SPIESSER.de-Userin Schokoballerina hat ihr Abi geschafft (Herzlichen Glückwunsch!). Jetzt ist plötzlich alles anders – und sie nicht mehr so glücklich, wie sie es vor dem Abi war.
12. July 2016 - 22:19 SPIESSER-AutorIn Schokoballerina.
Vorhang zu, die Show ist vorbei und der Vorbereitungsstress Vergangenheit. Nein ich rede nicht von meiner letzten Ballettauffürhung, sondern von meinem Schulleben. Ab jetzt, die Erinnerungen vom Abiball sind noch ganz frisch, bin ich frei und kann mit meinem Leben anstellen, was immer ich möchte. Nur leider wirkte das all die Jahre aus der Ferne einfacher, als es jetzt wirklich ist. Ich stelle fest, dass Freiheit gar nicht so einfach ist und dass dieser blöde 21. Jahrhundert-Trend vom „Freizeitstress“ wirklich nerven kann.
Ich stehe also hier. Durchschnitt-9-Stunden-Schläfer, Sporttreiber und Minijobber. Klingt nach einer Struktur und sogar meine Bewerbungen sind seit heute eingetütet und verschickt. Das heißt, ich bin noch nicht mal mehr planlos. Nur irgendwie auch nicht mehr genauso glücklich wie vorher. Ich will damit nicht sagen, dass ich unglücklich bin, nur scheint sich Glück plötzlich neu zu definieren und dieser neue Lebensabschnitt beginnt irgendwie doch schneller, als ich es erwartet hatte. Mein Alltag wurde komplett auf den Kopf gestellt, Routinen sind nicht mehr die gleichen und es gibt immer noch verdammt viel zu bedenken.
Das Problem des Menschen liegt wohl in Folgendem: Wir setzen uns selbst Grenzen – zeitliche, emotionale oder auch örtliche. Wir wissen, es macht ab und an Spaß, diese Grenzen zu überschreiten. Was aber passiert, wenn wir keine Grenzen mehr haben, bedenken wir selten. Immer hieß es: „Nach dem Abi...“ oder „Nur noch bis zum Abi“. Tja und nun habe ich diese Grenze bezwungen, habe sie erfolgreich überschritten und stecke mittendrin in meiner früheren Konjunktivzeitspanne. Nicht, dass ich all diese Dinge nicht mehr machen möchte, vielmehr ist die Zeit das Problem – wer hätte es gedacht. Klar möchte ich endlich all den Schlaf aufholen, der für's Lernen draufgegangen ist. Liebend gern würde ich fix mal ins Ausland reisen, um fremde Kulturen kennenzulernen und obendrein auch anderen Menschen zu helfen. Sicher hätte ich auch nichts gegen wochenlange Sommernächte mit Freunden und Familie einzuwenden. Mir ist bewusst, dass all das Jammern auf hohem Niveau ist und vielleicht macht mich gerade diese Tatsache noch entmutigter. Manchmal fühlt es sich gar so an, als würde eine innere Stimme schreien: „Dann mach es doch einfach mal!“ Und sie hat ja Recht.
Alle sagen immer, man solle leben solange man jung ist. Aber was heißt schon jung? Bin ich nicht auch nach dem Studium noch jung genug, um die Welt zu bereisen und Menschen zu helfen? Natürlich hat unsere Generation stets einen inneren #YOLO-Denker dabei und fühlt immer wieder ein gewisses Kribbeln, alles jetzt und sofort umzusetzen. Und selbstverständlich liebt man dieses Kribbeln. Es lässt einen glücklich sein und manchmal auch Entscheidungen treffen, die man in einem anderen Zustand nicht getroffen hätte. Doch manchmal ist dieser kleine #YOLO-Kerl auch eine echte Nervensäge. Müssen wir denn wirklich alle Lebensträume in drei Monaten erfüllen? Wäre es nicht viel schöner, sich die Dinge peu à peu zu erarbeiten und ein Leben als Collage schöner Erinnerungen zu führen? Ich habe heute ein Zitat gelesen, das besagte, dass wir oft viel zu beschäftigt sind, das Leben anderer zu imitieren um zu bemerken, dass es ein ganz anderes Drehbuch hat. Vielleicht ist genau das der Punkt: Jeder hat seine Träume und viele Wünsche decken sich sogar ein wenig mit denen der anderen. Das heißt aber nunmal nicht, dass unser Weg der gleiche sein kann, nur weil das Ziel ähnlich wirkt. Jeder muss sich seine Grenzen und Bahnen selbst festlegen und dann ist ein schöner Rückblick am Ende auch für alle garantiert. Wir müssen nur Erfahrungen sammeln.
Ich will also nicht sagen, dass wir Träume immer weiter vor uns herschieben sollen und auch nicht dass wir eine geschäftige To-Do-Liste über unsere Lebensziele führen müssen. Es geht vielmehr darum, dass wir uns Zeit geben, uns selbst kennenzulernen und genau das zu tun, was uns gerade am Besten tut. Klar leben wir nur einmal, aber wir hoffen ja schließlich auf ein langes Leben, also bleibt uns noch ein wenig Zeit das richtig auszukosten. Entscheidungen sind nie einfach und es ist wirklich blöd, dass sie zum Erwachsenwerden dazugehören. Aber mit etwas Glück bringen uns diese Entscheidungen das Abenteuer unseres Lebens oder vielleicht auch das Abenteuer, unser „Leben“. Auch auf die Gefahr hin dass ich jetzt klinge wie eine abgewetzte Motivations-Homepage für Lebenskünstler: Machen wir das aus uns, was wir uns auf nostalgischen Busfahrten ausmalen und werden wir glücklich indem wir wir selbst sind. Wir dürfen Entscheidungen überdenken und auch mal hinterher als falsch abstempeln. Wichtig ist nur, dass wir dabei wir selbst bleiben. Denn so wird aus kleinen Steinen, einigen übertretenen Grenzen und einer fröhlich im Wind wehenden Zielfahne mit Sicherheit ein spannender Weg entstehen.
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Ich bin mehrmals aus Fenstern im 7. Stock gesprungen,
woraus ein Musikvideo zu meinem Song LIMITS entstanden ist:
https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
Bei meinem letzten Sturz fiel ich in Kunst hinein:
[Bild:1]
Viel Spaß
mxk
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