SPIESSER-Autorin Elisabeth kommt aus einer ruhigen Ecke in Deutschland und findet sich nun inmitten von Hektik und Lärm im bolivianischen La Paz wieder. Vom Segen der Schlaflosigkeit, lähmender Idylle und den Klängen einer Stadt...
16. November 2014 - 11:25 SPIESSER-Autorin Das Mädchen aus der Schublade.
Ich habe mich selbst wachgeküsst. Fast vier Jahre lang habe ich geschlafen, umgeben von Bergen und Bodensee, von Schweizer Schokolade und glücklichen Rentnern auf Blumeninseln. Das Haus am See, in das Peter Fox so gerne ziehen möchte – ich habe drin gewohnt. Nach einem Bachelorstudium in Konstanz weiß man, wie Idylle aussieht. Und dass Idylle und Langeweile erstaunlich nah beieinander liegen. Spätestens, wenn man das eine nicht mehr vom anderen unterscheiden kann, ist es Zeit zur Flucht.
Meine hat mich bis nach La Paz in Bolivien, dem welthöchsten Regierungssitz (ca. 3660m), geführt. Denn wie es das Glück will, entsendet das Programm „Kulturweit“ Freiwillige in alle Welt, um an Schulen, Goethe-Instituten oder – in meinem Fall – journalistisch für die Deutsche Welle zu arbeiten. Als wäre das nicht genug, werden Reisekosten, Unterkunft und Sprachkurs durch UNESCO und Auswärtiges Amt finanziert. Wenn sich so eine Chance bietet, fackelt man nicht lange. Man macht einen Luftsprung und bewirbt sich. Ende des Wachkomas.
La Paz – Klappe, die erste
Durch die engen Straßen von La Paz
schlängelt sich der Verkehr.
La Paz ist keine Stadt, die niemals schläft. Selten läuft sie vor 9 Uhr zu voller Geschäftigkeit auf. Doch neue Tage kündigen sich so lautstark an, dass es unmöglich ist, ihre Präsenz zu ignorieren. In dieser Stadt aufzuwachen ist, als sei man auf einem Filmset eingeschlafen. Mitten in einer Szene, die weiterläuft, sobald das Bewusstsein sich einschaltet. Dann setzen mit einem Mal alle Haupt- und Nebenhandlungen wieder ein und geben keine Ruhe, bis sich auch der letzte Statist ins Getümmel gestürzt hat.
Der Klangkulisse nach zu urteilen, realisiert hier ein multitaskingfähiger Regisseur mindestens fünf Projekte gleichzeitig: Ein fast ständiges Soundbett bildet ein Meer quietschender, knatternder und hupender Vehikel – allen voran Minibusse, deren Beifahrer mit der verantwortungsvollen Aufgabe betraut sind, die Fahrtziele lautstark aus dem Fenster zu posaunen, um Passagiere anzuwerben. Meine Sorge, in diesem Verkehrschaos mit den Überresten meines Schulspanischs kläglich zu versagen, war unbegründet – nicht Perfektion, sondern Lautstärke ist das zentrale Kriterium. Ich kann mitreden, mitschreien und direkt vor dem Haus meiner Gastfamilie aus dem Bus springen. Integration ist dann erfolgreich, wenn man selbst angemessen inbrünstig Lärm verursacht. Großstadtfeeling stellt sich ein, wenn sich dazu das Gekeife streitender Straßenhunde sowie das Hämmern eines Bauprojektes gesellen. Denn hier wird viel gebaut. Und wenig fertiggestellt.
Chillen auf Bolivianisch
Über die Überlegung, ob hier gerade eine Neuauflage von Slumdog Millionaire oder ein Imagefilm für Istanbul gedreht wird, legt sich das nervtötendste aller Geräusche: das – in der Regel grundlose – Schrillen von Autoalarmanlagen. Ich kann die sadistische Komposition mitsingen, bei Bedarf auf Blockflöte begleiten und möchte taub sein.
Protestgesänge sowie der regelmäßige Widerhall von Schüssen und kleinen Explosionen verleihen der hügeligen Kulisse von La Paz zudem einen atmosphärischen Gehalt, der den eines Actionsfilms übersteigt. Während Skypekonversationen mit Freunden erregt das mitunter den Verdacht, ich wäre heimlich in ein Kriegsgebiet umgesiedelt. Es ist nicht einfach zu vermitteln, dass Pyrotechnik und Luftpistolen hier zum guten Ton politischer Kundgebungen und diese wiederum zum bolivianischen Alltag gehören.
Willkommen im Chaos
Beim Öffnen der Augen fügen sich die akustischen Parallelwelten zu einem Ganzen zusammen, das ebenso überraschend wie selbstverständlich Sinn zu ergeben scheint. Mit Idylle hat das wenig zu tun. Unentwegt husten veraltete Busse schwarzen Rauch in die Luft. Schön war La Paz wohl zu Zeiten spanischer Kolonialherrschaft – das lassen die Überreste der prunkvollen Gebäude erahnen, in denen nun Copyshops und zwielichtige Anwaltsbüros untergebracht sind. Unvollendete Häuser sind kein Übergangs-, sondern Normalzustand. Ich verstehe den Rhythmus der Stadt nicht – warum sind die Menschen Samstagabend in ihren Häusern, aber Mittwochnacht auf der Straße? Wieso sind Cafés sonntags geschlossen, aber Busse überfüllt?
Wie wird hier überhaupt jemals etwas fertiggestellt, wenn man schon auf einen Stempel zehn Tage warten muss und sich nie recht beurteilen lässt, ob alle permanent überlastet sind oder eigentlich nur dem Gras beim Wachsen zuschauen? Ich beispielsweise soll eigentlich die Deutsche Welle Akademie dabei unterstützen, an hiesigen Unis eine duale Journalistenausbildung zu etablieren, die der einseitigen Berichterstattung im Land entgegenwirkt. Bisher allerdings sortiere ich vornehmlich Akten und habe dank einer Visums-Odyssee mehr Kontakt mit den Beamten der bolivianischen Polizei gehabt als mit meiner Vorgesetzten. Sowohl journalistisch als auch sprachlich schöpfe ich die wertvollsten Erfahrungen derzeit nicht aus meiner Arbeit, sondern aus meinen Streifzügen durch die hügeligen Straßen, durch Salzwüste und Busbahnhöfe. Aus Gesprächen mit Schuhputzern und Taxifahrern. Und aus den Proben, auf die die Nerven aller Freiwilligen hier regelmäßig gestellt werden. An Reibungsfläche – so viel ist sicher – mangelt es nicht.
Dennoch habe ich das seltsame Empfinden, gerade jetzt gerade hier gut aufgehoben zu sein. La Paz versucht nicht, etwas zu sein, was es nicht ist. Genau genommen scheint man sich für den Rest der Welt überhaupt nicht besonders zu interessieren. Bolivien möchte nur ein besseres Bolivien sein als gestern. Das weiß ich zu schätzen. Konstanz war mein Dornröschenschlaf und ich habe ihn zunehmend genossen. Es ist leicht, Bequemlichkeit mit Zufriedenheit zu verwechseln. Aber mehr als Idylle brauche ich Leben – und ich frage mich schon jetzt: Wie soll ich nach meiner Rückkehr erwachen, wenn La Paz nicht mit mir erwacht?
Bahnreisen werden meistens mit Trips in benachbarte Städte oder mit Interrail in die angrenzenden europäischen Länder in Verbindung gebracht. Doch wie ist es, mit Bahn und Fähre auch über Europa hinaus auf einen anderen Kontinent zu gelangen? SPIESSER-Autorin Fabienne wollte
Nach ihrem Abitur im Sommer 2020 entschied sich SPIESSER-Autorin Rebecka für ein Gap Year. Trotz der Corona-Pandemie führte sie diese Zeit unter anderem in ein fernes, sehr religiöses Land: Mexiko. Was sie dort erlebt und über Religion und Glaube gelernt hat, beschreibt sie euch in einem Erfahrungsbericht.
Wie so viele wollte auch SPIESSER-Autorin Sophia nach dem Abitur weg. Irgendwo nach Mittel- oder Südamerika sollte es gehen, um Spanisch zu lernen und in eine fremde und faszinierende Kultur einzutauchen. Sie fand immer mehr gefallen an dem Konzept des Freiwilligendienstes und entschied sich letztendlich
Der Felsendom auf dem Tempelberg ist das prächtigste Gebäude Jerusalems und für Muslime die drittheiligste Pilgerstätte. Dieser befindet sich auf dem damaligen Ersten Tempel Salomons, der für die Juden der heiligste Ort ist. Deswegen ist der Tempelberg besonders umstritten, auch
Das Ende ihres Freiwilligendienstes in Gambia bedeutete für unsere Autorin nicht nur den Abschied von Freunden, Freundinnen und Gastfamilie, sondern auch den schmerzlichen Abschied von den Kindern aus ihrer Klasse.
Während ihres Freiwilligendienstes in einer gambischen Vorschule musste sich unsere Autorin Nana immer neue Methoden ausdenken, um die Neugierde ihrer kleinen Schülerinnen und Schüler wachzuhalten.
Zwischen drei Kilometer dickem Inlandeis und dem tosenden Nordpolarmeer fand in Grönlands Hauptstadt zum dritten Mal das Nuuk Nordisk Kulturfestival statt – ein popkultureller Mix aus Konzerten, Performances und Ausstellungen. In diesem Jahr unter dem Motto „Welcome home“. SPIESSER-Autor
Mülltrennung ist eine Praktik, an die sich die allermeisten Westeuropäer längst gewöhnt haben. Die allgemeine Vorstellung ist es, dass es immer schlechter um die Sortierung von Plastik, Papier und Biomüll steht, je östlicher man geht. Aber auch in Russland wird Mülltrennung
Während ihres Freiwilligendienstes hat sich SPIESSER-Autorin Nana nicht nur in ihr Gastland Gambia verliebt, sondern vor allem auch Freundschaft mit vielen kleinen Menschen geschlossen.
Besonders nach dem Abitur reisen viele junge Deutsche in Länder des globalen Südens, um dort einen Freiwilligendienst zu absolvieren. Wie das die Menschen vor Ort und besonders in ihrer Gastregion in Gambia eigentlich finden, fragt unsere Autorin Nana in diesem Artikel.
Max und Paul, zwei 28-jährige Berliner, haben einen gemeinsamen Traum: von Berlin nach Teheran reisen. Und zwar mit dem Fahrrad. SPIESSER-Autorin Sarah hat die beiden bei einem Festival im Juli kennengelernt und fand die Idee, damit ein Spendenprojekt zu unterstützen so klasse, dass sie die
Bevor ich 2014 für einen Freiwilligendienst nach Gambia aufbrach, wussten die meisten meiner Gesprächspartnerinnen und -partner nicht mal, wo das Land liegt. Seit den Debatten um die sogenannte Flüchtlingskrise 2015 ist das kleine westafrikanische Land jedoch ständig in deutschen
Wie kommt man auf die Idee, mitten in Nairobi mit einer Kamera zu stehen und einen Film drehen zu wollen? Das hat sich SPIESSER-Autorin Lotta im Nachhinein oft gefragt. Dennoch hat sie es gewagt, mit einer Idee und ganz viel Mut, es einfach mal zu machen. Ein Erfahrungsbericht.
Eine Woche war SPIESSER-Autorin Helen in Albanien unterwegs und traf dort auf viel Natur, Gastfreundschaft und Herzlichkeit. Gleichzeitig jedoch auch auf ein Land, das von Auswanderung geplagt und gefangen zu sein scheint zwischen seiner kommunistischen Geschichte und Mentalität und dem Weg in die EU.
Auf einem Wanderurlaub durch die Highlands hat SPIESSER-Autorin Annika nicht nur Schottland von einer unvergesslichen Seite erlebt, sondern auch ihre Privatsphäre gesucht. Was erlebt man auf 150 Kilometern – und wie kann man trotz Hobbit Houses mal für sich alleine sein?
Euer Traum ist ein internationaler Freiwilligendienst, aber ihr wisst nicht wie ihr für dieses Jahr noch eine Stelle bekommt? Beim DRK Soziale Freiwilligendienste Mecklenburg-Vorpommern sind für den Beginn ab Sommer 2019 noch viele Stellen frei!
Russland – der Ursprung des Balletts. Nussknacker, Schwanensee und Tschaikowski hat jeder schon gehört oder gesehen. Aber wie sieht es hinter den Kulissen eines russischen Balletts aus? SPIESSER-Autorin Marie war für euch in Moskau unterwegs.
Sicherlich haben viele von euch die Tomb-Raider-Spiele gespielt oder kennen die Indiana-Jones-Filme, wo furchtlose Abenteurer die Welt retten und uralte Geheimnisse entdecken. Aber wie ist es in echt, ein Archäologe zu sein? SPIESSER-Autorin und Archäologin Marina erzählt von ihrem Arbeitsalltag.
„Irgendwas mit Medien“ – das wollen viele junge Menschen, doch der Weg dorthin ist oftmals schwierig und es gibt mehr als nur einen Weg in die Welt der Medien. Eine Möglichkeit, sich über Journalismus und Co. zu informieren, sind die Jugendmedientage, diese finden in diesem
Indonesien, der weltgrößte Inselstaat, verteilt sich auf 17.508 Inseln. SPIESSER-Autorin Anna erbte eine Faszination für das Land von ihrem Opa und reiste im Rahmen eines Seminars in ihrem Politikstudium selbst hin – ihre Erfahrungen lest ihr hier.
Unterwegs auf dem Forschungsschiff Aldebaran: Als Schüler auf einem Forschungsschiff mitfahren? Klingt unmöglich? Nein, das ist es definitiv nicht. Im April reichte ich zusammen mit zwei Freundinnen eine Projektskizze beim Meereswettbewerb der Deutschen Meeresstiftung ein. Unsere Idee: Die
Warum geht ihr auf Festivals? Wegen der coolen Stimmung? Um Gleichgesinnte in Sachen Musikgeschmack zu finden? Oder um einfach nur ein paar weitere Künstler und Bands auf eure Gesehen-Liste setzten zu können? Beim PEOPLE-Festival am 18. und 19. August im Funkhaus Berlin fand SPIESSER-Autor Paul die Antwort.
Was soll mit, was kann zuhause bleiben? Vor jedem Urlaub steht man vor der gleichen Herausforderung: Den Koffer packen. Noch schwieriger wird es jedoch, wenn man wie SPIESSER-Autorin Annika 800km durch Spanien pilgern möchte und nur das mitnehmen darf, was man auch tragen kann.
„Irgendwas mit Medien und das mal ganz woanders“, versprach ich mir von meinem Praktikum in Ghana. „Das wird ein ganz schöner Kulturschock“, entgegneten Freunde und Familie. Wie es live in Ghana wirklich war, erzählt SPIESSER-Autorin Sarah.
Unsere Tapferen vier SPIESSER Musketiere sind UNTERWEGS! Doch die Hürden, die ihnen die rauen Straßen der Bundesrepublik stellen sind nicht genug. Stellt auch ihr der SPIESSER-Truppe Travel-Challenges!
Kuba, die Insel in Sichtweite von Miami, die eine der wenigen sozialistischen Staaten dieser Welt ist, in der die Geschichte Spanisch zur Landessprache machte und beibehielt, wo Zigarren und Rum gelebtes Klischee sind, wo überall Musik aus alten Radios schallt und der Rhythmus von Salsa bereits
Als mir eine Freundin davon erzählte, konnte ich es nicht so recht glauben: Eine isolierte Inselgruppe im Nordatlantik veranstaltet ihren eigenen Music Award? Bei mehr Schafen als Einwohnern? Ganz klar, ich musste dorthin.
Eva und Jan werden diesen Sommer durch Europa wandern. Mit ihrem Projekt „Adventureland Europe“ werden sie gleich mehrere gute Zwecke von Bulgarien bis nach Spanien unterstützen. SPIESSER-Autorin Marie haben die zwei erzählt, wie sie die Welt positiv beeinflussen wollen.
SPIESSERin Lara studiert im Rahmen ihres Masters ein Semester am Moskauer MGIMO. Ihre Kommilitonen interessieren sich für Sprachen und Pelz, zu Politik und Regierung hält man sich zurück. In diesem Text erlaubt Lara euch einen Blick hinter die Kulissen der russischen Eliteuniversität.