Wie weit darf Kritik gehen? Der neue Kinofilm „Und morgen die ganze Welt“ behandelt ein brisantes Thema. Studentin Luisa kämpft für einen besseren Ort – was für sie bedeutet: weg mit der rechten Ideologie in Deutschland! Ob Gewalt, wie sie zeitweise im Film gezeigt wird, dafür ein zufriedenstellendes Mittel ist, verrät euch SPIESSER-Autorin Stephanie, die den Film vorab für euch gesehen hat.
02. December 2020 - 14:41 SPIESSER-Autorin Kirschblütenrot.
Luisa scheint auf den ersten Blick alles zu haben: Sie lebt bei ihren wohlhabenden Eltern, zudem studiert sie Jura. Doch die 20-Jährige ist nicht glücklich. Denn Luisa ist immer mehr von dem drohenden Aufstieg der rechten Parteien in Deutschland schockiert. Was tun gegen die asylfeindliche Ideologie, die immer mehr Anhänger findet?
Durch ihre beste Freundin Batte kommt sie in Kontakt mit der örtlichen Antifa-Gruppe der Stadt Mannheim. Dieser schließt sie sich kurzerhand an. Alfa und sein bester Freund Lenor gehören ebenfalls zu der Bewegung und wenden bei ihren Aktionen durchaus mal Gewalt an, um es den Faschos so richtig zu zeigen. Auch für Luisa gehören damit Prügeleien oder zerstochene Autoreifen bald zur Tagesordnung. Doch ihre Taten haben große Konsequenzen, unter denen auch Unschuldige leiden müssen. Wie weit wird Luisa letztlich gehen?
Mala Emde, die im Film die Hauptfigur Luisa verkörpert, arbeitet nicht das erste Mal mit der Regisseurin Julia von Heinz zusammen. Die beiden kennen sich aus „Katharina Luther“ (2017). Dem deutschen Publikum dürfte Mala zudem durch ihre Rolle der Anne Frank in „Meine Tochter Anne Frank“ (2015) einen Platz im Gedächtnis erspielt haben. Der gebürtige Österreicher Noah Saavedra, im Film in der Rolle des Alfa zu sehen, hatte schon im James-Bond-Blockbuster „Spectre“ (2015) eine kleine Rolle, da verkörperte er einen Snowboarder. Zudem spielte er eine Hauptrolle in der zweiten Staffel von „Bad Banks“. Auch Tonio Schneider, in „Und Morgen die ganze Welt“ als Lenor zu sehen, hat einiges an schauspielerischer Erfahrung vorzuweisen, unter anderem spielte er eine Rolle im Kurzfilm „Zimmer ohne Aussicht“ (2014). Sonst sieht man den 29-Jährigen eher auf der Theaterbühne.
Regisseurin Julia von Heinz war selbst in der Antifa aktiv, dort lernte sie übrigens auch ihren heutigen Ehemann kennen. Ihre Erfahrung spiegelt sich in dem gesamten Film wider, jeder Charakter und jedes Detail scheint zu stimmen. Auch wenn dem Zuschauer eher aufgrund der Handlung als der Szenerie der Atem stockt, wird der Film mit der Wahl der überzeugend auftretenden Schauspieler zum absoluten Hingucker.
Gibt’s was zu meckern?
Manchmal scheinen die Entscheidungen der Protagonisten unverständlich. Gerade von Luisa, die sich weigert Drogen zu konsumieren, wirkt es auf den Zuschauer zunächst merkwürdig und nicht nachvollziehbar, dass gerade sie diejenige ist, die zu Gewalt gegen den Rechtsruck aufruft.
Braucht man Taschentücher?
Verzweiflung, Wut, Betroffenheit, der Film lässt einen mit einer kuriosen Mischung aus widersprüchlichen Gefühlen zurück. Das ein oder andere Taschentuch zum aggressiven Zusammenknüllen sollte man daher vorsichtshalber mitnehmen.
Mit wem angucken?
Ob Antifa-Anhänger oder Kritiker der linken Überzeugung, der Streifen muss gesehen werden. Nach den rund 111 Minuten gibt es genügend Diskussionsbedarf, und das ist gut so.
Im Kampf um eine in ihren Augen bessere Welt sind Luisa
und ihren Freunden fast alle Mittel recht.
Was macht man danach?
Seine eigene politische Einstellung überdenken und sich fragen, wann und in welcher Form der Widerstand gerechtfertigt ist.
In drei Worten:
Aktuelles politisches Meisterwerk.
Große Leinwand oder kleiner Bildschirm?
Die aufgeheizte Stimmung lässt sich am besten auf großer Leinwand genießen. Allein für die Unterstützung der lokalen Kinos aufgrund der Corona-Krise lohnt sich der Besuch im Kino. Aber auch auf dem kleinen Bildschirm reißt euch das Meisterwerk von Julia von Heinz garantiert mit.
Mainstream oder Independent?
Wer kennt einen Film, der so hautnah das Leben der Antifa sowie Kritik an rechten Parteien mit blauem Logo widerspiegelt, wie „Und morgen die ganze Welt“? Eben. Der Streifen ist nicht nur aufgrund seiner schauspielerischen Darstellung einzigartig, sondern auch wegen seiner aktuellen Thematik. Kurz gesagt, er ist einzigartig.
UND MORGEN DIE GANZE WELT
Regie: Julia von Heinz Darsteller:
Mala Emde, Noah Saavedra, Tonio Schneider, Luisa Céline-Gaffron Filmstart: 29. Oktober 2020 Filmlänge: 111 Minuten Genre: Drama, Thriller FSK: ab 12 Jahren
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