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„Wirtschaftsethik muss Thema in der Schule sein!“

Wirtschaftsunterricht steht in dem Ruf trocken und schwierig zu sein. Lehrer Bernward Micken erklärt im Interview, warum er trotzdem enorm wichtig ist und wie man ihn interessant gestaltet.

01. November 2010 - 11:50
von SPIESSER-Autorin Sabrina.
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Sabrina Offline
Beigetreten: 27.04.2009

SPIESSER.de: Wirtschaftsthemen haben für viele Schüler einen trockenen Beigeschmack …

Bernward Micken … ja …

… was finden Sie denn so faszinierend an Wirtschaft? 

Der Erklärer

Bernward Micken, 61, unterrichtet Politik, Sozialwissenschaften und Erziehungswissenschaft am Clara-Fey-Gymnasium in Schleiden, Nordrhein-Westfalen. SPIESSER-Autorin Sabrina war seine Schülerin.

Von der Wirtschaft ist letztlich jeder betroffen, jeder ist daran beteiligt und niemand kann sich ihr entziehen. Das macht die Faszination aus. Außerdem finde ich persönlich diese Kombination von Mathematik – also der scheinbaren Berechenbarkeit von Wirtschaft – und der sozialpsychologischen Komponente interessant.

Wieso können wir uns der Wirtschaft nicht entziehen?

Jeder ist ja in seiner privaten Lebensführung vom Konjunkturverlauf und von der Preis-, der Einkommens- und der Steuerentwicklung im erheblichen Maße abhängig. Und darum finde ich es auch im Unterricht ungeheuer wichtig, dass die Schüler Grundkompetenzen erlernen, um zum Beispiel Wirtschaftsnachrichten zu verstehen.

Trotzdem wirken Wirtschaftsthemen oft nüchtern und kompliziert. Wie versuchen Sie denn Ihren Schülern die Themen interessant zu vermitteln?

Geld spielt eine Rolle!

Sparen oder ausgeben. Was machen Jugendliche mit ihrem Geld? Hier lest ihr die Ergebnisse unserer großen Umfrage zum Thema Geld.

Ich wähle immer Beispiele aus dem Leben, stelle einen aktuellen Bezug her. Wir gucken also, was in der Tagespresse steht, und stellen dann Bezüge her zu den Erklärungsansätzen, die uns die Theorie liefert.

Wobei mir auch ungeheuer wichtig ist, dass man nicht allein die Wirtschaftszusammenhänge versteht, sondern auch die ethische Komponente nicht vergisst. Wir haben in Deutschland meines Wissens nur zwei Lehrstühle für Wirtschaftsethik. Hier wird der Mangel des Systems deutlich und letztlich auch eine der Ursachen für die katastrophale Misswirtschaft der Großbanken. Regelungen und die ethische Komponente des Wirtschaftens werden zu sehr übergangen.

Also würden Sie sich wünschen, dass Wirtschaftsethik in den Lehrplan für allgemeinbildende Schulen aufgenommen wird?

Es ist zwingend erforderlich, dass man diese Komponente stärker betont.

Und warum wird sie noch nicht ausreichend berücksichtigt?

Mir scheint, das liegt an einem Mangel an Problembewusstsein. Ich sehe, dass sich in unserer Gesellschaft eine ungeheure Zockermentalität entwickelt, an der jeder partizipieren möchte. Die Leute wollen möglichst viel mit möglichst wenig Nachdenken erreichen. Diese Zusammenhänge werden gesamtwirtschaftlich wenig gesehen und deswegen findet das auch keinen rechten Weg in die Lehrpläne.

Deshalb ist es so wichtig, dass es Aktionen wie das Planspiel Börse gibt. Dabei bekommen die Jugendlichen ein ein Gefühl dafür , wie es wirklich ist, wenn man mit Geld hantiert, Geld vielleicht sogar verliert. Obwohl es nur eine Spielsituation ist.

Aktionen wie Planspiel Börse fördern also das Problembewusstsein, indem Schüler selbst ökonomisch handeln und nicht nur theoretisch aus dem Lehrbuch lernen?

Ja, so eine Aktion fördert das Verständnis für wirtschaftliche Abläufe und auch das Wissen darüber. Die theoretische Begleitung ist trotzdem wichtig. Denn nur die Reflexion des eigenen Handelns führt dazu, dass die Schüler über dessen Konsequenzen nachdenken und sich überlegen, auf wessen Kosten oder zu welchem Zweck Gewinn erwirtschaftet wird.

Ohne die Betreuung kann der Unterricht leicht umkippen: Schüler entwickeln eine Zockermentalität und letztlich wird die Gier nach Geld gefördert. Denn wenn ich bei dem Planspiel das Geld vermehre, erwecke ich bei den Schülern ja zwangsläufig das Gefühl, dass sie das mit ihrem eigenen Geld auch machen könnte. Mit der Kombination aus Erleben und Theorie kann ich die Schüler darauf aufmerksam machen, dass man das Geld auch ebenso verlieren kann, und außerdem die Frage stellen, ob denn Sinn und Zweck des Lebens nur die Geldvermehrung für einen selbst ist.

Mir hat an ihrem Unterricht immer gefallen, dass sie auch mit Humor dabei waren.

Das ist für mich generell für guten Unterricht unerlässlich.

Aber wie gelingt es Ihnen dann, die Balance zu halten? Wie verhindern trotz des Humors, dass die Ernsthaftigkeit der Themen untergeht?

Gelegentlich neige ich zu sarkastischen oder satirischen Überhöhungen. Und die machen in der verbalen Zuspitzung letztlich die Ernsthaftigkeit schon sehr deutlich.

Jetzt würden wir Sie als Wirtschaftslehrer auch gerne einmal in Aktion erleben. Was ist denn Inflation?

Das ist Geldentwertung. Wenn man also für sein Geld weniger kaufen kann als im Jahr zuvor. Etwa dadurch, dass sich mein Geld nicht vermehrt hat und die Waren teurer geworden sind.

Und was ist Kaufkraft?

Kaufkraft ist die Angabe darüber, wie viel ich mir für mein Geld kaufen kann. Wenn ich mir für zehn Euro zwei Hosen kaufen kann, habe ich eine hohe Kaufkraft und wenn ich mir dafür nur noch ein Pfund Butter kaufen kann, dann ist die Kaufkraft sehr niedrig.

Mitmachen: Planspiel Börse 2010

Wie geht man mit Geld am besten um? Seit dem 4. Oktober läuft das Planspiel Börse 2010. Ihr könnt euch dafür noch bis zum 9. November anmelden. 

Anmeldung: bis 9. November
Spielende: 14. Dezember

Das Planspiel Börse ist ein Online-Wettbewerb der Sparkassen für Schüler und Studenten. Im Schülerwettbewrb beträgt das virtuelle Startkapital 50.000 Euro, 175 Wertpapiere stehen zur Verfügung. Zur Depoteröffnung braucht ihr eine Depotnummer und ein Passwort. Beides gibt es bei einer Sparkasse in eurer Nähe.

So funktionierts: Bildet ein Team und erarbeitet eine Anlage-Strategie. Ihr entscheidet, in welche Wertpapiere ihr investiert. Gewinner sind die drei Teams mit dem höchsten Depotwert und die drei Teams, die den höchsten Ertrag mit nachhaltigen Wertpapieren erzielt haben. Diese sechs Teams werden für ein Wochenende nach Berlin eingeladen. Das Team mit dem höchsten Depotwert fährt außerdem nach Paris und trifft die anderen europäischen Siegerteams.

Interview: Sabrina Greifenhofer

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit dem Planspiel Börse

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