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In Würde leben - in Asyl leben - Mensch sein

"Die liegen dem Staat auf der Tasche!" "Asylschmarotzer" "Asylflut stoppen" "Die sorgen doch nur für Unruhe und Angst. Ich will hier nicht mehr wohnen."

26. August 2013 - 20:33
von SPIESSER-Autorin Saaaaaandra.
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Saaaaaandra Offline
Beigetreten: 21.01.2012

"Die liegen dem Staat auf der Tasche!"
"Asylschmarotzer"
"Asylflut stoppen"
"Die sorgen doch nur für Unruhe und Angst. Ich will hier nicht mehr wohnen."

Ich habe es langsam satt. Es sind die Stammkneipen-Parolen, die mich immer wieder zum Verzweifeln bringen. Rassismus ist kein Problem der NPD, keins der AfD, es ist gesellschaftlich. Und das Problem: Es ist unterschwellig. Die meisten Menschen, die sich abfällig gegenüber Asylsuchenden äußern, erkennen ihren eigenen Standpunkt nicht als diskriminierend, nicht als feindlich, nicht als rassistisch, es ist "normal". Das klingt als würden alle Menschen so denken. Glücklicher Weise ist das nicht so.
Ich bin Mitglied der Jungsozialist_innen in der SPD, engagiere mich dort, mache Wahlkampf, kämpfe für den politischen Wechsel. Rot-Grün oder auch Rot-Grün-Rot Zeitgleich habe ich vor kurzen mit anderen Engagierten den Verein Bündnis Buntes Radebeul e.V. gegründet. Wir befassen uns vorrangig mit Asyl- und Flüchtlingspolitik, aber organisieren aber genauso politische Veranstaltung, die überparteiischen Gehalt haben.
Jedenfalls haben wir es jetzt geschafft in einem Asylsuchendenheim Sprachkurse zu organisieren. Ich bin eine von acht Lehrer_innen. Übernächste Woche geht's los. Mit der Heimleitung ist alles abgeklärt, mit den im Heim wohnenden Menschen haben wir gesprochen, die Lehrmaterialien sind bald da und alles weitere wird in den nächsten Tagen noch organisiert. Mich macht es unheimlich glücklich, was wir da auf die Beine gestellt haben. Und ich möchte Euch erzählen, wie ich diese Menschen und das Heim kennengelernt habe:

Wo liegt das Heim? Es liegt mitten im Industriegebiet, links und rechts große Firmenhäuser. Der nächste Supermarkt ist ca. 5km weit weg, allgemein gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe.

Wie sieht das Heim aus? Das Heim ist ein Containerbau. Von außen sieht es aus als wären Büros drin. Es ist sehr unscheinbar. Es sind mehrere Scheiben eingeschlagen, Anschläge auf's Heim, Wäsche hängt aus den Fenstern, wenige Fahrräder stehen davor, hohe Zäune begrenzen das Gebiet. Nirgendswo steht eine Info bezüglich des Heims. Lediglich die Firma, die es verwaltet, hat eine große Werbetafel davor angebracht.

Der erste Eindruck: Sobald man das Heim betritt, fällt einem die große Infotafel mit Sprachen aller Länder auf. Dort stehen sämtliche Informationen für die Asylsuchenden. Es gibt aber auch Menschen, die keine einzige Sprache dieser Infotafel verstehen. Im Erdgeschoss sind kalte Fließen auf dem Boden und dort hat sich die Firma groß niedergelassen.

Zur Firma: Ich habe bisher den Heimleiter und den Mensch der Verwaltung kennengelernt. Diese versuchten sich von der besten Seite zu zeigen und glücklicher Weise dürfen wir die Sprachkurse direkt im Heim geben, aber: Ich habe viel gehört. Jeder Asylsuchende muss 15€ für Internet zahlen, der Umgang ist sehr rau. Jeden Monat zahlt die Heimleitung auch das Geld aus, welches jedem Asylsuchenden zusteht.

Das Heim von innen: Es stinkt. Die Zimmertüren sind alle sehr alt und teilweise beschädigt. Der Fußboden klebt (Wischen im Gang ist Aufgabe des Heims!), laute Musik, teilweise stehen Namen an den Türen, pro Gang gibt es 2 "Küchen (für ungefähr 50 Leute), die seeeeehr dreckig sind, Duschen/WC ebenfalls 2 pro Gang, um Wäsche zu waschen muss man über den Hof, Kinderwägen, Laufräder, Fahrräder stehen in den Gängen

Die Menschen: multikulturelles Zusammenleben auf engstem Raum, Menschen, die arabisch, russisch, französisch, englisch, etwas deutsch, persisch und vietnamesisch sprechen, superfreundlich, aufgeschlossen, dankbar für das Angebot mit den Sprachkursen, bekamen direkt Einladungen zum Kaffee trinken, reden, lachen, Spaß haben. Viele Menschen dort sind psychisch kaputt, sehr kaputt, sie erkennen einen nicht wieder nach sehr kurzer Zeit, wohnen seit 10!! Jahren im Heim, arbeitswillig, wollen sich integrieren..

.. und der Staat? Der macht nichts. Es wäre ja alles super wie es ist. Die Menschen söllten sich darüber freuen, dass sie überhaupt hier eine Bleibe finden. Der Oberbürgermeister kommentiere unsere Sprachkurse mit den Worten: "Unser Ziel kann es nicht sein diese Menschen ewig hierzulassen!" Das ging ins Herz. Diese Menschen sind nicht erwünscht, sie sind fremd, sollen fremd bleiben. Angeblich seien ja alle nach Deutschland gekommen, um ein schöneres Leben zu führen. DAS ist falsch! Diese Menschen sind geflüchtet aus Krieg, politischer Verfolgung, den Entwicklungen des Staates (Russland im Bezug auf Homosexualität) und familiären Problemen (Morddrohungen sind nicht unüblich). Sie haben es verdient hier aufgenommen zu werden. Sie sollen hier leben dürfen, wenn sie das möchten. Sie sollen sich qualifizieren können, wenn ihr Abschluss schon nicht anerkannt wird. Sie sollen arbeiten gehen dürfen. Sie sollen an der Gesellschaft teilhaben können.
Und der Staat? Der macht nichts. Ich habe von einigen Menschen im Heim gehört, dass sie schwarz arbeiten gehen müssen, um davon leben zu können. Genauso gibt es Sprachkurse erst ab einem Level, welches mit einer kostenpflichtigen Prüfung bestätigt sein muss. ABER DIESES GELD HAT NIEMAND. Deswegen machen wir es ehrenamtlich. Und das tut gut.
Bleiberecht für alle!

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Kommentare

Vier Kommentare
  • Exakt. Wir versuchen unser Bestes :)

  • Vielen Dank!

  • Auch ich wünsche Euch viel Erfolg in Eurem Engagement. Aber vor allem: Danke! - Danke, dass ihr es macht und euch ehrenamtlich engagiert!
    Wenn wir bedenken, dass das Asylrecht für politisch Verfolgte in Deutschland ein im Grundgesetz verankertes Grundrecht (!) ist; aber nach einer heftige geführten öffentlichen Diskussion das bis dahin schrankenlose Asylgrundrecht 1993 ausgehebelt wurde, und heute eben sehr eingeschränkt Gehandhabt wird, ist diese Tatsache alleine beschämend für uns. Die Anerkennungsquote nach Art. 16 GG ist entsprechend gering und liegt seit 2002 bei unter 2%, nach BMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge).

  • Ich finde das mit den Sprachkursen eine echt tolle Idee. Ich
    wünsche euch ganz viel Erfog dabei!

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