Dies ist ein Beitrag des
SPIESSER Fernweh-Spezials.
Gut sortiert – in Ordnern und Notizheften legt
Sophia ihre Unterlagen und Gedanken zum
baldigen Einsatz in Kapstadt ab.
Er liegt mitten auf ihrem Schreibtisch, der lilafarbene Ordner von Sophia. „Tu‘s doch!“ steht in großen Lettern vorne drauf. Gemeint ist der entwicklungspolitische Freiwilligendienst, den die Schülerin im September antreten wird. Die 1 8 - Jährige wird ein Jahr in Kapstadt, Südafrika, verbringen. Dort organisiert sie im Township-Projekt „Centre for Creative Education“ Workshops für Kinder. In ihrem Ordner heftet sie alle wichtigen Unterlagen zum Freiwilligendienst ab. Warum sich die Abiturientin für den internationalen Freiwilligendienst entschieden hat? „Damit kann ich am meisten leisten“, betont sie, „außerdem bin ich nie wieder so frei wie jetzt.“
Da habe sie Recht, sagt Dr. Gisela Kurth vom Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee e. V. (AKLHÜ), einem gemeinnützigen Dachverein in der Entwicklungszusammenarbeit und Partner des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. „Nach dem Abitur gibt es einen biographischen Schnitt, in den sich ein Auslandsjahr gut einbauen lässt“, erklärt Kurth.
Afrika – hier wird Sophia ein ganzes Jahr lang
im Township-Projekt „Centre for Creative
Education“ helfen.
Die tatsächliche Motivation für ein Auslandsjahr sei sehr unterschiedlich, „sie reicht vom Erlernen einer neuen Sprache über das Kennenlernen einer anderen Kultur bis hin zum Wunsch, anzupacken und zu helfen“. Bemerkenswert: Die Freiwilligen seien in ihren Motiven ehrlicher als noch vor 15 Jahren. „Heute geben sie offen zu, dass sie auch für sich selbst lernen wollen.“
Sophia möchte in eine fremde Kultur eintauchen, einen anderen Blick auf die eigene bekommen. Im „Centre for Creative Education“ wolle sie nachhaltig etwas bewirken, den Kindern einen Schubs in die richtige Richtung geben: „Wenn ich wiederkomme, möchte ich das Gefühl haben, etwas bewegt zu haben und meinem Traum von einer besseren Welt einen Schritt näher kommen.“
Dass das hoch gegriffen ist, weiß Benjamin Scholz. Der 19-Jährige ist aktuell als Freiwilliger in Neu Delhi. In der Hauptstadt Indiens arbeitet er in der „Kalakar Vikas School“, einer nicht-staatlichen Schule in einem Slum nahe der Kathputli-Kolonie: „Vor Antritt meines Freiwilligendienstes hatte ich noch die Illusion, mit meiner Arbeit was zu verändern. Jetzt nicht mehr“, sagt Benjamin abgeklärt. „Sicher bringt sie den Kindern etwas, aber man sieht den Fortschritt nicht wirklich.“
Ob Sophia mit ihrem entwicklungspolitischen Freiwilligendienst wirklich die Welt retten kann, lest ihr hier.
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Benjamnin beim Holi-Fest – der 19-Jährige will
soviel wie möglich von der Kultur Indiens
entdecken.
Woher die Ernüchterung? Wie Benjamin geht es vielen Freiwilligen, weiß Gisela Kurth. „Wirkliche Veränderungen entwickeln die Menschen vor Ort selbst, in dem sie Neues in ihr Leben und Arbeiten integrieren. Das braucht mehr Zeit als ein Jahr“, so die AKLHÜ-Mitarbeiterin. Den Freiwilligendienst solle man nicht mit einem professionellen Entwicklungsdienst verwechseln: „Entwicklungshelfer sind ausgebildete Fachkräfte, die für mehrere Jahre im Auslandseinsatz sind“, betont sie, „Freiwillige helfen nur vor Ort mit, sie unterstützen.“
Allgemein unterscheidet man zwei Arten von Freiwilligendiensten: geregelte und privatrechtliche. In privatrechtlichen Freiwilligendiensten schließt der Kandidat einen Vertrag mit seiner Entsendeorganisation und trägt die Kosten für seinen Einsatz selbst. Geregelte Dienste werden mit öffentlichen Mitteln gefördert, wie
der Internationale Jugendfreiwilligendienst,der Europäische Freiwilligendienst und „weltwärts“.
Benjamin hat in Delhi schon viel erlebt und
arbeitet gernein der Schule für die Slum-Kinder
Nach Angaben des AKLHÜ gehen jährlich über 7.000 Freiwillige ins Ausland, 6.100 über geregelte, 1.000 über private Organisationen. Den Grund hierfür sieht Kurth in der gestiegenen Medienpräsenz der geförderten Dienste. „Noch vor sechs Jahren verbreitete sich diese Form des Freiwilligendienstes meist durch Mundpropaganda. Heute ist sie, nicht zuletzt durch „weltwärts“, stärker in den Fokus gerückt.“ Der entwicklungspolitische Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurde
2007 ins Leben gerufen und richtet sich an junge Erwachsene zwischen 18 und 28 Jahre.
Sophia ist schon ganz aufgeregt: „Ab September gehts raus, die Welt retten.“ Bei aller Euphorie, ängstlich ist sie auch. „Es kann viel schiefgehen und wird nicht immer einfach sein“, weiß sie. Trotzdem wolle sie das „definitiv durchziehen.“
Den gleichen Vorsatz hatte Mareike Winter. Ihm treu zu bleiben, war schwer. Die 21-Jährige war von September 2011 bis April 2012 für einen Freiwilligendienst in Vietnam. Sie hatte sich gefreut, hatte kaum Ansprüche. Mit Kindern arbeiten und Englisch sprechen, das war alles, was sie wollte. Gelandet ist sie in einem kleinen Museum mitten im vietnamesischen Dschungel, Englisch sprach dort niemand.
Dschungel, wohin das Auge blickt – in ihrem
ersten Projekt in einem Museum in Hoa Binh war
Mareike nicht glücklich.
Ihre Aufgaben waren Übersetzen und Putzen. Nicht gerade ein Traum für sie. Nach zwei Monaten konnte sie ihren Einsatzort endlich wechseln. „Für mich hatte es sich angefühlt wie Jahre.“ Danach arbeitete sie in der Hauptstadt Hanoi mit behinderten Kindern – das machte sie glücklich. „Gerade die Anfangszeit in Vietnam ist es, die mich stärker gemacht hat. Ich bin stolz, dass ich es durchgezogen habe.“ Angehenden Freiwilligen rät Mareike, nicht zu viele Erwartungen an die Zeit im Ausland zu haben. Auch Gisela Kurth mahnt: „Vor Dienstantritt darauf einstellen, dass im Ausland Dinge anders laufen. Das beginnt schon beim Essen.“
Wer einen Freiwilligendienst im Ausland machen möchte, sollte sich zeitig informieren und bewerben. „Wenigstens ein Jahr vorher nach einer Entsendeorganisation umsehen“, sagt Kurth. Bewerbungsfristen seien meist gegen Ende des Jahres. Sophia hat über „weltwärts“ bereits eine Institution gefunden: die „Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners“ – Waldorfpädagogen. Aber nicht vonheut auf morgen. Dafür war sie auf Messen, in Orientierungsseminaren und im Internet unterwegs, um ihren Auslandseinsatz zu planen.
Mareike hat bei ihrem Aufenthalt in Vietnam
viele Höhen und Tiefen erlebt. Ihren
Entwicklungspolitischen Freiwilligendienst
bereut sie dennoch nicht.
Um sich bewerben zu können, verfasste sie Motivationsschreiben und sammelte Nachweise ihrer bisherigen Tätigkeiten. Nach der Zusage ging die Arbeit weiter. Auch Reisepass, Visum und Impfungen wollen organisiert sein. „Einige Unterlagen wie meine Geburtsurkunde und meinen Impfpass musste ich mir im Auswärtigen Amt internationalisieren lassen. Das war aufwendig“, erzählt sie.
Derzeit baut Sophia ihren Förderkreis auf. 1.800 Euro Spenden soll sie vor ihrer Reise nach Südafrika einsammeln. „Das ist gar nicht so einfach“, sagt sie. Auch für Benjamin war das Spendensammeln eine riesige Herausforderung: „Ich war richtig unter Druck“, erinnert er sich. Gisela Kurth vom Arbeitskreis Helfen und Lernen in Übersee hält dies für eine sinnvolle Maßnahme. Die Freiwilligen setzen sich so intensiv mit ihrem Projekt auseinander: „Das ist eine gute Vorbereitung
für den Einsatz im Ausland“, sagt sie. Die Freiwilligen sind gezwungen, potenzielle Unterstützer mit ihren Argumenten zu überzeugen.
Im September, wenn es endlich losgeht, wird Sophia ein Jahr und drei Monate an ihrem Freiwilligendienst geplant haben. „Manchmal frage ich mich: Ist es den ganzen Aufwand wirklich wert? Dann sehe ich meinen Ordner und denke mir: Ja! Tu‘s doch!“
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Text: Tabea Grünert
Fotos: privat
Illustration: Ronny Pietsch/ Sebastian Schote
Auch wenn hier gesagt wird , dass man mit dem Freiwilligendienst nicht so wirklich etwas erreichen kann , will ich unbedingt ins Ausland.Ich freue mich jetzt schon drauf , dass ich in 2 Jahren endlich gehen kann !