Dass Rauchen ungesund ist, weiß jedes Kind. Seit 2008 gibt es für die, die es nicht lassen können, auch elektrische Zigaretten. Die Bundesregierung will deren Abgabe nun aber einschränken. SPIESSER-Autor Marvin kennt sich mit den angeblich ungefährlicheren Glimmstängel aus und erzählt, was sich hinter dem elektrischen Rauch verbirgt.
12. September 2014 - 14:23 SPIESSER-Autor MarvinGra.
Für die Industrie ist die E-Zigarette eine Art Lifestyle-Produkt, verkauft wird sie in seriös wirkenden Läden statt in schmuddeligen Kiosken. Die Werbung ähnelt der Zigaretten-Werbung, nur ein wenig bunter und ohne den bekannten „Rauchen kann tödlich sein“-Banner. Die Abgabe ist bislang auch an Jugendliche erlaubt. Die Verbreitung ist relativ groß: 13% der 16- bis 24-Jährigen nutzen in ihrer Altersgruppe E-Zigaretten. Die Bundesregierung plant mittlerweile allerdings, dass die E-Zigaretten nicht mehr an Minderjährige verkauft werden dürfen. Ich habe die E-Zigarette selbst ausprobiert und kann diese Entscheidung absolut nachvollziehen, denn das Thema ist weitaus komplexer als man annimmt.
Die gesunde Alternative zur Zigarette?
Wie die Industrie Raucher gerne sieht: Rauchend!
Die Raucher und die Industrie preisen etliche Vorteile der E-Zigarette an. So wird argumentiert, dass mit den verschieden Nikotinkonzentrationen starke Raucher bspw. deren Nikotinkonsum langsam heruntergefahren werden kann, bis man schließlich nikotinfreie Liquids 'dampft'. Doch hier ist Vorsicht geboten, da es keine Regulierung oder Qualitätskontrolle von E-Zigaretten und den Liquids gibt. Das bedeutet, auch Liquids, die als nikotinfrei ausgezeichnet sind, können Nikotin enthalten! „Für die Konzentrationsreinheit, Warn- und Sicherheitshinweise auf den Verpackungen sowie Gerätebestandteile gibt es bisher keine gesetzlichen Standards", so Desiree Bauer vom Gesundheitsamt Stuttgart.
Ein Unterschied zur herkömmlichen Zigarette ist, dass das Rauchen in öffentlichen Einrichtungen erlaubt ist, da der Dampf geruchlos ist und keine nachweisbaren Schäden für Passivraucher birgt. Der moderne Raucher stinkt also nicht nach Rauch, sondern duftet nach Tropenfrüchten. Diese Gründe hatten auch mich überzeugt, die E-Zigarette zu probieren.
Elektrischer Rauch und die Gefahren
Wie funktioniert so eine E-Zigarette?
Während eine herkömmliche Zigarette aus Tabak, Filter und Papier besteht, ist die E-Zigarette um einiges komplexer aufgebaut. Ein Akku versorgt einen Verdampfer, der eine Kartusche mit durchsichtiger Flüssigkeit zum Verdampfen bringt. Die durchsichtige Flüssigkeit, auch Liquid genannt, besteht zu größten Teilen aus Propylenglykol, Ethanol, Glyzerin und verschiedenen Duft- und Aromastoffen – mit oder ohne Nikotin. Den Hauptbestandteil Propylenglykol kennen wir sonst noch aus Nebelmaschinen.
Als gesunde Alternative zur Zigarette ist die E-Zigarette jedoch grundsätzlich zu hinterfragen, der kurzfristige Konsum führe, so Untersuchungen, zu Reizungen von Mund und Rachen, trockenem Husten und ausgeprägten Atemwegseinengungen. Die langfristigen Auswirkungen sind derweil noch gänzlich unbekannt. Die verschiedenen Duft- und Aromastoffe können zudem allergische Reaktionen hervorrufen. Dieses Problem, so Desiree Bauer vom Gesundheitsamt Stuttgart, wird dadurch verstärkt, dass nicht selten auch krebserzeugende Substanzen im Nebel der Verdampfungsflüssigkeiten (z. B. Chrom, Formaldehyd oder Nickel) vorkommen. In welcher Zusammensetzung der Dampf von den Konsumenten ausgeatmet wird, ist bisher ebenfalls nicht bekannt.
Der Geschmack der Liquids war im Übrigen imer sehr künstlich und hinterließ ein unangenehmes, kratzendes Gefühl auf der Lunge. Undichte Kartuschen führten dazu, dass ich Flüssigkeit in meinen Mund bekam und aufhörte zu dampfen. Für mich konnte eine E-Zigarette das Gefühl vom „echten“ Rauchen nur sehr schlecht imitieren und so wurde mein Verlangen nach richtigen Zigaretten wurde durch die E-Zigarette nicht gestillt.
Erschreckend war außerdem, dass die E-Zigarette in meinem Bekanntenkreis einen gesunden Ruf hat und sogar Eltern ihren Kindern den Umstieg auf E-Zigaretten empfohlen haben. Heute haben viele aufgrund von Infomaterial ihre Meinung geändert. Trotzdem sollte man die E-Zigarette nicht komplett verteufeln, da sie zumindest beim Aufhören helfen kann und noch am Anfang der Entwicklung steht. Mit Gesetzen zu Inhaltsstoffen und konsequenten Kontrollen könnte sich die E-Zigarette langfristig zu einer Alternative entwickeln. Ungesund wird sie jedoch bleiben und gehört deshalb genau so wenig wie die herkömmliche Zigarette in Kinderhände. Mit dem geplanten Abgabeverbot für Minderjährige würde die Bundesregierung ein wichtiges Zeichen setzen, dass die E-Zigarette eben nicht so harmlos ist wie sie manch einer gerne sehen würde.
Text: Marvin Graewert
Illustration: Christian Pfeifer
Fotos: Flickr-User Nicoletta Ciunci (CC BY 2.0), Dirk Kruse / pixelio.de
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