, mehr?

Das Motto der Pubertät ist: Raus aus der Familie, hinein in die Welt. Und da spielen Freunde eine entscheidende Rolle. Man erlebt mit seinen Freunden viele neue Dinge, erlebt aufregende Sachen und kann sie sofort mit jemanden teilen. Und deshalb sind Freundschaften, die in der Pubertät geknüpft werden, um einiges intensiver und tiefer.

Wann ist die Pubertät zu Ende?

Hoffentlich niemals! Pubertät bedeutet Bewegung und Veränderung. Und das tut dem Leben gut. Da müssen wir Erwachsenen uns oftmals selbst ermahnen und aufpassen, dass bei uns kein Rost ansetzt. Viel neues Erleben, Wünsche erfüllen, sich neu entdecken – diese Phase sollte niemals aufhören!

 

Interview: Franziska Gradl
Teaserbild: Lena Schulze

Dir gefällt dieser Artikel?

Kommentare

Und du so? Sag' uns, was du denkst!
Mehr zum Thema „Pubertät
  • Onlineredaktion
    Pubertät

    Vollzeitbeschäftigung Pubertät

    SPIESSER-Autorin Ida ist 17 und steckt in Mitten von Schulstress, Zukunftsplänen und Erwartungen. Bei SPIESSER-Redakteur Henric ist die Pubertät schon ein paar Jahre her, aber er kann sich bestens an diese aufregende Zeit erinnern. Zusammen skizzieren sie persönliche Momentaufnahmen des