"Vektoriale Geradenbestimmung, nucleophile Angriffe, Helixstrukturen“... Kann es sein, dass auch du nicht so ganz zufrieden mit dir bist und dich deshalb hinter Fremdwörtern versteckst?
Klingt auch alles ganz schlau, doch spätestens ein paar Monate nach den Abiturprüfungen ist bereits vergessen, was diese Wörter einmal bedeutet haben, außer vielleicht Leistungsdruck und Bulimielernen. In kurzer Zeit alles rein in den Kopf, aber danach schnellstmöglich wieder raus, um Platz für mehr von dir zu machen.
Bildung ist... klug klingen und bunt
unterstreichen - oder?
Wenn ein Abiturient später im Supermarkt vor dem Regal steht, kann er womöglich noch den Winkel, unter dem er eine Packung Nudeln aus dem Regal holt, mit Vektorrechnung herleiten. Wie viel Geld er spart, wenn das Schnitzel um 20 Prozent reduziert ist, diese Rechnung überfordert ihn allerdings. Wo bleibst du dabei? Und wo steckst du, wenn es darum geht, eine eigene Persönlichkeit zu „bilden“?
In einer 50-Stunden-Woche mit zusätzlichen Arbeitsgruppen, Mathenachhilfe und sinnlosen Vertretungsstunden bleibt wenig Zeit für reflektiertes, kritisches Denken. Der Großteil der Energie geht dafür drauf, deinem Leistungsdruck Stand zu halten. Wie soll unsere Gesellschaft „funktionieren“, wenn Schüler wie Roboter Befehle ausführen und nur dann wirklich nachdenken, wenn es darum geht, bei Facebook die meisten Likes für ein Bild zu bekommen?! Was ist deine „Reifeprüfung“ Abitur noch wert?
Ich wünsche dir, dass auch du deine Hausaufgaben machst. Und die lautet: Schülern auch den Freiraum zu bieten, sich aus dem schützenden Schafsrudel zu entfernen und selbst zu denken – an sich, über sich nach, und nicht nur an dich und deine fremdwortlastigen Anforderungen.
Liebe Grüße,
Anna
Text: Anna Schmidt
Foto: Alexandra H. / pixelio.de
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