2008, unzählige Fabriken der Eastman Kodak Company und Polaroid werden gesprengt. Die Digitalfotografie hat den Platz des Farbfilms eingenommen. Hier startet die Doku An impossible Project und erzählt zunächst vom Ende der Analogen Welt. Doch etwa zur gleichen Zeit investiert der Österreicher Florian „Doc“ Kaps sein gesamtes Vermögen in die letzte Polaroid Fabrik der Welt in der Stadt Enschede in den Niederlanden. Mit einer Gruppe Visionärer versucht er die Produktion wieder anzukurbeln und gründet das Unternehmen: An impossible Project. Klingt verrückt? Ja, das denken auch Polaroid und einige Menschen aus Doc‘s Umkreis. Doch er hat eine klare Vision: die Rettung des Analogen.
Heute würde wohl kaum einer mehr den wiederkehrenden Erfolg analoger Fotografie in Frage stellen. Polaroid, Instax, Einwegkameras – junge Menschen sind zunehmend fasziniert von analoger Fotografie. Polaroid produziert mittlerweile sogar mehr als eine Millionen Filme pro Jahr. 2008 lag die Zahl noch bei null. Auch in meinem Zimmer steht eine Sofortbildkamera, die schon auf einigen Geburtstagen für Unterhaltung gesorgt hat. Klar könnte man die Bilder auch mit einem Smartphone machen, aber eins haben Sofortbild- und Einwegkameras gemeinsam: die Bilder sind nicht perfekt. In unserer Welt gibt es ein stetiges Streben nach Perfektionismus. Instagram Filter, Bildbearbeitung oder die Möglichkeit 300 Bilder aufzunehmen bis zum perfekten Schuss – das alles führt zur ständigen Unzufriedenheit. Wenn etwas nicht perfekt werden kann, weil das Bild direkt nach dem Auslösen entwickelt wird oder man erst nach einigen Wochen weiß, ob die Bilder überhaupt gelungen sind, dann sorgt das für Entspannung. Gerade die Imperfektion macht diese Bilder so einzigartig.
Nachdem Kameras massentauglich geworden waren, stieg die Menge der gemachten Bilder nach und nach. Mit Einführung der Digitalkameras und später des Smartphones erhöhte sich die Anzahl dann rasant. Doch damit ging auch die Bedeutung eines Fotos verloren. Während alle Kindheits- und Jugendfotos meiner Eltern ein Fotoalbum füllen, mache ich etwa die gleiche Anzahl an Bildern in einem einzigen Urlaub. Dabei geht aus meiner Sicht der Zauber eines Sonnenuntergangs oder eines Konzerts ein kleines bisschen verloren, wenn um dich herum nur Menschen mit ihren Smartphones stehen. Und jeder hat selbst vielleicht schon mal erlebt, dass es nicht das gleiche ist einen Moment durch ein Smartphone zu erleben.
Doch auch andere Medien erfreuen sich wieder zunehmender Begeisterung. Allein die WG meines Freundes besitzt drei Plattenspieler bei gerade mal vier Mitbewohnern. 300 Million Schalllatten wurden 2019 weltweit verkauft. Die Mehrheit der Käufer ist unter 25. Doch wie ist das möglich? – Gerade in Zeiten, in denen Spotify seinen Durchbruch erlebt und enorme Flexibilität bietet. Zu einem Preis, für den man sonst eine einzige Platte bekommt, kann man einen Monat lang Millionen von Songs und Podcasts hören. Noch dazu ist die Tonqualität von Schallplatten im Vergleich zu digitaler Musik nicht besser, auch wenn viele das Gegenteil behaupten würden. Der Vorteil von Vinyl: das Erlebnis. Schon beim Auflegen hört man ein gemütliches Knistern und Knacken, man kann nachvollziehen, wie der Ton durch die Nadel auf der Platte entsteht. Das Handy ist dagegen eine Blackbox für uns. Doc hat diese Theorie dazu: „Der größte Unterschied zwischen Digitalem und Analogem liegt darin, dass das Digitale immer nur zwei Sinne anspricht. Du kannst es sehen und hören, aber ich kann es weder fühlen, riechen, noch schmecken.“ Er glaubt, dass junge Menschen, die in einer digitalen Welt aufwuchsen gerade deswegen ein Verlangen nach echten Sachen haben, die sie mit allen Sinnen erleben können.
Die meisten Vinylliebhaber sehen das Musikhören als Erlebnis und nehmen sich bewusst Zeit die Musik wahrzunehmen. Shuffeln oder Skippen ist so natürlich nicht möglich. Dafür wird ein Album wieder zu einem Gesamtwerk. Zudem müssen weniger Entscheidungen bezüglich der Songauswahl getroffen werden.
Doch auch wenn ich ein großer Schallplatten-Fan bin, sehe ich den Hype etwas kritisch. Der Musiker Benn Jordan veröffentlichte jahrelang seine Alben auf Vinyl bis er darauf stieß, dass Platten konsequent giftige Mikropartikel in unsere Luft abgeben. Denn für die Herstellung von Platten wird das allseits kritisierte PVC genutzt. Auch die Produktion ist kritisch zu betrachten, da sie sehr aufwändig ist und dabei viel Müll entsteht. Auch für die Entwicklung eines Foto-Films werden einige bedenkliche Chemikalien genutzt, die natürlich auch wieder entsorgt werden müssen. Das das schreiben auf Tablet und Co. im Vergleich zu Papier einiges an Ressourcen einspart, ist ebenfalls längst kein Geheimnis mehr. Lösungsansätze wären hier eine verbesserte Produktion oder der Kauf von ausschließlich gebrauchten Platten.
Fazit - Ich bin ein absoluter Fan analoger Medien und liebe es handgeschriebene Briefe zu verschicken. Dennoch möchte ich nicht in ein analoges Zeitalter zurückkehren. Smartphones und Co. bringen einfach viele Vorteile mit sich – für uns und die Umwelt. Aber genauso wenig möchte ich, dass Schalplatten verschwinden oder Kinder keine Handschrift mehr in der Schule lernen. Analoge Medien sind nicht dazu da, um alltägliche Aufgaben abzuarbeiten, sie sind da um die Tätigkeit an sich zu zelebrieren. Sie sorgt für Entschleunigung und das Momente-sammeln.
Text: Katharina Ziegler