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Ruanda: Zwischen Volleyball und Bürgerkriegs-Erinnerungen

Kaum das Abitur in der Tasche, reiste Anna Bartman (20) für die Aktion "Mit 2 Euro im Monat helfen" nach Ruanda, um in Gisenyi neun Monate lang die Freizeit von Kindern und Jugendlichen zu verschönern.  Uns hat sie erzählt,  welche Projekte sie zurzeit betreut und wie die Jugend von Ruanda mit der dunklen Geschichte des Landes umgeht.

13. June 2013 - 10:52
SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
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Beigetreten: 25.04.2009

Dies ist ein Beitrag des
SPIESSER Fernweh-Spezials.

 

 


Anna will nach ihrem Ruanda-Aufenthalt in Köln an
einer katholischen Fachhochschule Soziale Arbeit
studieren.

SPIESSER: Was würdest du dir in Ruanda für umgerechnet zwei Euro kaufen?

Anna: Ich würde mir Essen kaufen. Wenn ich nur einmal pro Tag selbst kochen würde, könnte ich davon dann drei bis vier Tage leben.

Welches Projekt unterstützt die 2-Euro-Aktion in Ruanda?

Einerseits wird das Centre Culturelle unterstützt, das sich um die Jugend- und Freizeitgestaltung kümmert. Hier gibt es verschiedene Musik-, Theater- und Sportprojekte. Auf der anderen Seite wird im Rugerero-Center Taubstummen eine Ausbildung ermöglicht. Die Zentren befinden sich im Distrikt Rubavu, im Norden Ruandas.

Was war dein Eindruck, als du das erste Mal durch das Land gefahren bist?

Am Anfang fand ich besonders die Leute beeindruckend, die wirklich schwere Sachen auf den Köpfen getragen haben. Außerdem war ich die Masse an Fußgängern auf der Straße nicht gewohnt. Und ich fande es seltsam, dass es hier nur einstöckige Häuser gibt.

Im Ruanda-Bürgerkrieg von 1994 bekämpften sich zwei Bevölkerungsgruppen, die Hutu und die Tutsi. Innerhalb von 100 Tagen wurden durch Milizen der regierenden Hutu hunderttausende Tutsi getötet. Die Tutsi bildeten als Reaktion eine eigene Armee und stürzten die Hutu-Regierung.

Welche großen Probleme gibt es in Ruanda?

In der Regenzeit gibt es hier starke Erdrutsche. Dadurch kann ein Ortsteil total zerstört werden. Die Leute haben nichts und dann verlieren sie auch noch ihr Haus. Das finde ich sehr schlimm. Ein anderes großes Problem ist das Trauma des Bürgerkriegs von 1994.

Wie gehen die Ruanda heute mit dem Bürgerkriegs-Thema um?

Die zwei verfeindeten Volksgruppen Hutu und Tutsi gibt es offiziell nicht mehr und viele in meinem Alter wollen nichts mehr davon hören. Ganz nach dem Motto: Das ist vorbei und soll nie wieder passieren. Das Friedensbüro richtet aber trotzdem eine Ausstellung über den Bürgerkrieg aus. Ich war oft bei Führungen dabei und komischerweise haben es die Ruanda total vermieden kritische Fragen zu stellen. Es ist eben ein großes Tabuthema. Vordergründig wird darüber geschwiegen, aber insgeheim gibt es immer noch Schwierigkeiten.

Wie wird das in zehn Jahren aussehen?

Schwer zu sagen. Ich denke aber, dass sie auf einem guten Weg sind.  Ich weiß nicht, wie viel noch im Hintergrund passiert, wie sehr beispielsweise Eltern ihre Sichtweisen an die Kinder weitergeben. Ich glaube, es kann sich alles positiv entwickeln, wenn die Bürgerkriegsgeneration im Lauf der Zeit an Bedeutung verliert.


Zu den zahlreichen Projekten, die Anna betreut,
gehört auch eine Akustik-Band.

Wie hilfst du, diese Probleme zu bewältigen?

Ich plane und veranstalte im Centre Culturelle zusammen mit 30 bis 40 anderen Mitarbeitern verschiedene Projekte, damit junge Menschen aus beiden Bevölkerungsgruppen gemeinsam etwas machen und miteinander vertraut werden. So werden Vorurteile abgebaut und der Hass überwunden. Wenn wir zum Beispiel ein Projekt planen, wird darauf geachtet, dass beide Bevölkerungsgruppen gemischt werden und gemeinsam mitwirken.

"Mit 2 Euro im Monat helfen" ist eine Aktion des Hilfswerks Misereor. Die Idee: Zwei Euro im Monat hat jeder, also warum nicht für einen guten Zweck spenden? Auf der Homepage erfahrt ihr alles über die verschiedenen Kinder- und Jugendprojekte, die ihr damit unterstützen könnt. 

Welche Projekte betreust du im Moment?

Einen Tanzkurs, eine Akustik-Band, einen Englischkurs und eine Jungen-Volleyballgruppe. Anfangs hatte ich auch eine für Mädchen, allerdings sind selten welche gekommen. Ihre Eltern verbieten ihnen Sport zu machen oder sie müssen zu Hause kochen und auf dem Markt Waren verkaufen. Ich singe selbst in einer Band mit und arbeite gerade an der Planung für ein Koch-Projekt. Das ist das Schöne: Ich kann hier jede Idee umsetzen, da das Zentrum gut zusammenarbeitet.

 

Interview: Julius Wußmann
Fotos: Inga Maerker

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