Die EU hat seit dieser Woche eine Haupstadt mehr: In Zagreb lässt es sich billig und hübsch ausgehen, sagt SPIESSER-Autor Theo – und verläuft sich prompt.
05. July 2013 - 14:43 SPIESSER-AutorIn anonymer Nutzer.
Zagreb, Altstadt, 22.10 Uhr: Eigentlich konnte doch gar nichts schief gehen. Ich hätte nur den Kollegen und den anderen Teilnehmern der Konferenz in Zagreb hinterhertrotten müssen. Da habe ich nur kurz ein Foto gemacht, schon ist die Gruppe vor mir spurlos verschwunden... Ich stehe vor einer Art Kathedrale und blicke mich hilflos um.Es ist gleißend hell, den vielen Laternen sei dank. Leider bin ich aber mit dem Orientierungssinn eines Kleiderschranks gesegnet und treffe nur auf Nora aus Spanien, die irritierenderweise plötzlich Deutsch spricht und ebenfalls nicht weiß, wo der Rest unserer Truppe geblieben ist. Handynummern der anderen? Nicht ausgetauscht. Google Maps? Keine Option, denn weil Kroatien an diesem Abend noch kein EU-Mitglied ist, wären wir vermutlich bankrott, wenn wir mit unseren Handys online gingen.
Von wegen Glücksrad
Also machen wir es auf die altmodische Tour. Du rechts, ich links, in zehn Minuten am gleichen Ort. Meine Straße ist natürlich ein Reinfall. Alles immer noch hell erleuchtet, aber nichts anderes zu sehen als große Baustellen mit skeptisch guckenden Wachmännern davor. Gegenüber ein Kasino mit Glücksrad und drei Leuten, die beinahe schon weglaufen wollen, als sie meine Kamera sehen, und kein Wort Englisch sprechen. Daneben eine verrammelte Gaststätte mit Polizeiabsperrband. Seltsame Gegend.
Nora ist nach zehn Minuten auch nicht erfolgreicher, und so beschließen wir, unseren Frust dann doch lieber in einer belebteren Gegend zu begießen. Der "History caffe club" ist zwar ziemlich touristisch geprägt, hat aber in Euro gedacht wirklich phänomenale Preise auf der Karte und nette Kellner. Und siehe da: Wir begegnen anderen Teilnehmern der Konferenz, die uns den Weg in den Park Ribnjak auf eine Serviette malen können. Dort soll die Party des Abends stattfinden. Noch viel erstaunlicher, dass Nora und ich dorthin finden, ganz ohne Taxi. Das hatten wir in unserer Verzweiflung schon als ernsthafte Alternative erwogen, den wieder mal ziemlich günstigen Preisen sei dank. Abend gerettet.
Zagreb, Ćirilometodska ulica 2, 14.30 Uhr: Ein neuer Tag mit neuem Regen.Wer bei solch miesem Wetter den Kontakt zu seinen Mitmenschen verliert, sollte in Zagreb definitiv einen Abstecher zu dieser Adresse einplanen. Für kulturell interessierte Menschen gehört das "Museum of Broken Relationships" ("Museum der zerbrochenen Beziehungen") ohnehin zum Pflichtprogramm, seit es im Laufe der Jahre unzählige Preise und Empfehlungen für sein spannendes Konzept erhalten hat.
Das Konzept stammt von Olinka Vištica und Dražen Grubišić, die all die Andenken und Gegenstände, die sie mit dem jeweils anderen verbanden, nach dem Ende ihrer Beziehung loswerden wollten. Anstatt diese Dinge auf den Müll zu werfen, machten sie ein kleines Museum daraus. Andere luden sie dazu ein, auch ihre Erinnerungsstücke an ihre gescheiterten Beziehungen zu stiften und die Geschichte dahinter zu erzählen. Eine Glasscherbe aus Berlin ist zu sehen, daneben die Worte: "Ganz zum Schluss einer Beziehung entlädt sich alle Traurigkeit und aller Schmerz in einem letzten emotionalen Ausbruch. Zwei Fenster und eine Eingangstür bezahlten dafür."
Außerdem im Angebot: Handschellen, Kleider, Duschgel, Äxte und Slips, mit jedem Stück eine neue gescheiterte Beziehung und eine neue, lakonische Erklärung. Wirklich gut! Eintritt: 25 HRK bzw. 3,36 Euro. Man kann auch eigene Dinge stiften, wenn etwa der Plüschteddy von der Ex-Freundin vor Mordanschlägen bewahrt werden muss.
Zumindest für den nächsten Zagreb-Besuch braucht man die Äxte und Handschellen vielleicht eher nicht mitbringen (könnte in der Sicherheitskontrolle am Flughafen auch komisch kommen). Dafür sollte man auf jeden Fall genügend Zeit einplanen, um sich dieser tollen Stadt und ihren gleich zwei historischen Stadtkernen in Ruhe widmen zu können – und dafür am besten einen Stadtplan mitnehmen...
Text: Theo Müller Fotos: Alexander Mravčák (o.), Theo Müller
Zagreb hat der amtlichen Statistik zufolge ganz genau 790.017 Einwohner. Tatsächlich dürften es eher weniger sein, schon beim EU-Referendum gab es Probleme, weil es mehr Wahlberechtigte als Einwohner gab... Die Stadt ist grob unterteilt in die Oberstadt (Gornij Grad) mit einem der beiden historischen Stadtkerne und die Unterstadt (Donji Grad). An der nördlichen Grenze von Zagreb liegt das Medvednica-Gebirge, dessen Hügel man von vielen Punkten der Stadt aus gut sehen kann. Es gibt einen Flughafen, der etwa 20 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegt.
Dies war der dritte und letzte Beitrag unserer Mini-Serie zum EU-Beitritt Kroatiens. Den ersten Teil zu Ängsten und Hoffnungen junger Leute findet ihr hier, im zweiten Teil ging es um Unternehmensgründer, die der wirtschaftlichen Krise des Landes zu trotzen versuchen.
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
Viel Spaß
mxk
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