SPIESSER-Autorin Hanna hat einen alten Vater. Eigentlich könnte er auch glatt ihr Opa sein, denn er ist schon 70 Jahre alt. Auf SPIESSER.de erzählt Hanna, wie es ist, einen alten Papa zu haben und wie sie mit den Mobbing-Attacken ihrer Mitschüler klar kam.
18. May 2007 - 18:30 SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
"Warum kommt deine Mutter eigentlich immer mit deinem Opa zur Elternversammlung?", wurde ich von einem Mitschüler in der 5. Klasse gefragt. Sofort schauten auch die anderen Schüler auf und waren auf meine Antwort gespannt. Ich überlegte kurz, ob mein Opa schon mal auf einer der Elternversammlungen gewesen war und wusste zuerst gar nicht, was sie hören wollten. Mein Opa war noch nie auf einer Elternversammlung! "Doch, Doch!" , bestätigten jetzt auch die Anderen. Mir wurde zum 1. Mal bewusst, dass mein Vater für viele Kinder schon als alter Opa galt. Ich war damals 11 Jahre alt - Er war 61. Viele meiner Freunde hatten nicht mal Großeltern in diesem Alter.
"Meine Mama geht mit meinem Papa zur Elternversammlung!" , sagte ich leise. Die Anderen nannten mich daraufhin eine Lügnerin. Dann schwiegen sie oder gingen weg. Ein Mädchen, das ich eigentlich mochte, fasste mir mitfühlend auf die Schulter und meinte, es müsse mir nicht peinlich sein, wenn ich keinen Vater habe. "Habe ich aber! Der ist nur alt!" Da hatte ich es zum 1. Mal ausgesprochen: Mein Vater ist uralt.
Irgendwann glaubten mir auch die anderen. Sie wollten wissen, wie alt meine Großeltern sind. Damals waren sie 58 und 62. Als ich das sagte, stellten sie mich wieder als Lügnerin hin. Bis jemandem einfiel, dass das die Eltern meiner Mutter sein könnten und die Eltern meines Vaters schon tot sind. Ich kenne meine Großeltern väterlicherseits nicht! Daran hatte ich vorher aber nie gedacht. Normalerweise hat man ja nun mal zwei Paar davon. Ich nicht. Aber dafür habe ich vier ältere Halbgeschwister.
Hanna ist heute 20.
Foto: privat
Als ich geboren wurde, hat mich mein Neffe - der Sohn meiner ältesten Halbschwester - im Kinderwagen über den Hof geschoben. Meine ältesten Geschwister sind fast so alt wie meine Mutter. Und vor zwei Jahren ist mein Vater Uropa geworden. Darauf warten meine Großeltern bis heute noch vergebens! Alles ist etwas verdreht in meiner Familie.
Dabei ist es gar nicht so ungewöhnlich, wenn Männer mit über 50 Jahren noch Kinder bekommen. Anthony Quinn war 81 Jahre alt, als er seinen jüngsten Sohn Ryan bekam. Dieser war fünf, als sein Vater starb. Pablo Picasso bekam mit 68 sein viertes Kind. Franz Beckenbauer schaffte es mit 57 Jahren, noch mal Vater zu werden. Johannes Rau mit 55. Es gibt unzählige Beispiele von Vätern, die den biologischen Bestimmungen trotzten. Ein regelrechter Trend brach vor 4 bis 5 Jahren aus. Zu dieser Zeit beschäftigten sich auch die Medien intensiv mit dem Thema und veröffentlichten teilweise erstaunliche und beängstigende Erkenntnisse. So hieß es in einem Online-Magazin, dass sich ab dem 45. Lebensjahr für jedes weitere Altersjahr des Vaters, das Leben der Tochter um jeweils sieben Monate verkürzen würde. Demnach werde ich dank meines Vaters rund drei Jahre früher sterben, als von Mutter Natur vorgesehen! Oh Schreck!
Die ersten Hürden überwand ich übrigens schon in den ersten Lebenswochen im Bauch meiner Mutter. Das Autismus-Risiko für Kinder von Vätern über 40 Jahren versechsfacht sich nämlich laut US-Wissenschaftlern. Autismus ist eine Erbkrankheit, deren Gründe bisher relativ unerforscht sind. Man weiß nur, dass sie durch eine Störung des Gehirns ausgelöst wird und sich in gestörtem Sozial- und Sprachverhalten äußert.
Zwei weitere Gefahren sind mir in meiner Frühentwicklung ebenfalls erspart geblieben: Alte Männer zeugen häufiger Kinder mit Zwergenwuchs und das British Medical Journal schrieb, dass die Gefahr für Schizophrenie wachse, je älter der Vater sei.
Entgegen der Stimmen von Wissenschaftlern konnte ich mich während meines Heranwachsens im Mutterleib also durchboxen, aber was sagen Psychologen über den weiteren Verlauf meiner Entwicklung? Bin ich, sowie Ryan Quinn, Paloma Picasso, Francesca Beckenbauer, Laura Rau und all die anderen Kinder uralter Väter psychisch irgendwie gestört?
Alte Väter sind erfahrener und haben mehr Geld. Sie können ihren Kindern mehr bieten: Mehr Luxus und mehr Wissen. Vorausgesetzt, sie sterben nicht zu früh. Die Beziehung zwischen den Eltern ist oft gefestigter - und wenn ein Paar in diesem Alter ein Kind bekommt, ist es fast immer ein Wunschkind. Medien gehen sogar so weit, zu sagen, dass Kinder alter Väter intelligenter seien.
Alles, was bei mir, Ryan Quinn und Co. im Leben schiefläuft, lässt sich also doch nicht auf die Väter schieben. Holzbauklötze statt Playmobil und Bücher statt Computerspielen hatten ja auch ihre guten Seiten.
Text: Hanna Sailer Foto: pixelio
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
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mxk
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