Die Unis haben den Bologna-Prozess verpennt, kritisiert der Personalvorstand der Deutschen Telekom, Thomas Sattelberger. Jetzt will er dafür sorgen, dass es den deutschen Unternehmen nicht genauso ergeht.
06. April 2010 - 13:47 von SPIESSER-Autorin Aluni.
Die Unis haben den Bologna-Prozess verpennt, kritisiert der Personalvorstand der Deutschen Telekom, Thomas Sattelberger. Jetzt will er dafür sorgen, dass es den deutschen Unternehmen nicht genauso ergeht.
Herr Sattelberger, Sie haben sich ja sehr früh als Fan der Bologna-Reform geoutet.
Ja. Trotz allem Ärger, den viele Studenten erleben. Aber da brauchen wir ja gar nicht mehr drüber reden.
Das wäre ein kurzes Gespräch...
Die Missstände sind allen bekannt, die Studentenproteste, aber auch die Kritik der Unternehmen haben das ans Tageslicht gebracht: Verschulung, Überfrachtung mit Prüfungen, Vernachlässigung der Lehre, eingeschränkte Mobilität. Die Themen sind auf dem Tisch.
Thomas Sattelberger hat sein Diplom in der Betriebswirtschaftslehre gemacht – als einer der ersten dualen Studenten bei der Daimler-Benz AG. Später hat er für die Lufthansa und Continental gearbeitet, bis er vor drei Jahren Personalvorstand der Deutschen Telekom wurde.
Wie konnte es dazu kommen?
Die Hochschulen haben die ersten fünf Jahre der Bologna-Reform verschlafen. Dann hat sie die Hektik gepackt. Die Reform wurde vielerorts ohne Herz und Weitsicht umgesetzt.
Die Unis sind schuld?
Ich halte es für – ich sag das so offen – auch für ein Stück Trägheit von Fakultäten und Lehrstühlen. So nach dem Motto „Mein altes Modell, wieso soll ich das ändern?“ Die Frage ist doch: Nehmen Professoren Bologna auch als Appell, ihre eigene Lehre und die Didaktik der Lehre zu verbessern? Das ist oft ein mentales Problem.
Was muss jetzt Ihrer Meinung nach schnell geschehen?
Es muss schlicht mehr Wahlmöglichkeiten und „Pausen“ geben, Prüfungsstrukturen müssen entschlackt und gebündelt werden, wir müssen die Lehre didaktisch besser positionieren und deutlich mehr Praxisbezüge einbauen. Außerdem muss die Mobilität weiter vorangetrieben werden – sowohl beim Auslandsstudium als auch beim Hochschulwechsel im Inland.
Damit sind Sie nah bei den Forderungen der Studenten. Unterstützen Sie die Proteste?
Zum ersten finde ich es immer gut, wenn Menschen ihre Stimme erheben. Schon mal aus demokratischem Grundverständnis heraus. Zum zweiten sind die Proteste ja überwiegend zivil gelaufen. Und zum dritten waren es Proteste für eine richtige Sache.
Wenn es sie nicht gegeben hätte?
Es wäre alles quälender geworden. Viel quälender. Den Protesten ist es zu verdanken, dass sich Politiker den Studierenden genähert und gesagt haben: „Ja, ja, wir verstehen euch, ihr habt Recht, wir wollen nachbessern“. Über Bildung werden ja inzwischen Wahlen entschieden.
Wie ist denn die Situation für Bachelorstudenten heute?
Bestens, im Gegensatz zum Schlechtreden vieler Professoren. Ich höre nicht, dass Bachelorstudenten Einstellungsprobleme haben. Alle aktuellen Studien beweisen eine hohe Zufriedenheit von Absolventen und Betrieben. Aber die deutschen Unternehmen müssen jetzt beginnen, zusätzlich zur personalpolitischen Begleitung durch angemessene Vergütungspolitik und Einstiegsprogramme berufsbegleitende Studiengänge aufzubauen, um das Bedürfnis der Studenten mit Bachelor nach Weiterqualifizierung zu stillen. Wir laufen sonst große Gefahr, die Reformaufgaben ähnlich auf die lange Bank zu schieben, wie es die Hochschulen getan haben.
Wenn gerade die kleinen und mittelgroßen deutschen Unternehmen das nicht erkennen, dann landet die Reform wie eine tote Katze in ihrem Garten. Dann können sie nicht klagen. Das ist ja ganz simpel: Die Katze ist zuerst im Hochschulgarten gelandet, und da blieb sie lange liegen. Wenn die Hochschulen aber jetzt zu Potte kommen, wovon ich überzeugt bin, dann sind die Unternehmen gefordert.
Wann, glauben Sie, werden wir ein funktionierendes Bachelor-Master-System haben?
Ich glaube in drei oder vier Jahren werden die großen Defizite überwunden sein. Dann noch einmal zehn Jahre, bis das Thema lebenslanges Lernen vollends im Bildungssystem angekommen ist.
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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mxk
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