Katharina war Austauschschülerin in Mexiko. Dort lebte sie bei einer mexika-nischen Gastfamilie.
Am 4. August des letzten Jahres stand ich aufgeregt und nervös am Frankfurter Flughafen. Ich wusste zwar wo der Flug hin ging, aber nicht was mich dort erwarten würde. Jetzt, elf Monate später, fand ich mich in einer ähnlichen Situation wieder. Dieses Mal stand ich am Flughafen von Guadalajara und und flog nach Hause. Aber was würde mich jetzt dort erwarten? Ist alles noch so, wie ich es verlassen habe? Haben sich Freunde und Familie verändert? Hab ich mich verändert?
Nachdem ich mich von meiner Gastfamilie verabschiedet hatte, war von der Freude nach Hause zu fliegen gar nicht mehr so viel übrig. Was stattdessen da war? Tränen! Und die Literweise! Ich hatte mir soviel in den vergangenen elf Monaten aufgebaut und jetzt musste ich es wieder zurücklassen. Ich habe mich in Mexiko und die Kultur eingelebt. Ich wusste, wann 4 Uhr nachmittags wirklich 4 Uhr nachmittags war und wann eigentlich halb fünf. Ich habe gute Freunde gefunden — mehr als ich überhaupt gedacht hatte.
Meine letzten original mexikanischen
Tortillas.
Ich wusste, wo im Supermarkt das Chili steht und wo die Tortillas liegen. Und welche Soße zu welchen Tacos am besten schmeckt. Doch mit Tortillas und scharfen Soßen sollte nun einfach so – von heute auf morgen – Schluss sein. Bis auf den kleinen Vorrat, den ich in meinem Koffer mitnehmen konnte, werde ich nichts mehr davon haben. Ist der einmal aufgebraucht, kann ich nicht in den nächsten Supermarkt gehen und neues kaufen. Genau dieser Gedanke traf mich nun wie ein Schlag ins Gesicht. Und bis zur Landung in Frankfurt blieb die Faust da hängen und drückte mir die Erkenntnis direkt ins Gehirn. Als ich meinen Koffer vom Laufband hievte, realisierte ich erst, dass meine Füße wieder auf dem Boden der Bundesrepublik standen.
Wassermelone mit Chili
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Und plötzlich war alles so unglaublich Deutsch. Am Fahrkartenschalter löste ich eine Zugfahrkarte, in Mexiko gab es nur Busse. Beim Einsteigen stellte ich fest, dass Deutsche gar nicht so unfreundlich sind, wie es immer heißt. Eine Frau half mir die Koffer in den Zug zu stemmen. Auf meinem Platz lutschte ich etwas wehmütig und ein bisschen zum Trost einen Lolli, den ich noch im Koffer hatte. Geschmack: Wassermelone mit Chili. Lecker.
Übermüdet schaute ich aus dem Fenster. Die Landschaft war grün. Als ich in Guadalajara abgeflogen bin, hatte die Regenzeit erst seit ein paar Tagen wieder angefangen. Noch war alles sehr vertrocknet. Doch hier, in Good Old Germany, lächelten mir grüne Bäume und Felder entgegen.
Umso näher ich der Heimat kam, desto nervöser wurde ich. Jetzt dauerte es nicht mehr lange und ich würde meine Familie wieder sehen. Erneut half mir ein Deutscher beim Koffer schleppen. Und da standen sie: meine Eltern. Und als Begrüßung umarmten wir uns sehr lange. Eine wunderbares Gefühl!
Vollkornbrötchen mit Fleischsalat
Zugegeben: Vor der Rückkehr hatte ich Angst, ob ich mich sehr verändert hatte. Bin ich meiner Familie oder meinen Freunden fremd geworden? Verstehe ich mich überhaupt noch mit ihnen? Zu oft habe ich das Wort „Charakterveränderung“ in Zusammenhang mit „Schüleraustausch“ gehört.
Alles beim Alten. Mein Papa und Ich.
Doch während der Heimfahrt und den ersten Tagen war ich einfach nur erstaunt darüber, wie sehr alles beim Alten geblieben ist. Natürlich ist meine kleine Schwester größer geworden. Meine Freunde haben neue Leute kennengelernt. Doch fremd waren wir uns nicht. Auch nach elf Monaten Schüleraustausch bleibt der Hans eben Hans, ich nun mal ich und meine Freunde meine Freunde.
Ich war also wieder zu Hause. Am Anfang war es merkwürdig. Ungewohnt eben, doch nach fünf Tagen war ich dann wirklich angekommen. Endlich konnte ich wieder Vollkornbrötchen mit Fleischsalat essen. Um vier Uhr nachmittags war wirklich um vier Uhr nachmittags. Und an Stelle der besten Tacos der Welt kam ich nun endlich wieder in den Genuss der weltbesten Schokolade. Und noch hab ich ja ein paar Tortillas im Tiefkühlfach.
Weltenbummler
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Teaserfoto: Thomas Siepmann/ pixelio.de
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