Härtetest

... und eins und zwei
und Grand-Plié

Tutu, Rosa und ein bisschen rumhüpfen – typisch Ballett? SPIESSER-Autor Jan hat sich zwar
nicht ins kurze Röckchen gezwängt, aber fein die Füßchen aufgestellt. Ein echter Härtetest?

10. April 2015 - 13:08
SPIESSER-AutorIn JanD.
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JanD Offline
Beigetreten: 23.02.2015

Donnerstagabend, halb sieben, es ist dunkel und kalt. Ich besuche heute eine Freizeit-Ballettgruppe im
Tanzstudio Mira Moves in Dresden. Ans leicht bekleidete Tanzen mag ich noch gar nicht denken, ohne
Gänsehaut zu bekommen. Auf dem Weg zu meinem ungewöhnlichen Work-out träume ich noch ein bisschen von großen Bühnen und Schwanensee. Aber auch von knallharter Arbeit, Körpern aus Stahl – der Film Black Swan kommt mir in den Sinn. Doch das Tanzstudio meiner Wahl sieht etwas unspektakulärer aus. Mein Ziel: heute nur mal üben.

Am Empfang begrüßt mich Miroslava Borrmann, genannt Mirka. Die gebürtige Slowakin war jahrelang professionelle Balletttänzerin und hat danach einige Jahre als Tanztrainerin gearbeitet. Heute leitet sie ihr eigenes Studio. Ihr Händedruck ist fest, ihre Stimme klar und deutlich. Sie hat aber auch etwas Warmes an sich, ich fühle mich direkt wohl. Meine anfängliche Nervosität ist direkt verflogen. Ab zum Umziehen!


Schöne Socken hat er an.
Auf die Socken, fertig, los!

Ausgerechnet als letzter Teilnehmer tapse ich auf Socken in den Tanzsaal mit den Spiegelwänden und stelle mich höflich vor. Erste Feststellung: nicht viel los hier. Wir sind zu viert. Zweite Feststellung: Ich bin der einzige Mann. Dritte Feststellung: Einige der Teilnehmerinnen sind wesentlich älter als ich, wirken gleichzeitig aber auch wesentlich fitter. Schon fangen meine Beine wieder an, sich der Konsistenz von Pudding zu nähern. Ich merke, dass ich doch ein bisschen Schiss habe, mich zu blamieren. Dabei kann ich wackelige Beine gar nicht gebrauchen, denn jetzt geht es an die Ballettstange. „Die Frauen sind
alle schon ein bisschen weiter als du“, sagt Mirka zu mir, „mach einfach das, was du kannst.“ Das sagt sie so einfach. Zunächst muss ich die Füße im 180-Grad- Winkel zueinander stellen. Ich lerne danach den Unterschied zwischen Demi-Plié und Grand-Plié. Bei Ersterem bleiben die Fersen auf dem Boden, beim Zweiten dürfen sie gehoben werden. Aber das ist lange nicht alles. Dazu diese Geschwindigkeit, das geht mir alles zu schnell. Am Schluss soll ich, auf einem Bein stehend, auch noch die Stange loslassen, die ich bis jetzt panisch umklammert halte. „Immerhin stehen kann er“, kommentiert Mirka schmunzelnd.

Die Angst vor dem Drehwurm

Doch mein eigentlicher Horror steht mir noch bevor: die Pirouette. Vor nichts hatte ich im Vorhinein so Bammel wie vor dem eleganten Drehen um die eigene Achse – auf nur einem Bein! Aber es gibt kein Entrinnen. Unsere Lehrerin bittet uns in die eine Ecke des Tanzsaals und von dort müssen wir rotierend in die diagonal gegenüberliegende Ecke des Raumes gelangen. Ich bin mir wohl selten in meinem Leben so unbeholfen vorge-kommen. Ich bekomme plötzlich aber auch ein Gefühl dafür, was es für ein tolles, erhabenes Gefühl sein muss, so über das Tanzparkett zu schweben. Nur mit dem Schweben hat es noch nicht so geklappt.

Aber dennoch, ich kann nicht sagen, dass ich keinen Spaß hätte. Ballett ist sicher kein einfach zu erlernender Sport, schon gar nicht, wenn man erst mit Anfang 20 damit beginnt. Es erscheint mir aber nach gut einer Stunde auch nicht mehr unmöglich. Ich bin auch nicht so verschwitzt, wie ich es erwartet hätte. Zum Schluss gibt es noch eine Übung nach meinem Geschmack, bei der es darum geht, die Arme elegant wie ein Vogel schwingen zu lassen. Ich freue mich über die Abwechslung zur intensiven Beinarbeit, habe das erste Mal heute das Gefühl, etwas einigermaßen zu können und bekomme so doch noch meinen Schwanensee.

Wann kommst du wieder?

Die spannende Frage am Ende: Sollte ich weitermachen? Mirka lächelt breit. Eine Bedingung gibt es allerdings: „Du müsstest noch Krafttraining machen. Nämlich, um uns Frauen zu heben.“ Ich wusste doch, dass die Sache einen Haken hat. Ich bin trotzdem zufrieden. Ich habe eine Menge gelernt und bin dabei nicht ein einziges Mal ausgelacht worden. Als ich mich verabschiede, fragt mich Miroslava dann auch: „Und wann kommst du wieder?“ Mal sehen. Mein Fazit und Appell an euch alle: Lieber mal tanzen statt laufen!

Text: Jan Duensing
Video: Mirko Nemitz
Fotos: Norbert Neumann

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