Während andere bei Kerzenlicht unter dem Weihnachtsbaum Geschenke auspacken, taucht Eva knapp 8.900 Kilometer enfernt auf einer winzigen Insel in Thailand ab. Warum? Weil Weihnachten stinkt.
22. December 2013 - 11:50 SPIESSER-Autorin Eva Weber.
Die Vorhölle: Wochenlang Geschenke suchen, die Mama, Papa, Bruder, Freunde glücklich machen. Immer in ekelhafter Kälte, immer auf den letzten Drücker, immer gemeinsam mit zu vielen anderen gestressten Seelen. Nach einer unerträglich langen Zugfahrt in Abteilen, die ebenfalls mit gestressen Seelen vollgestopft sind, sofort in absolut festlicher Stimmung sein, gefälligst! Hier schmücken, da aber nicht, iss das, das auch, ist das nicht lecker? Überall Plätzchen, überall Nettigkeiten austauschen, später dann noch Geschenke... ich hasse Weihnachten. Ich ertrage diese verabredete Fröhlichkeit nicht.
Weihnachtsbaum auf Thailändisch...
Das Protokoll ist, zumindest in meiner Familie, immer dasselbe: Am 24. wird die ganze Familie aus dem Haus geschmissen, damit meine Mutter in Ruhe den Baum (der traditionell zu groß, zu klein, zu krumm ist und für den man jedes Jahr wieder den Christbaumständer unter Fluchen im Keller suchen muss) schmücken und das Essen vorbereiten kann. Wenn ich mit meinem Vater und Bruder am späten Nachmittag aus der Stadt zurückkomme, wo wir uns leidenschaftlich über Last-Minute-Schenker amüsiert haben, bricht die Hölle los. Meine Mutter ist, ach was, gestresst (meiner Ansicht nach die einzige aufrichtige Weihnachtsstimmung), weil sie alles alleine machen "musste". Beim Abendessen gibts das erste Mal Streit - vielleicht, weil mein Vater das Essen so sehr gelobt hat, dass meine Mutter es für Sarkasmus hält, vielleicht, weil ich ein Haar, das sich in meinen Fingern verfangen hat, auf den Boden geworfen habe (schon passiert!). Das Gesicht zur Faust geballt müssen im direkten Anschluss Dankbarkeit und große Freude beim Geschenkeauspacken vorgetäuscht werden, bis es zum zweiten Mal Streit gibt, weil mein Bruder ankündigt: "Ich geh jetzt noch weg." - "WAS?! Aber es ist doch Weihnachten!"
... und Weihnachtsbaum in absolut perfekt:
der Weihnachtsbaumwurm.
Immer habe ich mich gefragt: Wie ist es wohl, von Anfang an weg von diesem Zauber zu sein - und zwar möglichst weit weg? Mein Urteil: Es ist S P E K T A K U L Ä R. An Heiligabend 2012 habe ich meinen Tauchkurs auf Koh Tao begonnen. Die Weihnachtsfeiertage habe ich damit verbracht, mit meinem Equipment überfordert zu sein, unter Wasser Fahrstuhl zu fahren (also ständig aufzusteigen und abzusinken, ohne den physikalischen Vorgang dahinter auch nur ansatzweise zu begreifen) und Theorie zu büffeln, um meine Prüfung zu bestehen. Als Weihnachten vorbei war hatte ich statt zu viel von meiner Familie tatsächlich einen Tauchschein in der Hand, mein Equipment endlich im Griff und einen Walhai gesehen. Und: Unzählige tolle Menschen kennengelernt, denen es mit Weihnachten genauso geht wie mir und für die Weihnachtsbaumwürmer die einzig wahren Weihnachtsbäume sind. Ich hatte mich verliebt - in das Blau des Ozeans, das unter Wasser ganz anders aussieht als an Land. In das Gefühl von Schwerelosigkeit, wenn man perfekt austariert ist (also das Fahrstuhlfahren endlich hinter sich gelassen hat). In die Tatsache, dass wahre Besinnlichkeit unter Wasser stattfindet, weil hier jeder gezwungen ist, die Klappe zu halten. Selbst in das Schaukeln des Tauchbootes, wenn es früh um 8 Uhr von Welle zu Welle hüpft. Es war das beste Weihnachten seit dem mit dem Legoparkhaus, das mich vor Ewigkeiten so beschäftigt gehalten hat, dass ich nichts vom Stress und Gezicke um mich herum mitbekommen habe.
Weihnachten bitte nur noch so!
Um 100-prozentig ehrlich zu sein: Auch hier komme ich nicht ganz am traditionellen Weihnachten vorbei. Obwohl Thailand zu 94 Prozent buddhistisch ist lassen sich die Einheimischen die Gelegenheit nicht nehmen, alles übertrieben weihnachtlich zu schmücken und Jingle-Bells zu singen. Und wir Nicht-Einheimischen feiern hier ja ohnehin die ganze Zeit - und wenn es nur die Tatsache ist, dass wir keine Winterjacken tragen müssen. Wen wunderts? Statt diesen Text vor irgendeiner auf vier aufgedrehten Heizung zu schreiben sitze ich in kurzer Hose und Trägertop auf meinem Balkon, meine ägyptischen Nachbarn haben mich gerade eingeladen, Selbstgekochtes aus dem Wok mit ihnen zu essen, und später werde ich blutigen Tauchanfängern vormachen, wie sie das Fahrstuhl-Fahren vermeiden können.
Einen heiligeren Abend kann ich mir nicht vorstellen.
Text: Eva Weber
Fotos: Meike Winhold; Harald Schottner / pixelio.de
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Du machst mich echt voll neidisch.
Wie gerne würde ich jetzt meine Sachen packen und dir folgen ;D
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
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mxk
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Du machst mich echt voll neidisch.
Wie gerne würde ich jetzt meine Sachen packen und dir folgen ;D
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